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Azra

Ich stand schon minutenlang und sah die Tür. Meine Hand wollte an die Klingel, doch dann entschied ich mich wieder um und drehte um.

„Du wolltest doch nach ihm schauen!"
Ich war so unruhig. Seit dem Abend sah ich Savas nicht mehr. Laut Duygu hatte er sich die letzten Tage frei genommen und Koray hatte er auch abgewiesen.

Seufzend drehte ich mich wieder um und drückte  auf die Klingel.

„Azra?" Er blickte in meine Augen. Ich sah ihn geschockt an. „Savas kendine ne yaptin?", fragte ich. (Was hast du dir selber angetan)
Er hatte enorme Augenringe und davon abgesehen, wie viel hatte er abgenommen?
Ich machte ein Schritt auf ihn zu und legte meine Hand sanft auf seine Wange. Er schloss seine Augen. Nach dem ich realisiert hatte was ich tat entfernte ich meine Hand.
Ich betrat die Wohnung und sah wie er nicht normal ging.
Die ganzen Alkoholflaschen raubten mir den Atem.
Ich sah ihn geschockt an. „Savas sen ne yapiyorsun?!", schrie ich. (Was machst du?)
„Ich versuche zu überleben..", ich schüttelte mein Kopf. „Du bringst dich jeden Tag ein bisschen mehr um! Das reicht!", schrie ich. Meine Augen füllten sich mit Tränen. Savas sah so aus, als wäre er neben der Spur. Gott wusste, wieviel er getrunken hatte!
Ich zog ihn ins Bad. „Geh unter die Dusche, sofort", er schüttelte sein Kopf.
Ich öffnete die Duschtür und schubste ihn rein. „Azra, hör auf mit dieser Scheisse." „Ich höre auf wenn du aufhörst!"  so drückte ich auf den Knopf und so fließ eiskaltes Wasser. Leider ließ mich Savas nicht los, so wurden wir beide nass.
Die Leere in seinen Augen vergingen nicht.
Er konnte sich von Yeliz nicht trennen, es war für ihn so, als würde er auf seine Loyalität verzichten.
Das Wasser war wirklich kalt und ich merkte, wie er zu sich selber kam. Ich drückte auf den Knopf und blickte zu ihm.
„Du bist meinetwegen auch nass geworden", ich lächelte. Denn es war nicht schlimm. Ich reichte ihm ein Handtuch und nahm mir selber einen.
„Ich gebe dir Klamotten von mir, sonst wirst du krank.", er lief vor und ich folgte ihm.
Sein Zimmer war riesengroß. Seine Möbel, Bettwäsche und sogar sein Bett waren schwarz.
„Magst du keine Farben?", Savas schüttelte über die Bemerkung nur sein Kopf.
„Du kannst dir das rausnehmen was du brauchst", er zögerte zum Ende hin.
Ich nickte. Er nahm sich seine Klamotten raus und ließ mich in sein Zimmer alleine.
Sein Zimmer war eher unpersönlich, keine Bilder nichts. Eine Ps4 Konsole stand neben dem Fernsehen und seine Zigarettenschachtel. Als ich den Adler auf den Feuerzeug sah lächelte ich. Deswegen mochte er diese Farbe so sehr, wegen Besiktas.
Ich holte mir ein tshirt und eine Short von ihm raus. Die Short gingen mir bis über die Knie.
Ich ging ins Wohnzimmer, wo er gerade seinen Tshirt anzog.
Das Haus sah so schrecklich aus. Ich fing an die Flaschen aufzusammeln.
„Das musst du nicht tun. Die Putzfrau kommt später", ich winkte ab.
„Wir haben uns alle Sorgen gemacht.", sagte ich und räumte  weiter auf. „Braucht ihr nicht.", sagte er.
„Savas, du musst aufhören!", rief ich.
„Wer bist du, dass du mir die ganze Zeit versuchst was einzureden? Du kannst mir keine Ratschläge geben!"
Ich spürte, wie mein Herz in Stücke zerbrach.
Ich musste stark bleiben.
„Als du bei mir Zuhause geblieben bist und Mitleid mit mir hattest habe ich dich auch nicht blöd angemacht! Siehst du nicht wie egoistisch du bist! Du stirbst jeden Tag ein bisschen mehr, du musst endlich aufwachen! Meine Familie ist mir hintergangen! Meine Schwester schlief jahrelang mit meinem Verlobten! Den Mann den ich mein Fels in der Brandung nannte! Soll ich auch mich jeden Tag quälen? Egal was du machst Yeliz ist Tod, Savas! Nefes, Koray, Burak, Duygu, Reyhan, Ada", zählte ich auf „Lieben dich! Siehst du das nicht?"
Savas sagte nichts. Er saß sich auf das Sofa und sah gerade aus.
Ich setzte mich zu ihm und nahm seine Hand in meine. „Ich weiß, dass du dich von mir entfernt hast, weil du dich mir geöffnet und vor mir geweint hast. Doch das ist nicht schlimm. Zu weinen ist keine Schwäche."
Er schaute  mich weiterhin mit seine dunklen Augen an.
Als ich merkte, dass es keine Antwort geben würde, stand ich auf und räumte weiter auf. Ich lief in die Küche und bereitete ihm einen starken Kaffee zu.
Ich reichte ihm seinen Kaffee. „Azra?", seine Stimme klang so gebrochen, so kraftlos. Ich biss auf meine Unterlippe, weil es mir weh tat ihn so zu sehen. „Ja?"
„Danke."

Dieses aufrichtige „Danke" bedeutete mir so viel. Lächelnd nickte ich.
„Gerne. Wirklich. Ich bin gerne für dich da. Weißt du noch wo du für mich da warst?", lächelte ich. Er nickte.
„Noch was", sagte er nach dem er einen Schluck von seinen Kaffee genommen hatte. Ich blickte ihn fragend an.
„Ich hatte nie Mitleid mit dir, so etwas gibt es bei mir nicht. Deine Schwester und dein ehemaliger Verlobter verdienen Mitleid, da sie so Erbärmliche Menschen sind. Aber ich würde vor so einer starken Frau niemals Mitleid haben."

Sein Wiederholtes spielte sich die ganze Zeit in meinem Kopf ab.

Sil BaştanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt