Sie bekam keine Luft.
Das war das erste, was sie bemerkte, als sie aufwachte. Sie bekam zu wenig Luft wegen irgendetwas, das sich um ihren Hals schlang und auf ihren Kehlkopf drückte.
Sie öffnete ihre Augen und setzte sich auf um das Etwas zu beseitigen. Sobald sie saß, strömte der Atem ungehindert, trotzdem wollte dem Problem vorbeugen und griff an ihren Hals. Dort fand sie das Herz von Cal. Sie öffnete den Kettenverschluss schnell und ließ den Anhänger samt Kette in ihre Handfläche gleiten. Das Herz hatte aufgehört zu leuchten. Jetzt war es nur noch ein kaltes, hübsches Schmuckstück. Wie eine Erinnerung.
Wenn das Licht sowieso aus war, dann wollte sie den Leuchtkörper entfernen. Jetzt war er nur noch nutzlos.
Sie starrte das Schmuckstück an ohne sich zu bewegen. War das ihre Beziehung zu Cal? War das nur noch eine Erinnerung an etwas besseres, das zwar einmal da gewesen war, aber jetzt verschwand?
Leya wollte nicht aufschauen, weil sie wusste, dass sie nur ausweichenden oder bösen Blicken begegnen würde. Deshalb beschäftigte sie sich mit dem Metallherz, ließ den Verschluss aufspringen und wollte den Leuchtkörper rausnehmen. Aber da war keiner drin. Stattdessen blickten ihr kleine, feine, blaue Blütenblätter entgegen.
Ein winziges, staunendes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht und sie konnte ihren Blick nicht mehr von der Blume losreißen
Leander.
Leander hatte ihr die einzige schöne Überraschung bereitet, die es heute morgen gegeben hatte. Und auch gestern Abend. Gerade jetzt war er die einzige Person, der Leya gegenüber kein ... Schuldgefühl empfand. Er war der einzige mit dem sie sich gestern wirklich wohl gefühlt hatte. Er hatte ihr einen wunderbaren Abend bereitet. Auch wenn es ein wenig aus dem Ruder gelaufen war, hatte der Maskenball Spaß gemacht. Dafür trug Leya gerne ihren ekelhaften Kater mit sich herum.
Sie strich leicht über die Blüte. Die einzelnen Blätter schmiegten sich wie Seide an ihre Hand und waren noch kein bisschen welk, obwohl sie – wie Leya nach einem raschen Blick aus dem Fenster, wo sich die Landschaft bereits stark in Richtung Berge gewandelt hatte – schon sehr, sehr lang in dem Anhänger eingeschlossen gewesen waren.
Nach einem weiteren Augenblick, klappte sie das Herz mit einem leisen Seufzen zu.
Leya wandte ihren Blick nach draußen, wo sich hohe Berge auftürmten, alle schneebedeckt und in orangenes Sonnenuntergangslicht getaucht. Sie hatte wirklich lang geschlafen.
Jetzt sollten sich ihre Eltern zumindest etwas abreagiert haben, also würde sie es einmal mit Entschuldigungen versuchen: „Papa, Mama, es tut mir leid. Ich..."
„Nicht jetzt." Ihre Mutter drehte sich nicht einmal zu ihr um, als sie das sagte, aber ihre Stimme zeigte ganz deutlich wie wütend sie war.
„Ich wollte nur sagen, dass..."
„Dein Vater muss fahren. Wir klären das nicht jetzt!"
„Aber..." versuchte sie es erneut.
„Leya, lass es!" mischte sich mit einem Mal ihr Vater ein. Er drehte sich um und sah ihr mit eisigem Blick in die Augen. „ Niemand in diesem Wagen hat jetzt einen Nerv für deine Entschuldigungen. Du hast wirklich genug getan. Sei einfach still und la-"
„Schau auf die Straße!" schrie Leya plötzlich auf und deutete nach vorn. Mit einem Mal stand auf der ansonsten leeren Straße eine Gestalt. Sie hatte schwarze Sachen an und eine große Kapuze über dem Kopf, sodass man ihr Gesicht nicht sah.
„Wa..." Daniel drehte seinen Kopf so schnell er konnte wieder nach vorne. Er schrie zusammen mit Leyas Mutter und Angel auf. Dann geschah alles wie in Zeitlupe und Leya beobachtete die Geschehnisse als wäre sie eine Außenstehende.
Die schwarzgekleidete Person blieb mitten auf der Straße stehen, während das Auto mit achtzig Stundenkilometern auf sie zufuhr.
Leyas Vater bremste. Die Person kam immer näher mit noch deutlich zu hoher Geschwindigkeit.
Darum riss Daniel das Lenkrad herum um auszuweichen. Sie fuhren nach links, er bremste immer weiter, doch das Auto hielt nicht an, sondern überquerte die schmale Straße problemlos und raste ungehindert auf die Leitplanken zu.
Leya sah und hörte, wie Angel und Sally laut schrien und sich fest in ihre Sitze drückten. Sie sah, wie ihr Vater das Lenkrad panisch bewegte, aber nichts mehr tun konnte, weil sie zu schnell fuhren. Und sie sah, wie das Auto erst gegen die Leitplanken stieß und sie dann durchbrach. Der Aufprall drückte sie hart gegen ihren Gurt, der sich in ihre Brust schnitt. Sie wollte schreien, aber kein Ton kam aus ihrem Mund. Mit weit aufgerissenen Augen, erblickte sie die Airbags, die sich mit einer Explosion und einem Knall öffneten. Während sich alles mit den weißen Airbags füllte, sah sie noch, wie die Welt auf den Kopf stellte, als sich der Wagen in der Luft drehte.
Dann kam der letzte, endgültige Aufprall und das Auto schlug kopfüber auf den harten Fels des Bergabhangs auf, wo es sich drehte bis ein Baum es stoppte.
Doch für Leya war die Welt bereits davor in tiefer Schwärze versunken.
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Die heutige Widmung geht an einen ganz wunderbaren Menschen mit dem (Wattpad-) Namen:
svenymiler !
Danke für alles!:***
Song:
Christina Perri - The Lonely
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Götterstimme
ParanormalEr packte sie an den Armgelenken, bevor sie ihn ein weiteres Mal schubsen konnte. „Wieso lässt du mich nicht dein Held sein?!" schrie Cal Leya wutentbrannt in ihr regennasses Gesicht. „Weil es in meiner Geschichte keine Helden gibt. Ich werde unwei...