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PoV. Michael

"Ihr habt es also doch wieder hierher geschafft, wie schön.", ertönte die eiskalte Stimme von Tiana hinter mir, weshalb mein Atem vor Angst für einen kurzen Moment stehen blieb, bevor ich einmal tief ein und wieder ausatmete und mich schließlich zu dem gefährlichen Mädchen umdrehte, das mit vollster Absicht etwas Platz zwischen uns gelassen hatte. Sie wusste, dass ich sauer war und obwohl sie definitiv stärker war als ich, schüchterte ich sie trotzdem ein wenig ein. Stillschweigend schaute ich ihr nur starr in die Augen und tat das, was ich am besten konnte, meine wahren Gefühle, wie die brodelnde Angst und den harten Schmerz, verbergen und nur die unberechenbare Wut meiner Umgebung zur Verfügung stellen, damit ich unantastbar wirkte. Doch leider schien sie das genauso zu können, vielleicht hatte sie genau deswegen ein wenig Sympathie für mich in ihrem kleinen Herzen. Selbstsicher brachte sie mit einer leichten Handbewegung die Erde unter mir zum Beben, weswegen ich erschrocken aufatmete und versuchte, mich auf den Beinen zu halten. An ihrem gelassenen Gesichtsausdruck erkannte ich aber, dass sie mir nicht wehtun würde, sondern mir nur zeigen wollte, dass sie mir alles genommen hatte und es jetzt für sich benutzen konnte. Sie wollte mir zeigen, dass sie nun das Erdelement war, so wie es von Anfang an sein sollte, nur dass sie jetzt wahrscheinlich genauso auch das Wasserelement, das Feuerelement, das Luftelement und das Eiselement besaß. Und das war viel zu viel Macht für einen einzigen unkontrollierbaren Menschen. Zu viel Macht machte nämlich bekanntlich verrückt. 

"Wie kannst du bloß so sein, Tiana? Und ich dachte wirklich, dass du doch ein Herz hast nach dem Herbstfest!", schrie ich ihr laut entgegen und versuchte irgendwo in ihr, ihre Empathie und ihr Mitgefühl zu treffen. Irgendwo musste da doch noch ein wenig Moral sein. Ich versuchte genau das zutun, was wir besprochen hatten und ich durfte kein einziges Detail verfehlen, sonst könnte das hier böse enden. 

"Du musst mit ihr reden, Micha. Es ist wichtig, dass du ihr zeigst wie schlimm sie sich eigentlich verhält. Du musst gegen sie sein, so verrückt es auch klingt.", erklärte mir Maurice eindringlich, weshalb ich nur verstehend nickte. Ich vertraue Maurice blind, mehr als jedem anderen und deswegen merkte ich mir jedes seiner Worte, ohne sie auch nur zu hinterfragen. "Aber warum kann er sich nicht einfach mit ihr verbünden? Also natürlich nicht wirklich, nur um ihr Vertrauen zu erlangen.", warf Patrick ein, weswegen Maurice sofort hysterisch mit dem Kopf schüttelte. "Das macht absolut keinen Sinn, sie ist nicht dumm. Sie weiß genau, dass er uns nicht hintergehen würde, besonders nicht mich. Er soll sie ja auch nur ablenken, bis wir vorbereitet sind und mit Nela gesprochen haben. Vielleicht kann er nebenbei auch versuchen, ihre Moral anzutreiben."

Verächtlich lachte Tiana nur und schien von meinen Worten nicht beeindruckt zu sein. Innerlich zweifelte ich für einen Moment daran, dass sie mich wirklich als eine Art Freund gesehen hatte, wenn es so wirkte, als würde sie mich aus tiefstem Herzen verabscheuen oder gar herzlos sein. Aber dann erinnerte ich mich wieder daran, wie ähnlich sie mir war, obwohl ich das nicht zugeben würde. Ich konnte genauso so tun, als würde mich das alles kein Stück interessieren, bis ich irgendwann daran zusammenbrach. Und obwohl es schrecklich klang, musste ich sie irgendwie dazu bringen, diese Mauer abzubauen und zusammenzubrechen, so wie ich es getan hatte an meinem letzten Geburtstag. Wir konnten schließlich auch nicht allzu verschieden sein, wenn wir beide das Potenzial zu einem Erdelement gehabt hatten, bevor ihr verletztes Herz völlig vereist wurde, im wahrsten Sinne des Wortes. 
"Du kennst mich kein bisschen, Michael.", sprach sie mit kalter Stimme und ließ mich nicht an sie heran, während ich nur innerlich lachte, weil ich sie viel besser kannte als sie dachte, "Willst du mir gar nicht erzählen, wo deine Freunde sind? Wie habt ihr es überhaupt aus der Parallelwelt geschafft?"


"Jetzt kommt mit der wichtigste Teil. Du musst sie glauben lassen, du wärst völlig alleine. Erzähl ihr, dass nur du es schaffen konntest und du sie auch alleine aufhalten wirst, für uns. Sie soll keine Bedrohung in dir sehen und sich überlegen fühlen, sich sicher in ihrer Haut fühlen.", redete Maurice weiter und schien sie völlig auf eine falsche Fährte führen zu wollen. Leise lachte Manu, weswegen ich nur kopfschüttelnd zu ihm herüberblickte. "Das kannst du doch gut, Micha. Mach einfach einen auf dicke Hose und tue so, als hättest du eine Chance gegen sie." Genervt funkelte ich ihn an und fragte mich wieder mal aufs Neue, wie wir eigentlich befreundet sein konnten.

Erde, Wasser, Luft und Feuer | Kürbistumor & ZomdadoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt