Kapitel 7 - Two and a half Gods - Part 2

2.7K 228 28
                                    

Sie folgte ihm und zog auf dem Weg den dicken Mantel aus, den sie nur angezogen hatte um ihre Mutter zu beruhigen. Leya selbst wurde von kalten Temperaturen nicht beeinträchtigt, aber das Thermometer zeigte inzwischen weit unter Null Grad an.

Zurück in dem riesigen Raum, der bis auf den letzten Millimeter mit Büchern angefüllt war, fragte Leya: „Wo soll ich die Jacke hinhängen?"

Wortlos deutete Leander auf einen Kleiderständer verborgen hinter einem Bücherregal.

Sie tat die paar Schritte dorthin und warf ihre Sachen über den Metallbügel, dann drehte sie sich um und setzte sich auf einen Sessel.

„Was ist heute dran? Wirst du mir jeden Fingernagel einzeln ausreißen und mich schließlich wieder zwingen dein Blut zu trinken, damit ich dir auch ja die Wahrheit sage über alles, was ich weiß und noch böses tun werde?" fragte sie giftig und starrte Leander – diese abscheuliche Kreatur – an. Ihr Kampfwille war zurückgekehrt, als sie die Jacke abgelegt hatte.

Das dumme war nur, dass Leander wohl keine Lust dazu hatte sich auf einen Streit einzulassen, denn er lächelte sie nur an – es war kein nettes Lächeln, sondern sein überhebliches – und erwiderte: „Nein. Heute unterhalten wir uns ganz einfach noch ein wenig über Götter. Über die Kleinen. Wie Flussgötter. Und dann machen wir einen Spaziergang."

„Du...du willst einen Spaziergang mit mir machen?" Sie sah ihn geschockt an. Musterte sein Gesicht auf der Suche nach einem Anzeichen dafür, dass das ein Scherz gewesen war. Sie fand keines. „Sag mal, hast du was Falsches gegessen?" Vielleicht hatte er ja Halluzinationen. War Leander nicht sogar etwas grünlich im Gesicht?

„Was ist denn an dieser Vorstellung so abwegig?" Er hob fragend seine Augenbraue und sah sie auf eine Weise an, die Leya sofort an Cal denken ließ. Wo war der nur?

„Ich weiß nicht... Vielleicht weil du mich gestern noch dazu gezwungen hast dein Blut zu trinken und weil du mich vor nicht einmal zehn Minuten ziemlich deutlich als Bedrohung eingestuft hast!?!"

„Und was genau hat das jetzt mit dem Spaziergang zu tun?" Seine Braue war noch immer erhoben und er lächelte durchgehend.

Das irritierte Leya. Er konnte den Vorschlag doch nicht wirklich ernst meinen! Oder?!

„Na ja.. Also eigentlich geht man ja nicht unbedingt mit Leuten, die man weder mag, noch ihnen vertraut spazieren!"

„Sagt wer?"

„Na ja... Ich." Das schien keinen besonderen Eindruck auf Leander zu machen. „Und... und alle, wirklich alle 'James Bond'- Filme." Das schien sogar noch weniger Eindruck auf ihn zu machen und – das musste Leya zugeben – auf sie eben sowenig Es war ein – und das war noch schmeichelhaft ausgedrückt – mieses Argument.

„Leben wir in einem 'James Bond' – Film? Und wenn ja, bist du das Bond Girl? Wenn das wiederum stimmt, bist du dann pro- oder anti-Bond? Willst du mir damit mitteilen, dass du vorhast uns demnächst zu verraten?"

Leya starrte ihn an, nicht dazu fähig irgendetwas zu sagen, dass geistreicher war als: 'Äh.' oder 'Öh.'. Deshalb schwieg sie, was Leander dazu verleitete mit einem überheblichen Grinsen hinzuzufügen: „Schlechtes, wirklich schlechtes Beispiel."

Er griff nach einem kleinen Buch und schlug es an einem Lesezeichen auf. Es war in braunes Leder gebunden, roch ein wenig nach Rauch und hatte dünne, gelbe Seiten. Es sah alt aus, genau wie die Tuschezeichnung auf der Seite, die Leander ihr nun hinhielt.

„Dann fangen wir mal an. Das hier ist ein Flussgott." Er zeigte mit seiner freien rechten Hand auf das Bild. Darauf war eine Art Skizze zu sehen. Eine muskulöse, große Männergestalt stand im Vordergrund. Sie hatte einen langen Bart, war nackt und voller kleiner Wassertropfen Wenn man genauer hinsah konnte man einige kleine Fische entdecken, die, wie es aussah, in dem Männerkörper schwammen. Die Kulisse, die die Figur umgab, war eine schöne Landschaft mit einigen Hügeln, Bäumen und einem Fluss. Was die Szene allerdings – neben den Fischen – wirklich außergewöhnlich machte, war, dass der Mann nicht in dem Wasser stand, wie man zuerst vermutete oder am Ufer, sondern er schien aus dem Gewässer emporzuwachsen. Ein kleines Lächeln war ihm auf das Gesicht gezeichnet worden. Die Zeichnung mit all ihren Details war beeindruckend.

Götterstimme Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt