31.

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PoV. Manuel

Lautknallend fiel die Tür hinter mir zu und ich bemühte mich die Blicke der Anderen zu ignorieren. Eigentlich tat ich das immer und das auch mit Leichtigkeit, aber gerade machte ich mich selber schon wieder verrückt. Die Wut über mich selber kochte hoch und ich wusste, dass das nicht gut enden könnte, wenn ich mich nicht bald beruhigen würde. Doch trotzdem durchflog mich diese Enttäuschung und dieses Gefühl von Selbsthass. Ich hätte mich nicht wieder darauf einlassen dürfen. Egal, was mit uns Vieren passiert war. Ich habe jeden von ihnen zu nah an mich herangelassen, besonders Patrick, bei dem ich mir geschworen hatte, ihn nie mehr anzusprechen.

Gedankenverloren lief ich durch die Gänge der Schule und lehnte mich letztendlich an einer der Wände. Im Augenwinkel konnte ich Michael erkennen, der mich wie verrückt anstarrte und keine Ahnung hatte, was los war. Eigentlich sollte auch gar nichts los sein. Es sollte mich nicht interessieren, was sie alle über mich dachten und das eingeschlossen von Patrick, aber das konnte ich nicht und das machte mich so unglaublich wütend.
Trotzdem versuchte ich mir nichts anmerken zu lassen. Ich setzte meinen, wie sonst auch, gelassenen Blick auf und verschränkte meine Arme vor der Brust und das ganz automatisch, als wäre ich in diese Rolle reingeboren worden. Aber meine Gedanken hingen nur an Patrick und seiner riesigen Heuchlerei. Mein größtes Problem war aber, dass ich wirklich dachte er wäre anders. Ich dachte, ich wäre ihm immer noch auf irgendeine Weise wichtig, aber ich hätte es wissen müssen. Ich hätte wissen müssen, dass er mich und auch andere genauso aussortiert, wie die ganze Schule.

Plötzlich spürte ich, wie meine Arme unangenehm heiß wurden und ich meine Hände in Windeseile wegziehen musste. Komplett überfordert fluchte ich vor mir hin und fuchtelte mit meinen Händen herum, sodass sie sich wieder auf eine normale Temperatur abkühlen konnten. Ich konnte kaum glauben, dass ich wegen zwei bestätigenden Worten so wütend war und deswegen fast meinen viel zu großen Hoodie abgefackelt hätte. 
Besorgt runzelte ich die Stirn und erinnerte mich an das Gespräch mit Micha am Wochenende. Er hatte Recht und das wusste ich schon da, aber in diesem Moment wurde es mir erst so richtig bewusst. Ich war wieder in Patrick verliebt und ich verabscheute es genauso, wie beim ersten Mal.

Genau in diesem Moment klingelte es zur ersten Stunde und ich schüttelte rasant meinen Kopf, um diese Gedanken, wie jedes Mal, zu verwerfen und mir nichts anmerken zu lassen. Als ich mir sicher war, dass ich wieder klar denken konnte, sammelte ich meine Sachen für Bio ein und begab mich zum Klassenzimmer, genauso wie letzte Woche, doch da war noch alles im Reinen gewesen. Kurz vor der Tür erkannte ich Patrick und blieb wie angewurzelt stehen, als ich sah, wie er seinen Arm um Alessas Schultern gelegt hatte und schuldbewusst zu mir blickte. Alessa folgte seinem Blick, schaute danach auch zu mir und verzog sofort das Gesicht, bevor sie Patrick hinter sich her zog und den Klassenraum betrat. Ein schreckliches Gefühl von Eifersucht breitete sich in mir aus.

"Manu, hallo?", ertönte eine leise Stimme neben mir und hielt mich davon ab, das Klassenzimmer auch zu betreten. Seufzend blickte ich diesmal in die eisblauen Augen von Michael. Schweigend schien er darauf zu warten, bis auch die letzten ihren Klassenraum betreten hatten. "Was ist denn bei dir los?" Es war mehr als klar, dass er mich erst ansprach, wenn alle außer Sicht waren. "Nichts.", entgegnete ich ihm schulterzuckend und wollte wieder weitergehen. Er stöhnte genervt auf und hielt mich am Arm fest, um mich mit seinem abwartenden Blick zum Reden zu bringen. Kurz schloss ich zur Beruhigung meine Augen und dachte mir schon wieder etwas aus, um aus dieser Situation fliehen zu können. "Pass auf, sonst sieht uns noch jemand zusammen! Nicht, dass deine Freunde plötzlich um die Ecke kommen." "Sie sind nicht meine Freunde, Manu. Sag bitte einfach, was los ist.", flehte er mich an und schien etwas gut machen zu wollen. Stille breitete sich aus und ich hatte keine Ahnung, was ich jetzt noch sagen sollte, bis es plötzlich unerwarteter Weise aus mir heraussprudelte.

"Du hattest Recht, okay?!", zischte ich vielleicht etwas zu laut. Verwirrt blickte er zu mir, "Seit wann habe ich mal Recht?", lachte er sarkastisch und starrte mich eindringlich an. Kopfschüttelnd wollte ich schon aufgeben, aber es schien ihn wirklich zu interessieren. "Lass den Sche*ß!" Still blickte er zu Boden und dachte wohl genau darüber nach, was ich gesagt hatte. Langsam merkte ich, dass er wirklich wissen wollte, was mit mir los war und das nicht tat, um mich zu nerven. "Ahh...du meinst mit Patrick, oder?" Schluckend nickte ich leicht und wollte am liebsten einfach nur Wegrennen. "Das ist doch nicht schlimm, Manu. Er-..." "Hör auf! Das ist mehr als schlimm, verstehst du? Es darf nicht wieder so sein."
"Wieder so sein? Manu, was geht hier eigentlich ab?", hakte er überrascht nach und dachte jetzt wohl, dass wir mal ein Paar waren. Still schaute ich zu Boden und wusste, dass ich das nicht hätte sagen sollen. "Nicht so wie du denkst. Ich...naja-", fing ich an, aber wusste nicht, wie ich das beenden sollte. "Ich mochte ihn schonmal, also vielleicht nicht so direkt...Wir-r waren noch jünger und er-r war mein einziger Freund. Da merkte ich das erste Mal, dass ich Jungs interessanter fand, als-s Mädchen und ich habe es gehasst und dachte, dass etwas nicht mit mir stimmt. Deswegen habe ich den Kontakt zu ihm abgebrochen, Micha.", versuchte ich so gut es geht zu erklären, "Aber diesmal habe ich keine Wahl. Ich kann ihn wegen dem ganzen drum und dran nicht von mir wegstoßen und d-das macht mir einfach unglaublich Angst." Ich hatte keine Ahnung, warum ich ihm das alles sagte. Wenn ich immer etwas wusste, dann war das, dass ich Michael Rankl nicht vertrauen konnte und jetzt versuchte ich genau das. Vielleicht hatte ich einfach ausgeblendet, wer hier wirklich vor mir stand.

"Du musst ihn doch aber nicht wegstoßen..." Sofort schüttelte ich heftig mit dem Kopf. Ich durfte ihn nicht mögen, so war das einfach. "Aber er weiß bis jetzt doch nichts oder du ersparst dir die Heimlichtuerei und sagst es ihm einfach jetzt schon, wenn du willst.", schlug Michael vor und ich dachte, er wäre vom Teufel besessen. "Vergiss das! Dann war es das mit unserem Team. Außerdem hat er sich gerade wieder mit Alessa vertragen." Überfordert kratzte er sich am Hinterkopf. "Oh je." "Was ist?" "Dein Leben ist ja ein Dramafilm.", bemerkte er und fing an zu grinsen. Empört starrte ich ihn an, aber merkte jetzt erst eigentlich wie Recht er doch hatte. "Sei leise, Zombey.", meinte ich daraufhin und fing auch an zu lachen. Langsam konnte ich mich an diesen Spitznamen gewöhnen.
"Wir müssen rein.", warf er ein, als wir uns beruhigt hatten. Augenrollend setzte ich mich auf den Boden. "Warum das denn? Sonst schwänzt du doch auch öfter, genauso wie ich.", meldete ich mich zu Wort und lehnte meinen Kopf, der schon vor lauter Stress stark pochte, gelassen an die Wand. Kopfschüttelnd lachte er und streckte mir seine Hand aus, um mich hochziehen zu können. "Wir müssen ja auch nur unser Projekt vortragen und lassen Maurice und Patrick damit gerade alleine." Geschockt blickte ich zu ihm hoch und sprang schnell auf, ohne die Hilfe von Micha anzunehmen.



"Sh*t!", fluchte ich wieder vor mir hin und lief schnell auf die Tür hinzu, um dort auf Michael zu warten, der langsam und gelassen hinterher kam. "Na komm!"



Erde, Wasser, Luft und Feuer | Kürbistumor & ZomdadoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt