Mit spitzen Fingern stellte sie die Tasse ab, lächelte ein kaltes, bedauerndes Lächeln und fixierte Leya.
„Cal, komm herein oder verschwinde, aber lungere nicht an der offenen Tür herum. Der Luftzug ist ziemlich kühl." Obwohl Thalia ihre Stimme nicht im geringsten erhoben hatte, übertönte das Gesagte alle anderen Geräusche. Cals Mutter brachte ihn dazu, leise die Tür aufzustoßen und sich neben Leya auf dem Sofa niederzulassen.. Sie rückte sofort so weit es ging von ihm ab ohne ihn auch nur ein einziges Mal eines Blickes zu würdigen.
„Wie ich schon sagte: Du musst lernen, wie man singt, damit du denjenigen retten kannst, den du umbringen und niemanden unbedacht in den Tod stürzt. Du kannst deine Kraft, also deine Stimme, wie jeder andere Halbgott beherrschen. Es wird dir aber schneller gelingen, wenn du einen Lehrer hast und den – oder besser gesagt – die haben wir dir besorgt."
Mit einer ausladenden Armbewegung deutete Cals Mutter in eine Ecke des Raums in der ein großer, gemütlich aussehender Sessel neben einem kleinen Holztisch stand. Darin saß das wunderschöne, langbeinige Mädchen von vorhin. Leya hatte sie nicht bemerkt, weil sie stur auf Thalias Gesicht gesehen hatte um Cal auszublenden.
Die leuchtend schwarze Haut in ihrem Gesicht wurde von den riesigen Augen in zwei verschiedenen Grünnuancen durchbrochen. Alles an dem Mädchen schien zu strahlen, trotz des wenigen Lichts, das auf sie fiel. Einfach alles an ihr schrie heraus, dass sie von einem Gott abstammte. Sie war so übernatürlich schön, dass es dafür keine andere Begründung gab.
„Das ist Elissa. Deine zukünftige Lehrerin." Thalia sprach Elissas Namen mit so einer Wärme und Liebe aus, dass Leya nicht anders konnte als sie anzustarren. Einen derartigen Unterton hatte Thalia nicht einmal bei den Namen ihrer eigenen Kinder benutzt.„Sie ist eine Halbgöttin, wie du und ich.Aber das hast du wahrscheinlich bereits vermutet. Sie ist ein Nachkomme der Aphrodite."
Ja, das passte zu dieser... dieser Schöpfung der Natur. Bei dem Aussehen hätte Leya es sich eigentlich schon denken können.
Wenn Elissa jedoch nicht zu den Nachkommen von Hades gehörte...
„Warte... Wenn sie zu den Superior gehört, wieso ist sie dann hier?" Wieso wurde diesem Mädchen dann nicht misstraut wie Leya selbst?
Sie richtete ihren Blick strickt auf Thalia, die im Moment die Wortführerin war. Deshalb sah sie sich zuerst irritiert um, als eine andere Stimme erklang.
Das Mädchen, Cals Freundin, Elissa, antwortete Leya mit einer Stimme, die in etwa die selbe Herrlichkeit beanspruchte wie das Äußere der Aphroditetochter.
Melodisch und wohlklingend redete die Dunkelhäutige los und Leya verstand mit jedem Wort mehr, warum Cal dieses Mädchen liebte. Dem Zauber der Klänge, die aus Elissas Mund hervorkamen, konnte man sich nicht widersetzen:
„Ich bin über die Jahre hinweg ein Teil dieser Familie geworden. Sie haben keinen Grund mir zu misstrauen, weil ich den Superior das Silphium nicht übergeben könnte, selbst wenn ich das wollte. Ich habe keinen Kontakt zu ihnen. Meine Eltern und meine übrige Familie haben mich vor langer Zeit im Stich gelassen und die Ennas haben mich aufgenommen. Ich bin eine Inferior, auch wenn ich von keinem Unterweltsgott abstamme."
Die Stimme vibrierte in Leyas Körper nach ohne dass sie die Bedeutung der gesagten Worte begriff.
„Woher hast du diese Stimme?" flüsterte Leya mit rauem Hals. Sobald die Worte ihren Mund verlassen hatten, schämte sie sich einerseits für ihren Inhalt, andererseits für ihren Klang. Sie konnte diesem Wunder einfach nichts entgegensetzen.
„Ich hab sie von meiner Mutter geerbt." erwiderte Elissa trocken auf ihre – wie auch Leya selbst fand – stumpfsinnige Frage.
Dieses Mädchen war wirklich pure Magie. Von ihrem Aussehen bis hin zu ihrem Klang. Leya hatte keine Ahnung, wie sie mit so einem zauberhaften Wesen konkurrieren sollte. Cal konnte sie wohl getrost vergessen. Die erste Liebe war ja echt super.

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Götterstimme
ParanormalEr packte sie an den Armgelenken, bevor sie ihn ein weiteres Mal schubsen konnte. „Wieso lässt du mich nicht dein Held sein?!" schrie Cal Leya wutentbrannt in ihr regennasses Gesicht. „Weil es in meiner Geschichte keine Helden gibt. Ich werde unwei...