32.

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PoV. Michael

Zaghaft klopfte Manuel an die Tür unseres Klassenraumes und hoffte bestimmt genauso wie ich, dass Maurice und Patrick noch nicht aufgerufen wurden. Eigentlich interessierte es mich kein bisschen, dass ich zu spät gekommen war. Ich wollte die Beiden nur nicht hängen lassen, weil sie mir oder eher gesagt uns, das so schnell nicht verzeihen würden und wir konnten uns in unserem kleinen Team keinen Streit mehr leisten. Nach einem kurzen "Herein" betraten wir den Raum und bemerkten, dass wir gerade in einen der Vorträge hereingeplatzt waren. Gleich funkelte uns unsere Biologielehrerin böse an.

"Ahh...Michael und Manuel! Schön, dass ihr auch noch vorbeikommt! Ihr wisst, dass ihr dafür Punkte abgezogen bekommt. Das tut mir sehr für die beiden Herren Leid, die den Weg hierher finden konnten. Setzt euch, ihr seid die nächsten hier nach!", befahl sie aufgebracht, weshalb niemand von uns etwas dazu sagte und wir uns zu Patrick und Maurice begaben. In Maurice' Miene konnte ich schon erkennen, dass er sauer auf uns war, aber eigentlich hatte ich uns nur gerettet, nachdem Patrick alles vers*ut hatte. Hätte ich nicht mit Manu geredet, hätte er niemals diesen Raum betreten.
"Manu...", flüsterte Patrick sehr leise zu dem Grünäugigen, da der Vortrag der anderen nach unserer Störung fortgeführt wurde und wir still sein sollten. Er aber, lief einfach stumm an Pat vorbei und setzte sich schnell neben Maurice und begrüßte ihn extra nett, um Patrick zu provozieren. Man konnte sagen, was man wollte, aber Manuel war wirklich ein Meister in ignorieren und dabei noch provozieren. Seufzend ließ ich mich schnell auf dem Stuhl neben Patrick nieder. "Was hast du eigentlich angestellt?", hakte ich leise nach und schaute Pat abwartend an. Ich wusste, dass Manu wegen ihm durcheinander war, aber dass er auf ihn sauer war, hatte er nicht erwähnt, geschweige denn warum und es interessierte mich einfach zu sehr. Doch auch er wollte mir nicht sagen, was zwischen den Beiden passiert war, da er nur desinteressiert nach vorne starrte und mit den Schultern zuckte.

Mein Blick fiel auf Manu und Maurice, die sich leise unterhielten. Sie hatten wohl, genauso wie ich, keine Lust den Vortrag zu verfolgen. Mich interessierte stark, was die Beiden beredeten, weil sie sogar manchmal anfingen zu kichern. Leise schmunzelte ich, als man Maurice ansehen konnte, dass er sich gerade stark das Lachen unterdrücken musste, nachdem Manu ihm etwas ins Ohr geflüstert hatte. Als Maurice sich dann plötzlich zu mir drehte und mir genau in die Augen sah, wendete ich meinen Blick schnell ab und fühlte mich ertappt. Jetzt erst bemerkte ich, wie ich ihn angestarrt hatte und ein unangenehmes Gefühl strömte durch meinen Körper, weswegen ich mir unbewusst leicht in den Arm kniff.
Seitdem Manu mir gesagt hatte, dass Maurice perfekt auf meine Beschreibung von meinem Traummädchen passte, musste ich nur noch daran denken. Seit dem Tag hatte ich auch kaum mehr geschlafen, aber ich wollte mir nicht anmerken lassen, wie mich dieses Gespräch aus der Fassung gebracht hatte. Zum Glück hatte mich auch noch niemand, außer meiner Mutter, nach meinen riesigen Augenringen gefragt, was aber wohl daran lag, dass ich öfter welche hatte, wenn ich am vorherigen Tag auf einer Party gewesen war. Zu Mama meinte ich nur, dass ich gestresst war und deswegen kaum schlief. Sie schien nicht so überzeugt gewesen zu sein, aber wenigstens hatte sie nicht mehr danach gefragt. Ich wüsste auch nicht, was ich hätte sagen sollen.

Ich wusste nicht einmal, warum mich das so mitnahm, da ich mir hundertprozentig sicher war, dass ich nicht auf Jungs stand und erst recht nicht auf Maurice. Natürlich hatte Manu ein wenig Recht, da Maurice wirklich dafür sorgte, dass ich mich besserte, aber das änderte nichts daran. Er tat das, weil wir Freunde waren oder so etwas in der Art und damit hatte ich kein Problem. Doch jedes Mal musste ich daran denken, obwohl ich das Ganze, was Manu mir eingetrichtert hatte, einfach vergessen sollte. Ich werde irgendwann mal das Mädchen finden, dass mich zu einem besseren Menschen machen wird und das ganz anders als Maurice. Manu wird einfach unrecht haben.
Wenn ich so weiter darüber nachdachte, merkte ich, dass das alles nur Manuels Schuld war. Hätte er nicht so einen Müll geredet, dann wäre das auch nicht alles in meinem Kopf. Warum hatte ich eigentlich mit ihm über Patrick geredet? Warum war ich überhaupt für ihn da? Er verwirrt mich doch nur und das mit Absicht. 

Ab jetzt würde es wieder anders werden, das schwor ich mir. 

