27.

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PoV. Manuel

"Das ist doch für die Tonne!", schrie der blauäugige Junge plötzlich neben mir auf. Seufzend sah ich zu Boden. Auch, wenn Michael vielleicht wieder ein wenig übertrieb, hatte er Recht. Das alles war umsonst gewesen. "Wie kann es sein, dass sie uns für jeden der vier nur den Namen, das Geburtsdatum und den damaligen Wohnort herausgegeben hat?!" "Das bringt uns nichts...", entgegnete ich Michael, während er aufsprang und sich noch weiter aufregte. Das konnte doch nicht alles sein. "Erkannt, Sherlock! Hieß es nicht auch, dass er die ganze Zeit im West-Wald war?", hakte er nach und verschränkte seine Arme vor der Brust. Nachdenklich schaute ich wieder zu ihm. "Er konnte damals aber doch nicht einfach unbemerkt bleiben, besonders, wenn er unsere Eltern alle kannte.", entgegnete ich ihm und lehnte mich zurück gegen den Brunnen an dem wir saßen.
Micha hingegen, brummte nur genervt und blieb dort wie angewurzelt stehen. Sein leicht enttäuschter Blick entging mir dabei natürlich nicht. Er wollte genauso wie ich etwas für die Gruppe herausfinden, doch wir hatten versagt und das, obwohl wir Patrick und Maurice beweisen wollten, dass wir doch miteinander auskamen. "Sei nicht enttäuscht...wir finden noch etwas.", versicherte ich ihm und versteckte damit auch meine eigene Unsicherheit. "Und wie das? Er war ein Zauberer und das alles ist mindestens 16 Jahre her!" Stirnrunzelnd schaute ich mich um und dachte wie wild darüber nach, was wir machen könnten. Micha hatte mal wieder Recht, es war zu lange her, um nach ihm zu suchen. Das Problem war nur, dass wir nicht aufgeben durften, weil es einfach zu wichtig war Antworten zu finden. Wir suchten nach jemanden, der sich 16 Jahre nicht mehr blicken gelassen hat. 16 Jahre. "Genau, 16 Jahre! Weißt du noch, was auch 16 Jahre her ist? Dieser Riesenbrand im West-Wald!" kam es plötzlich so aus mir herausgeschossen. Da ich etwas lauter geredet hatte, erntete ich viele verwirrte Blicke unserer Mitmenschen, aber mir war das egal. Vielleicht war das eine Spur.

"Das stimmt, aber was hat das damit zu tun?", fragte sich Michael und starrte mich genauso verwirrt an, wie die anderen Menschen noch vor ein paar Sekunden. "Meine Mutter erzählte mir immer, dass das damals voll das große Drama war, da Brandstiftung in Frage kam! Zu der Zeit musste er noch da gewesen sein, weil der Brand doch schon im Januar anfing.", erklärte ich ihm überzeugend. "Und wenn er da doch schon weg war? Das hat nichts zu bedeuten." "Oder er hat das Feuer gezündet, um irgendwelche Spuren zu verwischen!", antwortete ich hysterisch und merkte nur noch mehr, dass meine Theorie einen Sinn ergab, wenn man länger darüber nachdachte. "Das ist krank, Manu." "Das ist sinnvoll." Ich wusste, dass das eine harte Beschuldigung war, aber er hatte bestimmt seine Gründe gehabt. Der junge Magier hatte Fehler gemacht, wie jeder mal, aber bei ihm waren sie einfach zu gravierend gewesen, was er auch in den Brief einbaut hatte und diese mussten vernichtet werden.
"Und was jetzt? Suchen wir das riesige verbrannte Gebiet ab und hoffen da seine Knochen zu finden?", scherzte Michael spöttisch und nahm das Ganze wohl nicht so ernst. "Nein, obwohl das bestimmt eine tolle Idee wäre. Da wünsche ich dir sehr viel Spaß bei.", spannte ich das Witzgespräch weiter und schmunzelte leicht, als er ein wenig lachte, "Wir werden eher recherchieren und alle Infos über den Brand zusammentragen."

"Aber nicht mehr heute, das können wir auch zusammen mit Maurice und Patrick erledigen." Enttäuscht sah ich zu ihm hoch. "Ach, komm schon. Warum denn nicht?", hakte ich erwartungsvoll nach. "Erstens haben wir abgemacht, dass wir nur eine erste Spur suchen und zweitens verhungere ich!", klagte er bedrückend und hielt sich mit der Hand seinen Magen, der leise anfing zu knurren. Geschockt riss ich meine Augen auf. "Es ist erst 14 Uhr, hast du nichts 'gefrühstückt'?", meinte ich und betonte das "gefrühstückt" extra besonders vorwurfsvoll, da sein Frühstück sowieso höchstens erst um 12 Uhr stattfand, wenn er immer so lange schlafen musste. "Lustig, Manu. Komm, ich weiß wo es gute Pommes gibt.", entgegnete er mir und zur meiner Verwunderung wurde er bei meinem spaßigen Kommentar gar nicht wütend.
Unmotiviert richtete ich mich langsam auf und streckte mich erstmal ausgiebig, bis mir etwas aufgefallen war. "Seit wann nennst du mich eigentlich 'Manu'", wunderte ich mich und lief trotzig neben ihm her. Schulterzuckend blickte er nicht mal zu mir auf, sondern starrte nur wie verrückt geradeaus. "Dann nenne ich dich jetzt 'Michi'", schlug ich lachend vor und sofort richtete sich sein Blick doch auf mich. "Michi?" "Nicht schön?" "Schrecklich, bleib wenn bei 'Micha' und alles ist gut.", meinte er kopfschüttelnd. Leise lachte ich und wunderte mich bis jetzt noch gar nicht darüber, dass wir uns eigentlich gut verstanden.


(...)


Angeekelt schaute ich Michael gerade dabei zu, wie er genüsslich in seinen frischgekauften Döner biss und die Hälfte des Inhaltes währenddessen zurück auf seinen Teller fiel. "Warum isst du nochmal doch keine Pommes?", fragte ich immer noch sichtlich unzufrieden mit dem Szenario, was sich gerade vor mir abspielte. "Spontan umentschieden." Empört schüttelte ich mit meinem Kopf und wendete meinen Blick von ihm ab, um aus dem Fenster schauen zu können. Ich hoffte immer noch inständig, dass wenigstens Pat und Maurice verstehen werden, was ich von Josh dachte. Der Junge vor mir schien das zwar nicht zu glauben, aber trotzdem hatte er noch relativ interessiert gewirkt und verständnisvoll reagiert. Irgendwas war anders mit ihm und leise konnte ich mir auch denken, wer dafür verantwortlich war, aber trotzdem wusste ich nicht so Recht, wie ich das finden sollte.

"Zu deinem Spitznamen nochmal. 'Micha' ist mir zu langweilig, so nennt dich ja jeder.", wechselte ich nach ein paar Minuten der Stille das Thema, "Ich möchte wissen, was jetzt dein Superheldenname ist, den du so unbedingt haben wolltest." Ungläubig starrte er mich an. "Den wirst du nicht gut finden." "Das heißt, du hast schon einen? Komm, bitte sag es mir."
Augenrollend schwieg er eine Weile, bis er sich wohl doch traute. "Ich dachte an...Zombey.", schlug er seinen selbst ausgedachten Namen vor. Kurz versuchte ich mich zu beherrschen, bis ich dann doch in lautem Gelächter ausbrach. Genervt flehte Michael mich an leise zu sein, da schon wieder alle Menschen sich zu uns umdrehten, doch es dauerte eine Ewigkeit, bis ich mich letztendlich beruhigt hatte. "Wie kommst du da bloß drauf?", fragte ich sichtlich interessiert. "Ich mag halt Zombies, okay?", gestand er mir seufzend, "Und außerdem ist es eine gute Metapher, weil ich mich manchmal wie einer fühle." "Untot?", erkundigte ich mich lachend. "Nein, du verstehst es nicht."
Eine unangenehme Stille breitete sich aus und ich merkte, dass ich vielleicht unfair reagiert hatte, aber so wie er es auffasste, meinte ich es nicht. Eigentlich war der Name gar nicht so schlecht und außerdem passte er zu Micha, aber ich war zu stolz, um ihm das zu sagen.

Kurz piepte mein Handy und ich sah sofort, dass Patrick mir geschrieben hatte. "Wie läuft es so? Habt ihr Spaß?", las ich lächelnd die Nachricht durch und merkte wie mein Körper leicht zu kribbeln begann. "Von wem ist sie?", hakte Michael schmunzelnd nach und konzentrierte sich anscheinend wieder auf mich. Viel zu schnell schaltete ich mein Handy aus, nachdem er mir diese Frage gestellt hatte. "Nur von Patrick, er fragt wie es läuft.", antwortete ich also so gelassen wie nur möglich, doch plötzlich fing Michael an vielsagend zu grinsen. "Was ist?" "Ach, nichts nichts, alles gut.", log er viel zu auffällig. "Zombey, ich habe dieses Grinsen gesehen.", antwortete ich vorwurfsvoll und betonte seinen neuen Spitznamen dabei mit Absicht besonders. Etwas unschlüssig sah er zwischen mir und seinem fast fertig aufgegessenen Döner hin und her. "Okay, ich habe eventuell eine private Frage, aber werd' bitte nicht sauer...", fing er dann an sich zu erklären. Mit einem erwartenden Blick gab ich ihm zu verstehen, dass er es einfach fragen sollte. Trotzdem bildete sich ein ungutes Gefühl in mir aus.

"D-Du...stehst auf ihn, nicht wahr?", erkundigte sich Michael vorsichtig. Sofort riss ich geschockt meine Augen auf und konnte nicht antworten. Meine Atmung funktionierte nicht mehr richtig und ich bemerkte, wie mein Puls rasant in die Höhe stieg. Niemals. "Du bist schwul und hast dich in Patrick verliebt, das sieht jeder, der nicht blind ist und keine Angst, ich finde es nicht schlimm." "Psssscht!", zischte ich und sah mich sofort um und fragte mich panisch, ob jemand das vielleicht gehört haben könnte. "Also habe ich Recht.", kam es darauf von ihm. "Nein! Nein, es ist nicht ganz so. Du hast Recht, ich bin schwul, aber ich stehe nicht auf Pat. Er ist unerreichbar." Eine Augenbraue von Michael zog sich interessiert in die Höhe. "Nur, weil du denkst, dass er unerreichbar ist, heißt das nicht, dass du nicht in ihn verliebt sein kannst."

"Er ist hetero, Michael und darauf habe ich keine Lust.", antwortete ich wahrheitsgetreu und ließ unsere Vergangenheit und Freundschaft, die ich mit Patrick besaß, komplett außenvor.


"Woher willst du das wissen?"

Erde, Wasser, Luft und Feuer | Kürbistumor & ZomdadoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt