„Oh Gott, was ist passiert?!"
Für einen winzigen, kurzen Moment dachte Leya, dass irgendetwas, irgendwer ihre Bitten gehört hatte und den einzigen Beweis dafür, dass es etwas positives an der ganzen Sache gab, hergeschickt hatte, aber nein, denn – natürlich – gehörte die Stimme zu dem falschen Zwilling. Zu Leander, nicht zu Cal.
„Leya! Leya, was ist geschehen?"
Ein leichtes Zittern war in Leanders Tonfall zu vernehmen. Seine Schritte platschten in der Wasserpfütze der Riesin und schickten kleine Wellen aus, die sich an Leyas Körper brachen. Als er bei ihr ankam, glitt ihm etwas aus der Hand und landete direkt vor Leyas Nase. Es roch süß und floss zäh in den Schlamm, der sich gebildet hatte.
Honig, sprach ein kleiner Teil von Leyas Bewusstsein. Leander hatte Honig gebracht.
Mehr konnte und wollte sie jedoch im Moment nicht darüber nachdenken.
Leander ließ sich trotz der teuren Kleidung in die schlammige Pfütze fallen und drehte Leyas Gesicht zu ihm. Sie sah ihn durch kleine Augenschlitze an.
„Bitte beantworte meine Frage! Was. Ist. Passiert?"
Leya wollte ihm antworten. Sie wollte es wirklich! Konnte aber nur schluchzen und Leander mit großen, verheulten Augen anschauen unfähig irgendetwas mit Sinn von sich zu geben. Aber ihr Gesichtsausdruck sagte ihm wohl genug.
„Ich bring dich jetzt zurück zum Haus. Okay? Wenn ich dich zu dir nach Hause bringe bekommen deine Eltern wahrscheinlich einen Anfall und bringen dich ins Krankenhaus, deshalb zu uns. Okay? Bitte nicke einfach."
Sie tat es und wurde von starken, warmen Armen hochgehoben.
Es war egal, dass es nicht Cal war, der das tat, es war egal, dass Leander sie trug, der Leander, der ihr gestern noch Erinnerungen geraubt hatte. Es war egal, dass sie schwach und hilflos war. Es war einfach alles egal.
Sie wollte nur hier weg und wusste genau, dass sie es alleine nicht schaffen würde.
Leya drückte ihren Kopf gegen Leanders Jacke, versuchte irgendwie an die Wärme, die sich darunter verbarg heranzukommen. Ihr war so kalt... Einen leises Wimmern drang über ihre Lippen. Sie zitterte.
All ihre sonstige Wärme war verflogen, selbst die Wärme, die ihren Körper auch noch erhitzt hatte, als sie in Winterskälte aus dem Körper einer Wassergöttin gerutscht war.
Abrupt stoppten die gleichmäßigen Bewegungen, die sie schon weg von der Lichtung hinein in den Wald getragen hatten.
„Du bist ja eiskalt!" Leander klang geschockt, so als wäre ihm das alles gerade passiert und nicht ihr.
Sie öffnete die Lider und sah hoch in sein Gesicht. Es war weiß, die Augen vor Angst weit aufgerissen und wirkte eingefallen.
Gerade sah er nicht sie an, sondern den riesigen Baumstumpf auf dem er sie absetzte.
Leise erklärte er ihr, was er tat um sie nicht zu erschrecken: „Ich zieh dir jetzt die Jacke aus und sonst auch so viele Schichten wie möglich. Dann bekommst du meine Jacke. Die ist noch warm und nicht nass. Ich... ich..." Er schluckte schwer, versuchte seinen Blick davon abzuhalten ängstlich umherzuhuschen und Leya endlich zu fixieren. Er wusste offensichtlich nicht, dass das nichts bringen würde. Sie würde weiterfrieren, weil die Furcht und der Schock ihr die Körperärme geraubt hatte. „Was ist nur passiert?" flüsterte er mit rauer Stimme und machte sich an ihrem Reißverschluss zu schaffen.
Nach und nach schälte er sie aus ihren zusammenklebenden Kleidungsstücken bis sie schließlich nur noch mit einem Sport-BH und ihrer Jeans bekleidet auf dem Holz saß. So schnell wie möglich nahm Leander seine dicke Jacke, legte sie vorsichtig um ihre Schultern und schloss sie. Sie war viel zu groß. Leander war so hoch wie sein Zwilling und hatte den gleichen Körperbau mit den breiten Schultern. Damit stand er im kompletten Gegensatz zu Leya, die eher klein und zierlich war. Das schwarze Kleidungsstück hing wie ein Sack um ihren Körper und ging, nachdem Leander sie wieder hochgehoben und das nasse Zeug über seine Schultern gelegt hatte, bis zu der Mitte ihrer Oberschenkel.
DU LIEST GERADE
Götterstimme
ParanormalEr packte sie an den Armgelenken, bevor sie ihn ein weiteres Mal schubsen konnte. „Wieso lässt du mich nicht dein Held sein?!" schrie Cal Leya wutentbrannt in ihr regennasses Gesicht. „Weil es in meiner Geschichte keine Helden gibt. Ich werde unwei...