Kapitel 4 - Licht am Ende des Tunnels - Part 3

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 Bild: Kleo und Sandra

Leya verdrehte die Augen bei seinem diebischen Grinsen und ignorierte ihn, als er auf weitere Reaktionen ihrerseits wartete. Dann drehte er sich wieder nach vorn und der Unterricht begann.

Frau Berlui war unglaublich gut aufgelegt, scherzte sogar manchmal und fragte nicht aus, was in Leyas gesamter schulischer Karriere noch nie geschehen war. Die Lehrerin kicherte und ignorierte sogar, dass Kleo, Cal und Sandra ständig miteinander tuschelten und die beiden Mädchen sich ungehemmt an Cal heranmachten. Gegen Ende der Stunde saßen die zwei praktisch auf seinem Schoß, kicherten mädchenhaft und spielten mit ihren Haaren.

Leya wollte es ignorieren, konnte aber nicht. Sie wurde die ganze Zeit davon abgelenkt, wie die beiden sich an Cal heranwarfen, seinen Arm berührten und mit ihm lachten. Und er es auch noch zuließ!

Aber das Schlimmste geschah in den Minuten vor dem Gong. Cal hatte seine Arme um Sandra und Kleo gelegt und fuhr den beiden parallel von der Schulter aus nach unten. Die beiden Volltröten – das war zumindest Leyas Meinung – ließen ihn machen und hatten nichts besseres zu tun, als es mit Gekicher zu kommentieren.

Leya konnte nicht anders: Kurz bevor Cal die Hüften der Mädchen erreichten, trat Leya ihm in den Rücken. Auf dieses Zeichen hin, ließ er die beiden abrupt los und drehte sich zu ihr um. Sein Gesichtsausdruck hatte so viele Anspielungen inne, dass Leya gar nicht alle aufzählen konnte. Sie starrte ihn böse an, worauf er nur eine Augenbraue nach oben zog und verschmitzt grinste.

So ein... Sie schnaubte wütend und wandte ihren Blick demonstrativ ab.

Die Klingel zum Stundenende erlöste Leya von der Anstrengung ihn nicht anzusehen. Sie stopfte ihr Zeug in die Tasche und verließ den Raum so schnell sie konnte um einerseits den ätzenden Blicken von Kleo und Sandra zu entkommen, weil Cals Aufmerksamkeit sich von ihnen wegen ihr abgewandt hatte und um andererseits nicht mit Angels Fragen bombardiert zu werden. Auf ihrem Weg betete Leya, dass Cal und sie die nächste Stunde nicht auch zusammen hatten. Sie rannte zwar beinahe, war aber trotzdem nicht schnell genug um Cal zu entkommen, der plötzlich neben ihr stand und seine Lippen so dicht neben ihrem Ohr hatte, dass es kitzelte, als es sprach: „Bloß keine Eifersucht! Die beiden können dich nicht toppen. Auch nicht zusammen. Und das Kompliment von der Nachricht meine ich durch und durch ernst. Ich bedauere, dass du deine Hose zurück hast!"

Einen winzigen Augenblick lang strichen seine Finger sanft von ihrem unteren Rücken aus nach unten, dann war er weg und Leyas Protest verhallte ungehört im leeren Flur, der sich schnell mit Schülern füllte, die aus den Klassenzimmern flohen.

Ein Kribbeln breitete sich von den Stellen, die Cal berührt hatte, in Leya aus, das erst wieder abklang, als sie das nächste Klassenzimmer betrat.

Die folgenden Stunden, die Leya weder mit Cal, noch mit Angel zusammen hatte, saß sie wie im Delirium da und versuchte sich auf den Unterricht zu konzentrieren, was ihr ziemlich misslang. Leyas Gedanken schweiften immer wieder ab zu Cal, zu dem letzten Wochenende und sofort wieder zurück zu Cal. Sie konnte einfach nichts dagegen ausrichten.

Bedauerlicher Weise wurde sie in der Mittagspause nicht von ihrem Leiden erlöst. Sie hatte sich noch nicht einmal ihr Mittagessen ausgepackt – sie nahm es immer mit, weil alles, selbst das Schnitzel, in der Schülerkantine schmeckte wie pürierte alte Sportschuhsohlen –, als Angel ihr angekündigtes Bombardement der ersten Stunde aufnahm.

„Was, um Himmels Willen, ist am Sonntag passiert?! Ich konnte dich nicht erreichen, weder am Handy, noch am Festnetz und war kurz davor bei den Neuen Sturm zu klingeln und dich mit der Pistole meines Dads aus ihren Fängen zu befreien! Und heute kommst du händchenhaltend mit einem von denen ins Klassenzimmer! Was also ist – verdammt noch mal – geschehen?!" Die langen braunen Haare von Leyas Freundin hüpften, sobald Angel eine Oktave höher ging, was ungefähr jedes zweite Wort geschah. Es sah ziemlich lustig aus.

Angels hysterische Fragen verfolgten Leya bis sie einen Platz draußen in der Sonne gefunden hatte und dort anfing zu essen. Es würde sowieso nichts bringen, wie Leya aus jahrelanger Erfahrung wusste, wenn sie die Fragen jetzt beantworten würde. Angel würde ihr nicht zuhören, sondern einfach weiterplappern und Leya würde es noch einmal wiederholen müssen. Da ihr vollkommen klar war, dass sie sich sowieso schon ziemlich verrückt anhören würde, wollte sie die Geschichte lieber nur einmal erzählen. Gedanklich legte Leya sich ihre Antworten zurecht, während Angels Redefluss nach und nach zum erliegen kam. Sobald das geschehen war, erzählte sie einfach alles.

Sie berichtete von den Ereignissen am Samstag, nachdem Cal sie entführt hatte, von seinem und Leanders Besuch am Sonntag, ihrem Training und ihrer Flucht. Dann sprach sie davon, in was Cal sich verwandeln konnte, wie er mit ihr zusammen in den Wald gesprungen war und von ihrem Beinahe-Kuss. Und schlussendlich erzählte sie noch von der Entschuldigung, die sie heute Morgen erreicht hatte, in Form eines neuen Handys und ihrer ausgeleierten, pinken Jogginghose.

Mit jedem Wort wurden Angels Augen größer. Bei der Erwähnung des Beinahe-Kusses klappte ihr Mund sperrangelweit auf und sie gab ein undefinierbares Quietschen von sich. Beim Ende angekommen, antwortete Angel nur: „Oh! Mein! Gott!" Trotz der Klischeehaftigkeit dieser Worte.

Angel nahm einen tiefen Atemzug, wurde aber bei ihrem erwarteten Redefluss gestoppt, als Cal sich ohne zu fragen gegenüber von Angel und Leya auf dem Boden niederließ.

„Na, über was redet ihr?" fragte er mit eben jenem Lächeln, das Frau Berlui dazu gebracht hatte, ihre Persönlichkeit zumindest für eine Stunde komplett zu wandeln.

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Vielen Dank fürs followen,

Eethorod123!

Song:

Taylor Swift - Blank space


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