Ein winziger Sonnenstrahl schlich sich an dem geschlossenen Rollladen vorbei und kitzelte Leya an der Nase. Sie lag schon seit geraumer Zeit wach und spielte das Ende des gestrigen Abends immer wieder aufs Neue durch. Der restliche Tag war so gut wie vergessen.
Cals sanfte Berührungen, sein Geschmack, als seine Lippen auf ihren lagen, wie er sie vor ihrer Haustür mit einem Gute-Nacht-Kuss verabschiedet hatte...
Mit einem leisen Seufzen schlug sie die Augen auf und schwang sich aus dem Bett.
Bei Gott, sie benahm sich ja langsam wirklich, wie eines dieser seltsamen Mädchen aus amerikanischen Filmen, die ihr komplettes Leben um irgendeinen Kerl rotieren ließen. Und im Moment war Cal ja nicht einmal da!
Ihr Blick fiel auf das Radio, das auf ihrem Schreibtisch stand. Sie wollte Musik! Und zwar gute, fröhliche Musik, die zu ihrer Stimmung passte. Mit einem schnellen Knopfdruck schaltete sie das Gerät an und summte mit, als 'Summer' von Calvin Harris aus den Boxen erschallte.
Grinsend lief sie zu ihrem Schrank und zog eine Jeans und eine luftige Bluse heraus. Die Luft, die durch ihr gekipptes Fenster strömte und die Sonnenstrahlen, die zwischen den Gliedern ihres Rollladens hindurchfielen, ließen einen warmen Tag vermuten.
Es war schon ein Segen in Italien zu leben!
Lange dauerte es nicht, da hatte Leya sich umgezogen und ihre Sporttasche gepackt. Im Takt der laufenden Musik tänzelte sie zu ihrem Fenster, zog das Rollo nach oben und riss es weit auf. Mit der Sonne um die Wette strahlend sang sie lauthals aus ihrem Fenster, ungeachtet dessen, dass ihre Nachbarn sie hören konnten: „When I met you in the summer..."
Der Postbote, der gerade die Straße entlang fuhr, wurde kurzzeitig aus der Bahn geworfen vor Schreck. Doch als er die Herkunft des Geräuschs lokalisiert hatte und die fröhliche Leya im Fenster stehen sah, lächelte er ihr zu.
Lachend drehte sie sich um und ging zu ihrer Tür. Nach ihrem Wecker hatte sie nur noch eine halbe Stunde Zeit, dann musste sie bei der Familie Enna sein.
Und sie wollte noch frühstücken.
Am liebsten würde sie sich mit Angel in der Bäckerei treffen. Neben dem sicherlich noch warmen Brot, würde sie ihr auch alles über Cal erzählen können. Zwei Fliegen auf einen Schlag.
Gerade als ihre Finger die Türklinke berührten, hörte sie ein leises Rauschen von draußen, fast wie Wind, der durch Blätter fuhr, dann das leichte Beben eines Aufpralls und einen Wimpernschlag später legten sich große, langfingrige Hände über ihre Augen.
„Na, wer bin ich?" flüsterte eine tiefe Stimme, die Leyas gesamtes Inneres wohlig vibrieren ließ.
Cal summte die Melodie von 'Summer mit', das ihr Radio immer noch spielte.
„The one I met in the winter?" erwiderte sie schmunzelnd. Ja, dieser Witz war wirklich, wirklich schlecht, aber das musste er akzeptieren.
„Ganz genau." Mit einer schnellen Handbewegung drehte er sie um, sodass sie ihm ins Gesicht sehen konnte.
„Guten Morgen." raunte er, bevor er seinen Mund sanft auf ihre Lippen legte. Mit einem Schlag übermannten Leya ihre Glücksgefühle und sie fühlte sich als würde sie in einem Meer aus Wolken und Sonne schwimmen mit Cal an ihrer Seite.
Ihre Welt drehte sich nur noch um seine Händen auf ihrer Haut und seinen Lippen auf ihren.
Der wunderbare Kuss ließ sie vergessen zu atmen, dadurch musste sie ihn plötzlich unterbrechen und nach Luft schnappen. Sie hauchte atemlos: „Guten Morgen.", sobald es wieder möglich war.
