PoV. Manuel
Auf dem kurzen Weg zu Maurice breitete sich eine unglaublich unangenehme Stille zwischen uns aus, die mein eh schon schlechtes Gefühl bei ihm noch mehr verstärkte. Schon seit Ewigkeiten war ich nicht mehr mit Patrick alleine, geschweige denn in seiner unmittelbaren Nähe gewesen. Unsere damalige Freundschaft hatte einfach ein für mich sehr unangenehmes Ende gehabt, weshalb ich versuchte, ihm so gut es ging aus dem Weg zu gehen. Und auch wenn ich den Kontakt zu ihm wieder suchen würde, dann wäre er in der Schule trotzdem nahezu unerreichbar für mich. Entweder hing er mit seinen unberechenbaren Fußballfreunden ab oder seine feste Freundin schmiegte sich unangenehm eng an seinen Körper. Langsam stieg die Nervosität in mir auf, wenn ich darüber nachdachte, ob er sich überhaupt noch an unsere Freundschaft erinnern konnte, die für mich zwar selbst schon Ewigkeiten her war, aber trotzdem noch so präsent in meinem Kopf verankert war.
"Ähh, wie geht es eigentlich Alessa?", fragte ich also in die Stille hinein, um die Situation wieder zu entspannen und mein inneren Gefühl aufzulockern. Dafür hatte ich sogar in Kauf genommen, das schlimmste Thema anzusprechen, das mich eigentlich eher weniger interessierte. Aber leider war mir auf die Schnelle einfach nichts Besseres eingefallen. Im Augenwinkel konnte ich auch noch an seinem Gesichtsausdruck erkennen, dass das wohl die falsche Frage gewesen war. "Weiß nicht so recht. Wir haben Streit." Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich mich nicht ein wenig darüber gefreut hatte, dass er und dieses nervige Mädchen anscheinend aneinander geraten waren, doch trotzdem tat es mir irgendwie leid, als ich sah, wie sich seine Mundwinkel immer weiter in die Tiefe zogen. "Man hattest du ein tolles Wochenende!", betonte ich ironisch und überspielte so dieses Gefühl der unpassenden Schadenfreude. "Jaja, Mädchen sind anstrengend.", kam es lachend von Patrick, während ich den Funken Sarkasmus in seiner Aussage suchte. Kurz musste ich schmunzeln, als ich bemerkte, dass er das wohl wirklich ernst meinte."Hast du denn eine Freundin?", holte Pat mich aus meinen Gedanken und sorgte damit dafür, dass ich am liebsten wieder wegrennen würde. Nie wusste ich, was ich darauf antworten sollte, ohne mich gleich zu outen, aber trotzdem bei der Wahrheit zu bleiben. "Nein, Mädchen sind nicht so mein Fall...", erklärte ich ihm lachend und hätte mir gleich dafür mit der flachen Hand auf den Kopf klatschen können. Diese Antwort klang definitiv nicht nach einem Hetero-Jungen, den ich in diesem Moment wohl eigentlich hätte spielen sollen. Etwas verwirrt schaute er zur Seite, während ich mir in diesem Moment sicher war, dass er schon bald 1 und 1 zusammenzählen könnte, was wahrscheinlich nicht so gut für mich ausgehen würde. Er war trotz allem nun einmal einer der Beliebten, der mich mit einem Outing vor der ganzen Schule deftig in viele Probleme reiten konnte. Gerade als Patrick anscheinend noch etwas sagen wollte, kamen wir glücklicherweise bei Maurice Zuhause an, weswegen ich ihn schnell darauf aufmerksam machte und ihn somit in letzter Sekunde unterbrach. "Da sind wir!" Patricks Blick richtete sich sofort auf das gelbe Haus vor uns, in dem der schüchterne Blondschopf wohnte. Eine Weile betrachtete er es nur interessiert, weshalb ich mich langsam zur Haustür bewegte und schnell klingeln wollte. "Ich klingele ja schon, du Angsthase.", kam es neckend von mir, während ich im gleichen Moment mit Leichtigkeit auf die Türklingel drückte. Gerade als ein fertiger Maurice uns schweigend die Tür öffnete, rollte Patrick mit seinen Augen, was ich grinsend mit einem Lachen kommentierte. "Hey, w-wo ist denn Michael?", hakte der blondhaarige Junge schüchtern nach und fuhr sich dabei durch seine blonden Strähnchen. "Den holen wir erst jetzt ab."
Schweigend bewegten wir drei uns in die Richtung, in die Patrick uns selbstsicher lotste. Niemand sonst wusste genau, wo der Blauäugige wohnte, da er es uns auch nicht unbedingt leicht gemacht hatte. Nie hatte er einen von uns wegen heute kontaktiert, weswegen wir von Glück sprechen konnten, dass er mit Patrick befreundet war. "Und habt ihr auch so Lust, wie ich?", fragte ich wieder als Erster in die Stille hinein, um ein Gespräch beginnen zu können, das die Stimmung auflockern sollte. "Wir haben den hässlichsten Wald zugeteilt bekommen.", antwortete Maurice mir völlig ernst, weshalb ich kurz lachen musste. Da hatte er auf jeden Fall Recht. Die meisten Bäume im West-Wald wurden bereits vor Jahren abgesägt, wenn sie nicht schon bei dem Waldbrand umgekommen waren, der sich dort damals abgespielt hatte. Bis heute war noch nicht so richtig klar, was damals geschehen war, aber die meisten Menschen gingen von eiskalter Brandstiftung aus.
Plötzlich blieb Patrick einfach stehen und drehte sich zu mir um, was mich erschrocken aus meinen Gedanken holte. "So Manu, jetzt werde ich klingeln!" Verwirrt schaute Maurice zwischen uns hin und her, während ich nur lachen musste. Maurice verstand unseren kleinen Insider nicht, der schon in ein paar Minuten Zeit miteinander entstanden war, was stark darauf deutete, dass wir uns immer noch so gut verstanden. Patrick und ich hatten einfach einen ziemlich ähnlichen Humor, was diese Woche wohl zum Glück erträglicher machen würde. Nach einer halben Ewigkeit öffnete Michael endlich übermüdet die Tür und riss sofort geschockt die Augen auf, als er uns schon bereit für unser Projekt vor seiner Haustür erblickte. "Ihr schon? So früh?", hakte er genervt nach und rieb sich dabei verschlafen die Augen. "Es ist fast zwölf?" "Sag ich doch, früh! Nerv' mich nicht jetzt schon, Freak." Dieser Typ machte mich jetzt schon verrückt und konnte es einfach nicht lassen, aber trotz allem hatte ich Pat versprochen, nicht so gemein zu ihm zu sein und daran würde ich mich wohl halten müssen, auch wenn es mir wirklich schwer fiel. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, was zwischen ihnen passiert war, da es Patrick anscheinend ziemlich fertig machte. Ich wusste nur eins und das war, dass man es sich mit Michael nicht verscherzen sollte, was mir leider schon vor Jahren gelungen war und er mich seitdem nun durchgehend nerven musste. "Beruhigt euch, Jungs." Michaels kalter Blick landete mit einem Mal auf Patrick und ich konnte die angespannte Stimmung zwischen ihnen förmlich spüren. Maurice war das sichtlich unangenehm und auch mir gefiel diese angespannte Atmosphäre zwischen den beiden Fußballfreunden ganz und gar nicht."Auf dich habe ich heute am wenigsten Lust und das weißt du genau.", erklärte er dem Braunhaarigen wütend und hätte ihn dabei auch noch fast mit seinem Blick getötet. Sofort knallte er die Tür hinter sich zu und schien sich nicht darum zu scheren, dass wir auf ihn warteten. "Na super.", murmelte ich seufzend vor mich hin und setzte mich genervt auf die Treppenstufen vor Michaels Haustür. "Was ist mit ihm los?", erkundigte sich Maurice verwirrt bei uns und ließ sich nebenbei auch auf die harten Treppenstufen fallen. Patrick machte keinen Anschein, darauf antworten zu wollen, weswegen ich nur abwinkend mit dem Kopf schüttelte, was Maurice zum Glück sofort verstand. Pats Laune war schon schlimm genug und wenn er noch darüber hätte reden müssen, hätten wir diesen Tag heute wohl nicht überlebt.
Nach weiteren fünf Minuten der Stille öffnete sich die Haustür von Michael wieder, weswegen wir alle schnell zu ihm schauten. Genervt sah er in die Runde und trat kopfschüttelnd aus der Tür heraus. Man konnte genau erkennen, dass er keinen Funken Motivation für diesen Tag bereit hielt. "Ich laufe mit Maurice los und ihr beide geht bitte weit hinter uns. Sonst komme ich gar nicht erst mit.", verlangte er dominant und blickte dann erwartend zu Maurice, der nur schulterzuckend aufstand und mit ihm mit ging. Überfordert schaute ich zu Patrick, der sich auch kopfschüttelnd aufrichtete und weit hinter ihnen los lief, während ich mich nur zu ihm gesellte und das über dramatisierte Verhalten von Michael gekonnt ignorierte.Mich wunderte ein wenig, dass er überhaupt mitgekommen war und sich anscheinend aus heiteren Himmel viel besser mit Maurice verstand, obwohl er ihm am Freitag noch ein blaues Auge verpassen wollte. Das blendete ich aber schnell aus, als ich Patricks niedergeschlagenen Blick bemerkte, der starr auf den Boden gerichtet war. "Soll ich dir helfen?", fragte ich ihn schulterzuckend, "Ich bringe ihn dazu, dass er dir verzeiht." "Das schaffst du nicht." Schelmisch grinste ich leicht und wusste genau, dass ich das irgendwie schaffen konnte. "Wetten doch?", kam es ehrgeizig von mir, während sich nun auch ein breites Grinsen auf seine Lippen schlich.
"Niemals.", hauchte er leise und schien mir immer noch nicht zu glauben. Diese Herausforderung nahm ich aber nur allzu gerne an."Sag niemals nie."
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Erde, Wasser, Luft und Feuer | Kürbistumor & Zomdado
FanfictionDie Welt. Vier Elemente, die das Gleichgewicht halten. Erde, Wasser, Luft und Feuer. Doch was hatte das mit vier komplett verschiedenen Jugendlichen zu tun, die sich eine Woche lang wegen eines Schulprojektes jeden Morgen im Wald treffen mussten? "N...