Sobald sie draußen war, vergewisserte sie sich, dass niemand im Gang war und rannte den Flur entlang. Sie rüttelte an jeder Tür, aber die ersten paar waren abgeschlossen. Dann – endlich – hatte sie Glück.
Eine Tür ließ sich leicht öffnen und es gab sogar einen Schlüssel um abzusperren.
Als sie das erledigt hatte, drehte Leya sich um. Sie befand sich in einem recht großen, hellen Raum mit einem zerwühlten Bett, einem randvollen Bücherregal und einigen anderen Dingen, die jedoch wegen der Tränen in ihren Augen verschwammen. Ein Schluchzer entrang sich ihrer Kehle ohne, dass sie es verhindern konnte. Schnell trat sie zu dem Bett und drückte ihr Gesicht in das weichen Kissen mit rotem Bezug, das darauf lag. Ungeachtet ihrer dreckigen Schuhe, vergrub sie sich in der riesigen Daunendecke bis nur noch ihre Lockenmähne herausschaute.
Sie würde ein Mörder sein. Wegen ihr würden Menschen sterben und wenn sie die falsche Entscheidung traf, würde wegen ihr die Menschheit untergehen! Wieso glaubte diese verdammte Familie, dass sie komplett ohne Schwierigkeiten damit klarkommen würde? Wieso meinten diese Menschen, dass es reichte dieser Nachricht hinterherzuschieben, dass sie einen Lehrer bekommen würde? Hatten sie wirklich so wenig Menschenverständnis?
Ihr Körper wurde immer wieder von lauten Schluchzern geschüttelt, die Leya aber erfolgreich in dem Kissen erstickte.
Niemand sollte das hier hören. Es hielten sie sowieso schon alle für schwach – sie selbst eingeschlossen. Da mussten zumindest die anderen die Bestätigung nicht auch noch unter die Nase gerieben bekommen.
Innerhalb einer mickrigen Woche war ihr komplett normales, schönes Leben zu etwas verkommen, das in Zukunft dafür sorgen würde, dass sie Menschen in den Tod schicken würde allem Anschein nach. Was war das nur für eine Welt in der das möglich war?
Verzweiflung legte sich bei dem Gedanken an ihre Zukunft wie eine Würgeschlange um ihr Herz. Leya verkrampfte ihre Hände in Decke und Kissen, als wären diese beiden Dinge das einzige, was ihr noch Halt gab. Sie war zu jung für eine solche Last...
Tränen befeuchteten den Seidenbezug und trotz der riesigen Decke, breitete sich in Leya Eiseskälte aus. Sie wollte niemanden töten. Dieser ganze Quatsch sollte aufhören!
Das Gefühl einer großen, rauen Hand auf ihrem Rücken, ließ sie zusammenzucken.
„Du brauchst keine Angst zu haben. Ich bins nur." sagte Cal in einem beruhigenden Tonfall, der Leya sofort auf die Palme brachte.
„Sei still und verschwinde!" schluchzte sie mit einer schrägen Mischung aus Wut und Verzweiflung in das Kissen. „Du hast hier nichts zu suchen!"
Weder er noch sonst jemand sollte sie so sehen.
„Ich hab hier eigentlich mehr zu suchen als du. Das ist mein Zimmer." Leya konnte das Schmunzeln in Cals tiefer Stimme deutlich hören. „Und deshalb werde ich den Teufel tun! Ich bleib hier, ob du willst oder nicht."
„Wieso?" Leya ärgerte sich selbst darüber wie jämmerlich sie klang, aber im Moment konnte sie nichts dagegen machen.
„Weil du im Moment nicht allein sein solltest."
Die Zärtlichkeit und Fürsorge, mit der er den Satz aussprach, ließ ein Meer aus Schmetterlingen in Leyas Bauch erwachen, trotz der furchtbaren Situation. Langsam rollte sie sich auf die Seite um zwischen ihren Haaren zu Cal hoch schielen zu können.
Ein kleines, schräges Grinsen blitzte auf seinen Zügen auf, als er ihre zaghaften Spähversuche entdeckte.
„Dir ist schon klar, dass ich dich sehen kann, ob mit oder ohne Haaren im Gesicht?"
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Götterstimme
ÜbernatürlichesEr packte sie an den Armgelenken, bevor sie ihn ein weiteres Mal schubsen konnte. „Wieso lässt du mich nicht dein Held sein?!" schrie Cal Leya wutentbrannt in ihr regennasses Gesicht. „Weil es in meiner Geschichte keine Helden gibt. Ich werde unwei...