Doch ihr Körper hatte einen anderen Plan und strebte schon Sekunden nach der neuerlichen Sauerstoffzufuhr wieder auf Cal zu. Sie schmiegte sich an ihn und küsste ihn inbrünstiger als zuvor. Ihre Leidenschaft hatte Cal wohl überrascht, denn er sog scharf die Luft ein.
Leya öffnete die Augen, weil Cal sich leicht von ihr wegbewegt hatte. Hatte sie ihn verschreckt? War sie zu aufdringlich, zu stürmisch gewesen?
Aber anstatt Ablehnung, stand sie tief dunklen Augen gegenüber in denen ein Ausdruck zu sehen war, der Leya heiße Schauer überlaufen ließ. Doch recht schnell verschwand dieses Bild wieder, da Cal sich wiederholt auf sie zubewegte und sie in einem Meer aus Wolken und Licht versinken ließ.
Ohne, dass es Leya bewusst gewesen war, hatten sie sich auf die Zimmertür zubewegt. Sie zuckte zusammen, als sich plötzlich die harte Türklinke in ihren Rücken bohrte. Das Gefühl warf sie zurück in die Realität.
Das hier ging zu schnell. Viel zu schnell.
Rasch riss sie sich von Cal los und drückte ihn ein Stück weg um Platz zum atmen zu haben.
„Hab...hab ich was falsch gemacht?" fragte er mit rauer Stimme. Sein Gesichtsausdruck glich dem eines kleinen Jungen, dem man sein Spielzeug weggenommen hatte und der nicht wusste, wieso.
„Nein, hast du nicht, aber..."
Sein Gesicht war gerötet, sein Atem ging schnell und seine sowieso schon wuscheligen schwarzen Haare, waren noch wuscheliger. Leya war sich ziemlich sicher, dass sie genauso aussah. Sie wollte ihm nicht sagen, dass ihr das zu schnell ging. Es fühlte sich alles so richtig, so perfekt an. Sie wusste selbst nicht genau, wieso sie aufgehört hatte.
Da sie keinen wirklichen Grund hatte, sich aber auch keiner Blöße geben wollte, huschten Leyas Augen durch ihr Zimmer auf der Suche nach einer Antwort. Als ihr Blick auf den Wecker fiel, hatte sie etwas, das sie sagen konnte und das sogar der Wahrheit entsprach.
„Aber wir müssen los. Sonst kommen wir zu spät. Wir haben nur noch zehn Minuten dann ist es neun."
„Ach so" Ein kleines, liebevolles Lächeln legte sich auf Cals Züge. „Ich hab dir übrigens was mitgebracht!" Er deutete auf ihr Bett auf dem einige Papiertüten lagen aus denen der köstliche Duft von frischem Brot aufstieg.
„Du bist ein Schatz!" rief sie aus, drückte Cal einen Kuss auf die Wange und schnappte nach dem ersten Brötchen, das sie darin finden konnte. Sie verschlang es mit großen Bissen und wäre fast über das nächste hergefallen, wenn nicht plötzlich die Stimme ihrer Mutter durch die Tür gedrungen wäre.
„Mäuschen, was machst du in deinem Zimmer? Du bist ja lauter als Papa, wenn er schnarcht!"
„Ich zieh mich gerade um." erwiderte Leya laut. Sie deutete Cal mit hektischen Bewegungen, dass er sich verstecken sollte. Ihre Eltern wären vermutlich nicht übermäßig erfreut, wenn irgendein ihnen unbekannter Junge ohne ihr Wissen plötzlich in Leyas Zimmer stand.
„Wir sehen uns unten. Beeil dich." raunte Cal ihr ins Ohr, dann sprang er ohne große Umwege mit den Tüten vom Becker in der Hand aus dem Fenster.
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Die Widmung geht an:
svenymiler !
Danke fürs follown^^
Song (wer hätte das gedacht):
Calvin Harris - Summer
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Götterstimme
ParanormalEr packte sie an den Armgelenken, bevor sie ihn ein weiteres Mal schubsen konnte. „Wieso lässt du mich nicht dein Held sein?!" schrie Cal Leya wutentbrannt in ihr regennasses Gesicht. „Weil es in meiner Geschichte keine Helden gibt. Ich werde unwei...