Bild: Angel
„Erde an Leya! Komm endlich! Setz dich neben mich!"
Sie zuckte zusammen, als plötzlich Angels erhobene Stimme durch ihren Dämmerzustand brach. Sie hatte nicht wahrgenommen, dass sich ihre beste Freundin zu ihr umgedreht hatte und sie stirnrunzelnd beobachtete.
Jetzt musste Leya sich entscheiden. Flucht oder Kampf? Sie entschied sich für Letzteres und schritt langsam zum Tisch. Es brachte doch wirklich nichts vor etwas zu fliehen, das sie nicht kannte.
Der einzige Platz, der noch frei war, war der gegenüber von dem Unbekannten.
Auf dem Weg dorthin blickte sie zu Boden, auch wenn sie die Augen der drei Sitzenden auf sich spüren konnte. Sie wollte dem Fremden mit den schwarzen Haaren nicht in die Augen sehen aus Angst, dass der Schmerz wiederkam.
Sie ließ sich auf den Platz neben Angel fallen und starrte von da an angestrengt die Tischplatte an um keinen Blickkontakt zu riskieren. Vielleicht hatte der Fremde ihr ja noch nicht lang genug in die Augen gesehen, als dass er ihre Augenfarben hätte erkennen können. Dann war es wohl besser ihn in dem Unwissen zu lassen.
Trotz ihrer Konzentration auf die Holzplatte, fühlte David sich wohl dazu ermutigt sie dem Fremden vorzustellen.
Er deutete auf Leya und sagte: „Das ist Leya, Angels beste Freundin"
Der Schwarzhaarige nickte und lächelte, zumindest sah Leya seine strahlend weißen Zähne aus den Augenwinkeln aufblitzen. Er könnte auch die Zähne fletschen.
Diese Stimmen hatten ihre Meinung von ihrem Gegenüber eindeutig vorbelastet, wie ihr jetzt auffiel.
„Leya, das ist Cal. Er ist erst vor Kurzem in die Stadt gezogen. Ich hab ihn beim Fußball kennengelernt. Er spielt echt verdammt gut!"
David redete weiter von Fußball, von irgendwelchen Mannschaften und Spielern, aber Leya konnte sich davon nichts merken. Ihre gesamte Konzentration war auf den Tisch gerichtet. Sie war sich hundertprozentig sicher, dass Cal sie beobachtete. Unbewusst trommelten ihre Fingerspitzen auf das Holz. Das Geräusch echote in ihrem Schädel. Sie wurde immer nervöser. Am liebsten würde Leya wieder gehen. Die Vision hatte ihr Angst gemacht und eben jene Angst brodelte im Moment in ihr und war kurz davor überzukochen. Flucht wäre die bessere Wahl gewesen. Sie war so ein Dummkopf.
Unbewusst folgten ihre Augen einer langen, dunklen Linie über die Hellholzplatte, die direkt auf die Finger und Unterarme von Cal zuführte. Das Silberarmband brannte plötzlich wieder stärker.
So schnell sie konnte wandte sie ihren Blick wieder ab. Was war hier nur los? Das war doch alles nicht mehr normal!
Ohne wirklichen Grund wuchs ihre Anspannung, ihre Furcht immer stärker an. Leyas Muskeln spannten sich am ganzen Körper und sie war kurz davor aufzuspringen und davonzurennen, der offensichtlichen Auffälligkeit dieser Tat zum Trotz.
Doch da stieß Angel gegen sie und versuchte sie zur Seite zu schieben. „Ich geh jetzt tanzen mit David. Lässt du mich schnell raus, Leya?"
Leyas Sicht auf Cal wurde von ihrer Freundin verdeckt. Sie nickte steif und dankbar, dass die zwei Leute, die sie kannte, gingen. Dadurch fiel es ihr leichter ihrer Angst nachzugeben und zu fliegen, auch wenn eben diese sich noch mehr verstärkte, da Leya nun allein mit Cal war. Sie wusste nicht wieso, aber die Stimmen hatten recht gehabt. Flucht war besser als Kampf. Darum machte sie Angel und David Platz.
