Kapitel 6 - Neue und Alte Erinnerungen - Part 5

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 „Bevor ich meinem Sohn beim Sex zusehen muss, würde ich euch doch bitten wenigstens für einen kurzen Moment voneinander zu lassen und zu essen." Die Männerstimme klang zwar ziemlich belustigt, als sie das sagte, aber trotzdem war klar, dass es ernst gemeint war.

Leyas bereits gerötete Wangen verfärbten sich noch stärker, als die Erkenntnis sie traf, das diese Stimme nur Cals Vater gehören konnte.

Langsam wandte Leya ihren Kopf und blickte in die grauen Augen eines kleinen Mannes mit schwarzen, glatten Haaren und einem freundlichen Gesicht. Er hatte eine weiße Kochschürze an auf der ein Bild der Familie Enna abgebildet war.

Die jungen Eltern Enna, sowie die fünf- oder sechsjährigen Kinder Cal, Leander und – das versetzte ihr einen kleinen Stich – Elissa posierten lachend für die Kamera. Zwar sahen alle komplett verschieden aus - die junge Mutter Thalia hatte ihre strahlend roten Haare hochgesteckt, daneben war der langhaarige Vater und darunter die beiden Zwillinge Cal und Leander, sowie die dunkelhäutige Elissa – aber es war trotzdem klar, dass sie eine Familie waren.

In diesem Moment hob Cal Leya von seinem Schoß und legte, sobald sie saß, einen Arm um ihre Schultern.

Er grinste seinen Vater breit an und stellte vor: „Dad, das ist Leya, meine Freundin, und Leya, das ist mein Dad Marcos."

„Schön dich kennenzulernen! Da mein Sohn gerade auf mich gehört hat, tust du ihm offensichtlich gut." Marcos lachte laut und so für sich einnehmend auf, dass Leya gleich mit einfiel

„Ebenfalls schön Sie kennenzulernen." erwiderte sie lächelnd.

„Leya, du gehörst ab jetzt zur Familie, also duze mich doch!" sagte Marcos und stellte den großen Topf, den er schon seit geraumer Zeit mit Topfhandschuhen auf den Händen festhielt auf dem Tisch ab. Mit einer eleganten Handbewegung hob er den Deckel und ein wunderbarer Duft schlug allen im Raum entgegen.

Sofort meldete sich Leyas Hunger zu Wort und ein lautes Knurren drang aus ihrem Bauch. Ein wenig peinlich berührt sah Leya sich im Raum um, bevor ihr Blick zu dem Topf und dem darin enthaltenen Eintopf zurückschnellte.

„Ganz klar, der Gast darf zuerst. Hau rein!" Marcos drückte ihr die Schöpfkelle in die Hand und deutete auffordernd auf ihren Teller.

Leya machte große Augen, sah Marcos an, der auffordernd nickte und tauchte augenblicklich die Kelle in den Eintopf.

Als sie den ersten Löffel in ihren Mund steckte, explodierte ein wunderbares Feuerwerk auf ihrer Zunge und die Zeit verschwand – Cal hatte etwas von seinem Vater geerbt.

Als das Ticken der Uhr zurückkehrte, war der Topf leer.

Leya konnte sich nicht mehr an viel von diesem Mittagessen erinnern, nur an Gespräche, Gelächter und diesen wunderbaren Geschmack auf ihrer Zunge. Zurück im Hier und Jetzt fühlte sie sich zufrieden und glücklich. Cals Arm lag um ihre Schulter, während er eine Anekdote aus Griechenland zum besten gab. Dass er das in einwandfreiem Italienisch konnte, hing mit seinen Verwandten in Italien und den regelmäßigen bei eben jenen zusammen.

„... und der Baum war deutlich schräger als davor." Alle fingen an zu lachen und zumindest für einige Momente schien die Welt komplett in Ordnung.

„So... Ich denke, alle haben aufgegessen. Räumt das Geschirr weg, ich schalte dann die Spülmaschine an und ihr könnt mit dem Training weitermachen. Thalia kommt erst heute Abend wieder." Cals Vater sah fröhlich in die Runde und fragte dann: „Leya, willst du heute Abend mit uns essen? Oder willst du lieber nach Hause?"

„Ähm... Danke für das Angebot, aber ich muss zuerst noch meine Eltern fragen. Kann ich es später sagen?" erwiderte sie vorsichtig.

Marcos nickte fröhlich. Damit war die Sache geklärt.

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