"Meine Herren aus dem West-Wald? Es ist nun eure Bühne." Sofort zuckte ich zusammen und sah, wie die anderen aufstanden, weshalb ich es ihnen gleichtat und mich nach Vorne stellte. Jeder starrte uns an und wartete darauf, dass wir anfingen, aber eigentlich hatten wir doch alle keine Ahnung von dem Wald, da Nela die ganze Arbeit erledigt hatte. Langsam wurde mir bei den Blicken der anderen unwohl und jeder bemerkte wohl, dass wir nichts abgesprochen hatten und ich hoffte einfach nur, dass jemand einfach anfangen würde, aber es passierte nichts. Zwischen uns war immer noch diese angespannte Stimmung, wegen Manuel, der immer noch auf Patrick sauer war.

"Beginnt gerne, Jungs.", meldete sich unsere Lehrerin zu Wort, da wir schon eine halbe Minute schweigend vor unserem Kurs standen. Trotzdem waren wir alle immer noch still und ich dachte schon, dass sie uns wieder auf unsere Plätze schicken und uns alle eine sechs geben würde, doch bevor das geschah, fing Manuel an zu reden. "Ähm...also...es w-war die aufregendste Woche meines Lebens, n-noch nie habe ich sow-...", fing der Langhaarige an zu erzählen, doch ich konnte ihn noch im letzten Moment unterbrechen. "...haben wir so viel über Bäume erfahren. Das stimmt, Manuel." Ich konnte einfach nicht fassen, dass er plötzlich so eine Sche*ße laberte. Ich wusste nicht, was passiert wäre, wenn ich ihn hätte ausreden lassen. Vielleicht hätte er dann gleich noch sagen können, wie schlimm er es fand, Feuer kontrollieren zu können.

Mit einem kurzen Blick auf meine Notizen, die mir Maurice heute erst gegeben hatte, fing ich an meinen Teil vorzulesen. Wir hatten gestern in unserer WhatsApp-Gruppe beschlossen, dass einer von uns, uns kurze Zusammenfassungen für den Vortrag schreiben sollte, damit wir etwas von dem vorstellen konnten, was Nela uns gegeben hatte. Natürlich hatte sich Maurice dafür gemeldet. Wir hatten aber nie abgesprochen wer anfangen sollte, weshalb wir eben ins Schweigen geraten waren. 
Nachdem ich fertig war, blickte ich zu dem Blondhaarigen, da ich hoffte, dass er es verstand und einfach übernahm. Etwas unsicher fing er an zu erklären und wurde mit jedem Satz sicherer, was man eigentlich so nicht von ihm kannte. Etwas überrascht beobachtete ich, wie er immer selbstbewusster wurde und merkte, dass wir möglicherweise einen echt guten Einfluss auf ihn hatten. Nachdem er fertig war, übernahm Patrick und dann nochmal Manu. Während sie vorstellten, merkte ich im Augenwinkel, dass Maurice mich ansah, aber ich wollte den Blick nicht erwidern. Auch von ihm musste ich erstmal Abstand nehmen.

"Das wars.", meinte ich schnell, als alle fertig waren und genau in diesem Moment klingelte es, weshalb unsere Lehrerin nur leicht nickte und die Schüler den Klassenraum verließen. Wir räumten schnell auf und verließen dann zu viert ebenso das Zimmer. Jeder von uns blieb vor der Tür stehen und wartete darauf, dass die meisten verschwunden waren. Wir vier hatten alle das Gleiche im Kopf. Es würde jetzt hart für uns werden, da wir keine Ausrede mehr parat hatten. Es war nur eine Frage der Zeit, bis jemand bemerkte, dass wir uns abends meistens trafen und dann sofort denken würden, dass wir befreundet wären.

"Wir haben es geschafft und der Vortrag war wirklich relativ gut, also danke.", sprach Maurice nervös in die Stille hinein. Niemand antwortete ihm, weswegen ich ihm lächelnd zunickte. Wieder wusste niemand, was er sagen sollte. "Also...bis heute Abend?", hakte Manuel dann doch nach. "Jap."
Manuel drehte sich sofort um, nachdem ich ihm geantwortet hatte, und lief höchstwahrscheinlich zu seinem Spind ohne sich noch einmal umzudrehen. Enttäuscht seufzte Pat und hob nochmal die Hand, bevor er auch verschwand und in eine andere Richtung als Manu ging. Nun war ich mit Maurice alleine und wusste nicht so Recht, ob ich nicht auch einfach gehen sollte. Alles in mir schrie, dass ich es einfach tun sollte, aber aus irgendeinem Grund konnte ich einfach nicht. Vorsichtig blickte ich ihm in die Augen. Maurice schaute zurück und räusperte sich erstmal, bevor er anfing zu reden. "Gut...ähm, bis später dann, Micha..." Ich nickte schüchtern und er entfernte sich langsam von mir, aber anders als die anderen drehte er sich noch einmal zu mir um und lächelte kurz, bevor er um die nächste Ecke bog. 


Wie angewurzelt stand ich da und nur das Klingeln zur nächsten Stunde hatte mich aus diesem Zustand geholt. Ich musste einfach aufhören darüber nachzudenken. Ich musste einfach.





Erde, Wasser, Luft und Feuer | Kürbistumor & ZomdadoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt