Kapitel 16 - Fast - Part 3

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Darum atmete Leya tief durch, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und verließ die Intensivstation durch die Schleuse um mit Cal und Leander zurückzufahren.

Die beiden standen einige Meter entfernt von der Tür gegen die Flurwand gelehnt da und hatten sie wohl erwartet.

„Hey, Süße. Alles gut?" Cals Stimme war voller Mitleid und Besorgnis. Er nahm sie sanft in die Arme und strich über ihren Rücken.

Das veranlasste Leya dazu zu lügen, wie auch schon den Rest des Tages. „Ja, alles ist okay. Ich will jetzt nur zurück nach Hause."

Mit einem tiefen Atemzug sog sie Cals Duft tief ein. Er hatte einmal so gut gerochen, aber jetzt wirkte selbst das nur noch schal.

Schmerzen pochten in ihr bei jedem Atemzug wie ein neues Herz. Das alles war wirklich schrecklich. Ohne diese kleinen Freuden, die ihr das Leben geschenkt hatte, jetzt aber von der innerlichen Qual genommen wurden, war selbst dieser Tag nichts besonderes, nichts schönes mehr. Na ja, jeder Traum zerbrach irgendwann einmal.

„Dann: Komm. Ich bin mir sicher, dass Elissa schon auf dich wartet." Er lächelte liebevoll, legte einen Arm um ihre Schulter und zog sie mit sich bis hinaus auf den Parkplatz. Leander trottete hinter ihnen her.

Kurz mussten sie warten bis er das Auto aufgesperrt hatte. Sie standen also in der Kälte, als auf einmal ein lauter Ruf die Stille durchbrach: „Leya!"

Sie wollte sich nicht umdrehen. Sie wollte es wirklich nicht, weil sie ganz einfach wusste, wer gerufen hatte. Und das, obwohl sie die Stimme bewusst erst ein einziges Mal gehört hatte.

„Leya!" Der Ruf klang inzwischen näher. Sie kam wohl über den Parkplatz auf sie zu.

Leya ignorierte das alles einfach weiter und setzte sich, sobald das Auto offen war, auf den Rücksitz ohne aus dem Fenster zu sehen. Sie konnte Cals und Leanders Blicke auf sich spüren, die die Situation wohl nicht ganz so gut hießen. Wahrscheinlich dachten sie, dass es besser für Leya wäre, wenn sie sich mit ihrer leiblichen Mutter auseinandersetzte.

„Leya. Bitte, ich brauch nicht lange. Höre mir nur einen Augenblick zu." Jetzt stand diese Person direkt an Leyas Fenster. Sie konnte sie gedämpft durch die geschlossene Tür hören.

„Bitte, nur ganz kurz. Es ist wichtig." Sie klang beinahe flehend.

Cal, der sich neben sie gesetzt hatte und Leander, der nun vor ihr auf dem Fahrersitz saß, wandten sich ihr zu und meinten, entweder wie Cal mit Worten oder mit Blicken wie Leander: „Hör sie dir an. Wir können jederzeit losfahren."

Sie ließ das Fenster nicht nach unten fahren, weil die beiden Zwillinge sie überzeugt hatten, sondern weil sie wollte, dass sie aufhörten zu sprechen.

„Was?" fauchte sie eisig und starrte ohne den Blick abzuwenden in die silbernen Augen ihrer Mutter.

„Ich... Leya. Ich weiß, dass du nichts von mir wissen willst. Und ich verstehe das auch. Aber trotzdem, obwohl du mich nicht als deine Mutter annehmen willst, wi-"

„Wissen Sie, es hat nichts mit mir zu tun, dass Sie nicht meine Mutter sind, sondern damit, dass Sie dieses Recht vor vielen Jahren verspielt haben und es sicher nicht mehr zurück bekommen werden. Wars das? Ich will mich nicht mit Ihnen unterhalten." Sie ließ die Scheibe etwas hochfahren, aber die Psychiaterin hielt sie auf.

„Stopp! Bitte. Es dauert nicht lange. Wie schon gesagt, ich will dir dabei helfen deine Aufgabe zu erfüllen, dein Orpheusdasein selbst in die Hand zu nehmen." Sie redete schnell und laut und streckte ihre Hand in das Auto, damit die Scheibe nicht weiter nach oben fuhr.

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