Die beiden Verliebten - denn ihrem Verhalten nach zu urteilen waren sie inzwischen wohl zusammen - verschwanden im Gewühl der Teenagerpaare.
Jetzt waren nur noch sie und Cal übrig.
Sofort spannte sich ihr Körper wieder an und sie machte sich bereit dazu zu verschwinden. Sie brauchte Zeit um ihre Gedanken zu ordnen und wollte diese verdammte Angst loswerden, die sich in ihrem Inneren festgekrallt hatte wie ein bösartiger Parasit. Angel würde sie einfach eine SMS schreiben und ihr sagen, dass ihr schlecht gewesen war oder etwas in der Art. Aber diese ganze Situation würde Leya sich keinen Moment länger antun.
„Mir...gehts nicht gut. Ich geh nach Hause." murmelte Leya und wollte aufspringen, aber anstatt das zuzulassen, schaffte es Cal innerhalb von einem Wimpernschlag sie an jeglicher Bewegung zu hindern. Mit einer seltsamen, fließenden Bewegung glitt er den Sitzhalbkreis entlang und drückte sie mit seinem Körper unauffällig gegen die Sitzbank. Sein linkes Bein hatte sich so auf ihre Oberschenkel gelegt und sie in einer komischen Verrenkung umschlungen, dass sie dort bewegungsunfähig war und sein linke Hand hatte ihren Oberarm kurz über dem Ellenbogen gepackt, was dazu führte, dass Leya den ganzen Arm nicht mehr groß bewegen konnte. Ihre andere Seite war an Cal gepresst und somit auch gestoppt. Cal hielt ihre Hände so gut es ging mit seiner freien Hand gefangen, indem er ihre Finger umschloss.
„Wer bist du? Welcher ist dein Gott? Wieso bist du hier?" zischte der Schwarzhaarige Leya ins Ohr.
Vor lauter Schock hatte sie sich nicht einmal gewehrt, aber jetzt brach die Panik los. Sie wand sich und wollte schreien. Was war denn das für ein Verrückter? Wieso war sie nicht geflohen, als sie noch gekonnt hatte?
„Schreie und ich schwöre dir, dass ich all deine Leute ausfindig mache und sie umbringe bis du niemanden mehr hast." zischte er ihr ins Ohr. Wie es aussah hatte er ihr Vorhaben einfach durchschaut.
Tränen traten in ihre Augen. Ihre Panik wuchs ins Unermessliche, sie wand sich einer gefangenen Schlange gleich in seinem festen Griff, bewirkte aber nichts. Verzweifelt starrte sie ihn an und beging dabei einen gigantischen Fehler. Sie blickte dem Dunkelhaarigen in die zweifarbigen Augen.
Ungebändigter Schmerz und die Schwärze brachen über sie herein und die Stimmen ertönten erneut. Noch lauter als zuvor schrien sie: „Fliehe! Solange du noch kannst! Fliehe!"
Der einstimmige Chor nahm ihr gesamtes Inneres ein und brüllte sie an bis das silberne Licht erschien und Leya wieder in die echte Welt zurückkehrte.
Tränen kullerten ihr über die Wangen. Verzweifelt antwortete sie: „Ich bin Leya Mailänder. Ich glaube an den christlichen Gott und ich bin hier, weil meine beste Freundin Angel mich mitgenommen hat. Bitte lass mich gehen. Ich werde niemandem von dir erzählen... Bitte tu meiner Familie nichts. Bitte."
Es war wirklich erbärmlich, aber ihr blieb nichts anderes als zu betteln. Was war hier nur los?
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Song:
ACDC - TNT
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Götterstimme
ParanormalEr packte sie an den Armgelenken, bevor sie ihn ein weiteres Mal schubsen konnte. „Wieso lässt du mich nicht dein Held sein?!" schrie Cal Leya wutentbrannt in ihr regennasses Gesicht. „Weil es in meiner Geschichte keine Helden gibt. Ich werde unwei...