Kapitel 1- Das erste Lied - Part 4

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 Bild: David

Ein dicker Klos machte sich in ihrem Hals breit. Wo war nur die Toilette?! Sie spürte die vielen Blicke, die sie fixierten, im Rücken. Tränen stiegen in ihre Augen. Man würde so lange über ihren unglaublich schlechten Auftritt sprechen bis es ein neues Thema gab. Und hier gab es praktisch nie neue Themen.

Mit gesenktem Kopf riss Leya die Klotür auf und schlug sie, sobald sie drin war, hinter sich zu. Schwer atmend verbarrikadierte sie sich in einer der Kabinen, kauerte sich auf dem Toilettendeckel zusammen und stützte den Kopf auf ihre Knie.

Es hieß, man sollte zählen, wenn man einen Wutanfall hatte, damit man sich wieder beruhigte. Das funktionierte sicher auch in der Situation, in der sie sich gerade befand. Zumindest war das ihre Hoffnung. Also zählte Leya von eins langsam in Richtung hundert. Bei zweiunddreißig hatte sich ihre Atmung beruhigt, bei vierundvierzig hörte das Zittern auf und bei fünfzig rauschte das Blut nicht mehr in ihren Ohren.

Nur zur Sicherheit zählte sie zu Ende. Dann stand Leya auf, wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht und verließ die Kabine. Ziemlich überrascht bemerkte sie, dass sie sich in der Männertoilette befand. Darauf ließ die ganz eigene Duftnote und die Reihe an Pissoirs an der Wand schließen. Beides bemerkte sie erst jetzt.

„Verdammt!" murmelte sie leise. Der Abend wurde wirklich nicht besser! Sie ging zum Waschbecken und spritzte sich Wasser ins Gesicht. Dafür beugte sie sich zu dem aufgedrehten Wasserhahn. Als sie ihren Kopf wieder hob, stand plötzlich David hinter ihr.

Erschrocken machte sie einen Schritt zur Seite und drehte sich während der Bewegung zu ihm. Er hatte einen komischen Ausdruck auf dem Gesicht. Wirklich unnormal für David, nicht so selbstsicher und charmesprühend wie sonst. Er lächelte sie schüchtern an. Sein Blick heftete sich an ihren.

„Du, ich weiß, dass ich nicht gerade toll gesungen hab, okay? Aber ich will jetzt nichts mehr davon hören, sondern einfach nur noch nach Hause. Sagst du Angel bitte, dass ich gegangen bin?" Ohne eine Antwort abzuwarten, marschierte Leya zielstrebig, immer Davids Blick ausweichend, auf die Tür zu. Doch kurz davor bremste David sie ab, indem er vor sie trat. Er sagte kein Wort, sein Blick klebte immer noch auf ihrem Gesicht.

„Lass mich durch, David! Ehrlich, ich will nach Hause!" Sie probierte ihn zur Seite zu schieben, aber er bewegte sich kein Stück. Stattdessen rückte er auf sie zu und strich ihr mit der Hand über den Arm. Etwas schockiert blieb Leya an Ort und Stelle stehen und drückte seine Finger weg.

„Was machst du da bitte? Dir ist schon klar, dass deine Freundin meine beste und älteste Freundin ist?" David ignorierte ihre Worte, kam ihr noch näher und flüsterte irgendwas. Da sie heute Abend schon mal etwas am Anfang geflüstertes von den Stimmen gehört hatte, machte sich Angst in Leya breit. Wenn sie etwas heute nicht hören konnte, lief das garantiert auf nichts Gutes hinaus, falls dem Muster Folge geleistet wurde.

„Was sagst du? Und hör endlich auf, mir so auf die Pelle zu rücken!" befahl sie und wich ihrer mutigen Stimme widersprechend an die Wand zurück. David folgte ihr und versperrte den Weg zur Tür mit seinem Körper. Leya drückte ihre Hände gegen seine Brust und startete einen neuen Versuch zu Tür zu kommen. David legte als Antwort die Arme fest um sie und presste sie auf den Boden. Die Angst verwandelte sich in Panik. Wie wild geworden schlug Leya jetzt um sich. Sie traf den Jungen im Gesicht, im Bauch, am ganzen Körper, kam aber nicht weg von ihm. Sie wand sich und suchte mit den Händen nach irgendeiner Waffe, fand aber keine. Als David seine Hände über ihren Körper gleiten ließ und seine Wiederholungen so laut wurden, dass Leya ihn verstand, entschied sie sich zu schreien. Er flüsterte nämlich: „Ich liebe dich! Verlass mich nicht! Bleib bei mir!" Und das immer wieder und wieder.

Sie schaffte gerade mal ein „Hi..." Da stopfte David ihr schon zu Boden gefallenes Papier, das ursprünglich zum Hände abtrocknen gedacht war, in den Hals und erstickte damit jeden weiteren Hilferuf, sowie beinahe Leyas Atmung.

Er zerriss Leyas Top, bedeckte ihren Körper mit Küssen und drückte sie auf den kalten, weißen Steinboden. Vor Verzweiflung weinte Leya drauflos. Sie konnte nichts tun. Schluchzer schüttelten ihren ganzen Körper, als er seine Hände von ihren Knien nach oben fahren ließ.

Leya wurde von den Papiertüchern in ihrem Hals halb erstickt und hatte überall Kratzer und blaue Flecken von ihren Fluchtversuchen und Davids Verhinderungen. Sie schloss die Augen und hoffte, dass sie ohnmächtig werden würde um das Kommende nicht miterleben zu müssen. Wieso war sie nur mitgekommen? Wieso hatte sie Angel nachgegeben?

Auf einmal verschwand Davids Gewicht von ihr und ein dumpfer Schlag war zu hören. Leya riss die Augen wieder auf, zog sich das Papier aus dem Hals und starrte nach Luft ringend nach oben.

Vor Leyas weit aufgerissenen Augen spielte sich eine sehr unerwartete Szene ab. Cal stand mit geballten Fäusten über David. Sein Atem ging schwer und schnell. David schien bewusstlos und war garantiert irgendwie irgendwo verletzt. Das war ihr aber egal. Er hatte nichts besseres verdient!

Sie unternahm klägliche Versuche sich notdürftig zu bedecken, stand dann auf und lief zur Tür. Cal bewegte sich auf sie zu, wollte sie vermutlich anfassen. Leya fuhr herum und fauchte ihn an: „Fass mich nicht an, du Arsch! Wenn du mich vorhin nicht angegriffen hättest, dann wäre ich nicht auf die Bühne gegangen mit Angel und wäre danach nicht hier rein gerannt! Also erwarte bloß keinen Dank! Ich will hier weg! Lass mich einfach in Ruhe!"

„Gern geschehen! Also deine Rettung und so." schnauzte Cal mit wütend zerfurchter Stirn, während Leya ihre Tanzschuhe auszog und zum Hintereingang rannte. Sie wollte weg von Cal, von David, von allem.

Vorsichtig streckte sie den Kopf heraus um zu schauen, ob jemand im Umkreis zu sehen war. Die Straßen waren leer. Die Fetzen ihres Tops an sich gepresst, rannte Leya nach Hause. Froh darüber, dass die Haustür offen war, ging sie schnurstracks in das Badezimmer, riss sich die restlichen Klamotten vom Körper, schloss die Tür ab und stellte sich unter die Dusche um das Gefühl von Davids Händen auf ihr loszuwerden. Sie fühlte sich dreckig, aber der Schmutz wollte einfach nicht abgehen. Er klebte an ihr fest. Leya rubbelte mit einem Schwamm über ihre Haut bis sie krebsrot war, aber nichts tat sich. Schließlich setzte sie sich in die Mitte des Wasserstrahls und weinte leise vor sich hin.  

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Ich widme diesen Teil meinem zweiten Follower laurab19!

Vielen Dank fürs folgen!<3

Song:

Kylie Minogue & Nick Cave - Where the wild Roses grow

Youtube:

http://youtu.be/__obh4w6tD8


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