Deine Schuld. Deine Schuld. Deine Schuld.
Sie starrte ihr Silberarmband mit dem kleinen Anhänger an. Ihre leibliche Mutter hatte einen Fehler begangen, als sie gegangen war. Nicht, weil sie Leya zurückgelassen hatte, sondern weil sie das Gesetz gebrochen hatte. Es wäre einfacher gewesen, wenn sie jetzt tot wäre. Hätte es sie nie gegeben, dann wäre nichts von alldem passiert.
„Leya. Du musst jetzt aufstehen. Deine Sachen sind gepackt und deine Freunde warten auf dich. Es wird dir besser gehen, wenn du in deine gewohnte Umgebung zurückkehrst. Komm." Rosalie nahm sie an der Hand, setzte Leya ohne ihr Zutun auf und schob sie aus dem Zimmer. Sie führte Leya durch das Krankenhaus – Leya sah nur weiße Wände an sich vorbeiziehen – und übergab sie schließlich an die Familie Enna. Cal, Leander, Marcos und sogar Elissa standen in der Eingangshalle. Nur Thalia fehlte, was allerdings nicht besonders verwunderlich war, weil sie praktisch immer arbeitete.
„Hey, Süße." Cal lächelte sie breit an, aber die Besorgnis in seinem Blick war leicht zu erkennen. Eine kleine Falte hatte sich zwischen seinen Augenbrauen gebildet, als sie aufgetaucht war.
Er nahm sie an der Hand und gab ihr einen kleinen Kuss. Er versuchte wirklich alles normal erscheinen zu lassen. Das Problem war nur, dass nichts normal war.
Ihre Familie lag nun einmal im Koma und es war nun einmal ihre Schuld. Ganz allein ihre. Wie Angels Mutter schon gesagt hatte. Nur ihre Schuld.
Leya entzog sich Cals Berührungen. Sie wollte das nicht. Sie hatte es nicht verdient glücklich zu sein, wenn ihre Familie wegen ihr starb. Und Cal machte sie glücklich. Trotz der Taubheit in ihrem Körper, die sich wie ein Panzer um sie gelegt hatte, schaffte er es kleine Funkenschauer über ihre Haut zu jagen nur indem er sie berührte. Das war falsch.
Cal sah sie verletzt an, als sie von ihm wegtrat, aber darauf konnte Leya nicht eingehen. Wenn sie etwas wie Mitgefühl zuließ, dann würde unweigerlich alles andere, jede einzelne Emotion folgen, die sie verbannt hatte. Wenn das geschah, würde sie zusammenbrechen. Sie würde fallen wie ein Baum durch eine Axt.
Sie stellte sich an den Rand der kleinen Menschengruppe und starrte mit leerem Blick auf den Boden.
Deine Schuld. Deine Schuld. Deine Schuld.
Sie konnte die Stimme von Angels Mutter nicht abstellen. Manchmal war sie leiser, manchmal lauter, aber sie verschwand einfach nicht. Vor drei Tagen hatte sie ihre Eltern gesehen.Vor drei Tagen hatte Angels Mutter sie beschuldigt. Vor drei Tagen hatte Leya befunden, dass Angels Mutter richtig lag.
Cal, Leander und Elissa musterten Leya. Sie sprachen über irgendetwas belangloses, versuchten alles so normal wie möglich zu machen, aber Leya entgingen die Blicke der Drei nicht, die ihr immer wieder zugeworfen wurde. Besorgt, ängstlich, wütend, verletzt.
Marcos sprach mit Rosalie. Wie durch einen Schleier drangen einige Wort leise zu Leya durch:
„Hier. Das sind die Medikamente. Sie muss jeden Tag eine Tablette nehmen. Es ist ja unschwer zu erkennen, dass sie unter Depressionen leidet. Das ist vollkommen verständlich, aber es ist wichtig, dass sie behandelt werden. Bitte, kümmern sie sich darum." Rosalie.
„Natürlich. Wissen sie zufällig, wann ihre Eltern und ihre Freundin verlegt werden?" Marcos.
„Morgen oder Übermorgen soweit mir bekannt ist. Es ist wirklich wunderbar, dass sie sich um Leya kümmern wollen, wo sie doch im Moment niemand anderen hat. Gestalten sie ihren Alltag bitte so normal wie möglich. Allerdings darf sie nicht in die Schule. Unser Psychiater hat ihr ein Attest ausgestellt mindestens für den nächsten Monat. Sagen sie, gibt es bei ihnen im Ort einen Psychiater? Leya braucht jemand professionellen, der mit ihr über alles erlebte spricht." Rosalie.
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Götterstimme
ParanormalEr packte sie an den Armgelenken, bevor sie ihn ein weiteres Mal schubsen konnte. „Wieso lässt du mich nicht dein Held sein?!" schrie Cal Leya wutentbrannt in ihr regennasses Gesicht. „Weil es in meiner Geschichte keine Helden gibt. Ich werde unwei...