PoV. Maurice
Gedankenverloren lag ich falschherum auf meinem gemütlichen Bett, während ich seufzend an die Decke schaute und einfach keine Ahnung mehr hatte, was ich noch fühlen sollte. Die ganze Zeit drehten sich meine Gedanken um das atemberaubende Gefühl, das ich heute erfühlen durfte, als ich auf den alten Steg mit Michael gesessen hatte und das Wasser beherrschen konnte, so als wäre es ein Teil von mir. Nie in meinem Leben hätte ich mir erträumen können, wie es sich anfühlte, so eine unglaubliche Macht zu besitzen, die ich nicht einmal richtig verstand und das machte mir verdammt Angst. Ich hatte so sehr Angst, dass ich es nie kontrollieren könne und diese Macht mir einfach zu groß wurde, bis ich letztendlich jemanden damit verletzte. Bis zum jetzigen Zeitpunkt war ich mir nicht einmal richtig sicher, ob ich diese Kräfte jemals verstehen konnte, also stellte sich ganz einfach die Frage, wie lange es dauern würde, bis ich in keiner Weise mehr gefährlich war.
Rasch drehte ich meinen Kopf leicht nach rechts, als ich im Augenwinkel erkennen konnte, dass mein Smartphone plötzlich aufblinkte und ich eine Nachricht bekommen hatte. Unschwer konnte ich schnell Zofias Namen auf dem Display erkennen, weshalb ich mich sofort aufsetzte und unseren Chat öffnete. Einerseits hatte ich sie in den letzten Tagen sehr vermisst. Sie war schließlich meine beste Freundin und sie wusste immer genau, was zutun war in kniffligen Situationen, aber andererseits würde ich ihr wahrscheinlich nie etwas davon erzählen können, ohne die anderen zu verärgern und das löste in mir starke Schuldgefühle aus, weshalb ich ihr am liebsten aus dem Weg gehen wollte. Noch nie hatte ich ihr jemals etwas über mich verschwiegen, wir waren schließlich wie Pech und Schwefel und wussten alles über den jeweils anderen. Aber plötzlich würde sich das ab sofort ändern und ich konnte nichts dagegen tun. "Hey Mauri, lange nichts von dir gehört. Ist alles klar? Wie läuft das Projekt mit den drei Vollidioten?" Stirnrunzelnd las ich mir ihre Nachricht mehrere Male durch, während ich immer mal wieder versuchte, ihr zu antworten. Aber immer, wenn ich einen kleinen Text verfasst hatte, löschte ich ihn kurz danach wieder, bevor ich ihn überhaupt abschicken konnte. Das ganze fühlte sich viel zu schlecht an, da ich blankes Lügen einfach nur verabscheute und ich es außerdem auch noch kein bisschen konnte. Und gerade als ich es noch ein weiteres Mal probieren wollte, bekam ich eine Nachricht aus dem Gruppenchat mit Michael, Manuel und Patrick, der rasch nach unserem heutigen Treffen von Patrick erstellt worden war.
"Kommt ihr morgen?", schrieb Manu in die Gruppe, weswegen ich nur leicht schmunzelte. Wahrscheinlich grübelten sie alle genauso wie ich über die heutigen Ereignisse, zumindest tat Manu das auf alle Fälle. "Wir sollten alle kommen. Es ist wichtig.", schrieb ich also zurück und bemerkte dann schnell, wie Patrick anfing zu schreiben. "Bin dabei." "Ist gut. Ich dann auch.", antwortete Manu nun auf Patricks Nachricht, weshalb ich nur zufrieden grinste und hoffte, dass Michael sich jetzt auch dazu aufraffen konnte, morgen zu erscheinen. Es war sehr wichtig, dass er auch kommen würde, weil es nun einmal nur richtig funktionierte, wenn alle dabei waren und an einem Strang zogen. Schließlich mussten wir langsam lernen, wie ein Team zu fungieren, obwohl ich mir nicht einmal sicher war, ob das jemals möglich sein würde."Maurice! Es gibt Essen!", hörte ich meine kleine Schwester von unten rufen, weshalb ich frustriert mein Handy weglegte und mich mit schnellen Schritten nach unten begab. "Wo ist Papa wieder?", hakte ich genervt nach, während ich mich rasch auf einen freien Stuhl am Tisch setzte. Auffordernd blickte ich danach zu meiner Mutter herüber, die aber ein weiteres Mal so tat, als hätte sie mich nicht gehört, nur damit sie mir nicht antworten musste. Mein Blick richtete sich dann also auf meine Schwester, die aber nur starr auf ihren Teller blickte und auch mein kleiner Bruder beschloss lieber still zu bleiben, weswegen ich nur leise seufzte und einfach so tat, als hätte ich nie gefragt. Schließlich wusste ich eigentlich, dass es nicht viele Möglichkeiten gab, wo er sich herumtreiben könnte, aber irgendwie wäre es schöner gewesen, dass von meiner Mutter zu hören. "Wie läuft dein Projekt?", erkundigte sie sich plötzlich bei mir, weswegen ich nur erschrocken zu ihr aufschaute und am liebsten wegrennen wollte. Meiner Familie konnte ich nämlich auch nicht erzählen, was passiert war und das bedeutete, ich musste lügen, so wie ich es die nächste Zeit immer tun musste. "Ja, g-ganz gut.", entgegnete ich ihr leicht stotternd, nachdem ich eine längere Zeit gebraucht hatte, um zu antworten. Wahrscheinlich dachte sie sich aber, dass das an ihrem plötzlichen Themenwechsel lag, der mich an anderen Tagen sonst ziemlich genervt hätte, aber heute hatte ich einfach andere Dinge im Kopf. "Und wie ist es mit Michael?", hakte Sina neugierig nach, weshalb ich sie vorwurfsvoll anschaute und nicht fassen konnte, dass sie mich das mitten am Essenstisch fragte. Meine Mutter war schließlich immer ein wenig zu sehr interessiert daran, mit wem ich mich traf. "Wer ist das denn?" "Er ist nur einer meiner Projektpartner.", erklärte ich mich schnell und hoffte, dass das Thema bald vorbei sein würde. Würde meine Mutter nämlich wissen, wie gewalttätig und anstrengend Michael sein konnte, dürfte ich wohl nicht mal mehr das Haus verlassen. "Also eigentlich ist er der Bruder meiner besten Freundin! Es wäre einfach so cool, wenn ihr Freunde werdet!" Genervt rollte ich nur mit den Augen und wünschte mir in diesem Moment so sehr, ich wäre ein Einzelkind. An diesem Punkt waren wohl schon alle mal gewesen, die Geschwister hatten. "Du hast nächste Woche sowieso wieder eine neue beste Freundin." "Das stimmt nicht!"
"Ist gut jetzt!", rief meine Mutter plötzlich leicht aufgebracht, weswegen wir beide kurz zusammenzuckten und schließlich still blieben, "Maurice, ich muss gleich nochmal los, also passt du bitte auf deine Geschwister auf." Augenrollend schluckte ich den letzten Bissen meines Essens herunter und nickte dann leicht, um ihr zu zeigen, dass ich das verstanden hatte. Ich wusste sowieso, dass es nichts brachte, zu diskutieren, besonders bei der Laune, die meine Mutter gerade hatte. "Ich sage dir Bescheid, wenn ich losgehe.", kam es noch von ihr, während ich schon dabei war, den Tisch zu verlassen und wieder auf mein Zimmer zu gehen. Ich war heute wirklich nicht in der Stimmung noch länger bei meiner Familie zu bleiben, weswegen ich ohne ein weiteres Wort ging.
Erschöpft legte ich mich also rasch zurück auf mein Bett, um endlich nachzusehen, ob Michael schon geantwortet hatte. Sofort grinste ich zufrieden, als Michael geschrieben hatte, er würde morgen auch da sein, was bedeutete, dass wir das morgen wirklich durchziehen konnten. "Fährst du wenigstens Bus mit uns?", antwortete Manuel danach auf seine Nachricht und das wahrscheinlich nur, um den Braunhaarigen wieder ein wenig zu provozieren. "Sehe ich denn so aus? Ich habe Freunde." Kopfschüttelnd grinste ich ein wenig, als ich Michas Antwort gelesen hatte und wollte gerade unseren Gruppenchat schließen, doch genau in diesem Moment bekam ich plötzlich einen Anruf von Zofia, was mich nur leise seufzen ließ. Sie wusste genau, dass ich Zuhause war und es wäre einfach idiotisch, ihren Anruf nicht anzunehmen, obwohl ich genau wusste, dass ich wieder lügen müsste."Hey, du.", ertönte ihre laute Stimme durch den Hörer, als ich schließlich herangegangen war. "Hey." "Erzähl schon! Wie nervig ist die Arbeit mit denen?", fing sie an, euphorisch herumzufragen, was mich nur genervt mit den Augen rollen ließ. Ich hatte eigentlich wirklich keine Lust auf dieses Gespräch und meine Stimmung war außerdem noch völlig im Keller, weswegen ich nur hoffte, dass ich sie nicht verärgern würde. Als ich ihr aber schließlich antworten wollte, wurde ich sofort von ihr unterbrochen, weil sie gleich die nächste Frage stellen musste. So war sie immer, wenn sie zu neugierig war. "Wer ist denn eigentlich der Schlimmste von denen? Bestimmt dieser Manuel, nicht wahr?", hakte sie weiter nach, aber schien immer noch voll und ganz in ihrem Redeschwall zu stecken, der mich schon immer genervt hatte. "Nein, ich weiß es. Dieser Michael bestimmt!", lachte sie laut, während ich nur tief seufzte und sie bei diesem plötzlichen Geräusch endlich still blieb. "Zofia! Es ist nicht so schlimm, wie du denkst. Sie sind...naja...ganz cool!", antwortete ich ihr rasch, während sie weiterhin verdächtig still blieb und es wohl gar nicht leiden konnte, dass ich die drei verteidigte. Ehrlich gesagt wusste ich nicht einmal genau, wieso ich das tat. Schließlich kannte ich die vielen Gerüchte aus der Schule genauso wie sie und wenn ich ganz ehrlich war, verhielten sie sich nicht unbedingt so, als wäre nichts davon wahr. Trotzdem war ich mir aber ziemlich sicher, dass auch nicht alles der Wahrheit entsprach, so war das nun einmal mit Vorurteilen und Gerüchten. Vielleicht wollte ich mich mit meinen lieben Worten aber auch eher selbst davon überzeugen, dass es doch gar nicht so schlimm werden würde, da ich ganz genau wusste, dass ich sie ab jetzt viel öfter treffen musste, als mir lieb war.
"Das ist doch ein Scherz, oder?", seufzte Zofia am anderen Ende der Leitung, weswegen ich nur still blieb und erst jetzt bemerkte, was für große Vorurteile sie gegenüber den drei Jungen hatte. Wahrscheinlich hatte ich das meiste auch geglaubt, aber irgendetwas in mir sagte, dass sie doch nicht ganz so schlimm waren, wie man es auf dem Schulhof erzählte. "Wir reden doch über die gleichen Personen, oder? Sie sind entweder gefährlich, arrogant oder verdammt komisch. Du kennst die Geschichten über Michael und Manuel, das ist echt eine Schippe zu hoch für dich. Und bei Patrick sieht man es ja selbst, seine Freundin ist der Teufel in Person." Genervt schüttelte ich nur mit dem Kopf und war in diesem Moment froh, dass sie das nicht sehen konnte. Irgendwie machte mich ihr Gerede plötzlich ziemlich sauer, obwohl das nicht das erste Mal war, dass wir über jemanden gelästert hatten. Trotzdem wollte ich das gerade nun einmal nicht hören und wahrscheinlich lag das alles einfach nur an meiner schlechten Laune oder daran, dass ich in Zukunft nicht vermeiden konnte, sie alle zu treffen.
"Du kennst sie doch gar nicht, Zofia! Das hast du alles nur gehört und ich kann dir sagen, dass es so ganz bestimmt nicht stimmt. Du solltest es doch eigentlich besser wissen.", versuchte ich ihr wütend weiszumachen, bevor ich einfach auflegte und nicht fassen konnte, dass ich das wirklich gerade getan hatte. Warum hatte ich sie bloß so sehr verteidigen wollen?
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Erde, Wasser, Luft und Feuer | Kürbistumor & Zomdado
FanfictionDie Welt. Vier Elemente, die das Gleichgewicht halten. Erde, Wasser, Luft und Feuer. Doch was hatte das mit vier komplett verschiedenen Jugendlichen zu tun, die sich eine Woche lang wegen eines Schulprojektes jeden Morgen im Wald treffen mussten? "N...