39.

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PoV. Manuel

"Warum genau bringt ihr mich nochmal nach Hause?", hakte ich nach und versuchte Michael und Maurice damit unterschwellig zu zeigen, dass ich schon ein großer Junge war und den Weg nach Hause ohne Probleme auch selber finden würde. Micha aber, rollte nur mit den Augen. "Weil wir Freunde sind und aufeinander aufpassen müssen.", entgegnete mir Maurice etwas zu schnell, was mir zeigte, dass er unbedingt wollte, dass Zombey diese Frage nicht beantwortete. "Ich hätte eher gesagt, weil es einfach schon sehr spät ist.", fügte er hinzu und machte Maurice damit einen Strich durch die Rechnung. Kopfschüttelnd schaute ich zu Boden und musste leicht grinsen. Eigentlich klang auch das, was Zombey gesagt hatte, so gar nicht nach ihm. Trotzdem gefiel mir seine Version ein wenig besser. "Das wäre mir auch lieber, aber ich kann schon auf mich selbst aufpassen." "Ach kommt schon. Ihr habt euch doch am Wochenende gut verstanden, zumindest wirkte das so. Irgendwann werdet ihr schon noch Freunde.", warf Maurice ein und brachte Micha damit ziemlich aus dem Konzept, weil er dazu nur scharf die Luft einzog. 

Maurice schien das aber gar nicht zu bemerken, was mich noch mehr amüsierte. Nachdem ich Zombey am Wochenende gebeichtet hatte, dass ich fand, dass sie zusammenpassen würden, redete er kein Wort mehr darüber und schien sich auch selber darüber Gedanken gemacht zu haben. Das deutete sehr darauf hin, dass das alles gar nicht so harmlos für ihn war, wie er immer tat. Ich würde ihm das zwar nie sagen, aber das würde schon erklären, warum er noch nie eine Freundin in der Schule gehabt hatte. "Naja...wir konnten halt mal über nettes Zeug reden.", antwortete ich Maurice ganz unschuldig und bekam deswegen einen Schlag in die Seite von meinem Nebenmann. Zombey wollte also wirklich nicht, dass Maurice etwas von dem Gespräch erfuhr. "Über was denn?" Wieder musste ich grinsen, da es einfach viel zu lustig war ihn damit aufzuziehen. "Genau Manu, über was denn?", fragte mich Micha plötzlich scheinheilig und wirkte so, als wollte er den Spieß umdrehen. Jetzt erst bemerkte ich, dass wir an diesem Tag auch über Patrick gesprochen hatten, weshalb ich ab sofort still blieb. "Nichts Wichtiges, Maurice..."

Gerade wollte Maurice höchstwahrscheinlich wieder nachfragen, aber Zombey war schneller und unterbrach ihn damit. "Wenn ich mich recht erinnere, musst du doch eigentlich hier einbiegen.", erkannte er und blieb stehen, um auf Maurice' Reaktion zu warten. "Ich könnte auch noch mitkommen." "Gute Nacht, Maurice." Verwirrt schaute er zu Micha und dann zu mir. "Gut, dann geht alleine weiter. Gute Nacht, Jungs.", willigte er dann doch ein und winkte uns noch zu, bevor er einbog. 
Belustigt schaute ich ihm nach, bevor wir unseren Weg fortsetzten. "Wenn du so weitermachst, wird er noch eifersüchtig.", neckte ich ihn mal wieder, da wir nun alleine waren. "Lass den sche*ß.", kam es nur von ihm, was mir eigentlich hätte signalisieren sollen, dass er das Thema lieber totschweigen wollte. "Aber wenn du unser Gespräch so verheimlichen musst, scheint es ja doch ernster zu sein." Wütend schnaubte er neben mir und machte sich nicht mal mehr die Mühe es zu leugnen.

Kopfschüttelnd beschloss ich noch eine Stufe höher zu gehen, um zu sehen wie lange er sich noch kontrollieren konnte. Eigentlich sollte ich nicht so mit ihm spielen, aber ich wollte wissen, ob er die Wahrheit sagen würde, wenn er ausrastete. "Sexualitäten kann man immer überdenken." Rasant ballten sich seine Hände zu Fäusten und er blieb abrupt stehen. "Es reicht mir!", schrie er mir ins Gesicht und schubste mich weg, weshalb ich nach hinten taumelte, aber mich noch geradeso vorm Hinfallen beschützen konnte. Ich hätte mir denken können, dass das passieren würde, aber irgendwas in mir regte sich stark darüber auf, dass er wieder handgreiflich geworden war. "Ich dachte damit wären wir fertig gewesen!", rief ich ihm zurück, weshalb er nur belustigt schnaubte. 
"Okay, hör mir mal zu. Wir sind keine Freunde und werden das auch nie sein. Ehrlich gesagt kann ich dich immer noch nicht leiden und der einzige Grund warum ich das nicht gezeigt habe, war Maurice. Ich habe es ihm einfach nur versprochen und das weißt du doch. Und wenn du mit dem Müll nicht aufhörst, dann bekommst du das zurück. Weißt du, ich bin nicht schwul und es ist mir echt egal, dass du es bist. Das heißt aber nicht, dass der Rest der Welt das genauso sehen wird.", erklärte er mir aufgebracht und kam mir dabei bedrohlich nahe. Geschockt blickte ich ihn an und könnte mich am liebsten selbst schlagen. Ich wusste von Anfang an, dass ihm nicht zu trauen war und trotzdem hatte ich ihm zu viel von mir erzählt. Bei Michaels Worten wurde mir der Hals ganz trocken und ich konnte mich nicht mehr bewegen. "Also willst du mich outen?", gab ich mit brüchiger und angsterfüllter Stimme von mir. 

Sofort fing er an zu grinsen und das wahrscheinlich nur, weil er genau wusste, dass er meinen wunden Punkt gefunden hatte. All die Jahre hatte er mich in der Schule fertig gemacht und mir tausende böse Wörter an den Kopf geworfen und nie hatte es mich besonders gestört oder zumindest hatte es nie so gewirkt, als hätte mir das Angst gemacht. Aber hier wusste er genau, dass er mich nun in der Hand hatte. Hier wusste er genau, dass er mir wirklich Angst machte und etwas in mir getroffen hatte und das war einfach nur widerlich. 
"Wer weiß was Patrick davon hält, wenn er erfährt, dass du in ihn verliebt bist und das schon seit sehr langer Zeit.", zischte er bedrohlich und versetzte mich damit noch mehr in Angst. Jetzt stand ich nur noch so da und bemerkte geradeso, wie mir Tränen in die Augen stiegen und das Schlimmste war daran, dass ich selber Schuld war, weil ich einfach viel zu naiv gewesen war.

Ich spürte wie eine Träne zu Boden fiel und wischte mir danach schnell über die Wange. Ab diesen Punkt hatte ich erst bemerkt, dass mir das Weinen hier nichts brachte und die ganze Angst und alle anderen schlimmen Gefühle wandelten sich plötzlich in riesige Wut um. Ich dachte nicht mehr nach und schubste ihn hart weg und versuchte sofort alles, um nun auch ihn verletzen zu können. "Und ich dachte wirklich, dass du ein besserer Mensch werden kannst, aber natürlich hat Maurice nur dafür gesorgt. Der Junge bringt das einzige bisschen Gute aus dir heraus! Aber schon sche*ße, wenn man immer ein A*schloch bleibt. Wie der Vater so der Sohn, heißt es da wohl!", schrie ich mir die Kehle aus dem Hals.
Ich konnte dann sofort sehen, wie hart ihn der letzte Satz wirklich getroffen hatte, da man erkannte, dass ich etwas in ihm getriggert hatte. Gleich danach verlor er die Kontrolle und die Erde fing leicht an zu beben, weswegen ich versuchen musste das Gleichgewicht zu halten. Plötzlich flog ich aber ein Stück hoch und landete an etwas Hartem und als meine Hände den Boden berührten, fing das Gras unter mir Feuer und der Baum, an dem ich gelandet war, stand in sekundenschnelle in Flammen. So schnell es ging versuchte ich aufzustehen und drehte mich zu dem Baum um, den ich angezündet hatte. Panik stieg in mir auf. Konnte man das schon als Brandstiftung gelten lassen? Sofort wendete ich meinen Blick an die Stelle, an der Micha eben noch stand, aber dieser war spurlos verschwunden. Gerade bemerkte ich auch erst, dass wir in einem ländlicheren Gebiet waren und uns somit wohl auch niemand gesehen hatte. 

So schnell ich konnte ran ich den Weg entlang, um nach Hause zu kommen und blickte vorher noch einmal zu dem Baum, der immer noch brannte. Mein Herz schlug mir vor Angst bis zum Hals und nebenbei bemerkte ich auch, dass ich am Kopf blutete. 



Ich hätte es wissen sollen. Menschen wie Michael ändern sich nie.


Erde, Wasser, Luft und Feuer | Kürbistumor & ZomdadoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt