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Es brach mein Herz in tausend Stücken als ich Yasemin in die Augen blickte. Ihr Schmerz verspiegelte sich regelrecht und mir fiel der weise Spruch meiner Mutter ein. „Gözler kalbin aynasıdır." (Die Augen sind die Fenster zur Seele)
Ich schluckte als ich realisierte, dass ihre Seele voller Schmerzen und Narben waren.
Es war etwas schlimmes passiert, das wusste ich, doch ich war so gelähmt und hilflos, dass ich sie nicht fragen konnte. Yasemin  SO zusehen riss mich aus der Realität.
Ich spürte einen leichten Druck auf meiner Schulter. Der Geruch verriet mir, dass es mein Verlobter war.

„Abla, was ist passiert?", ertönte die Stimme von Koray. Nach seiner Frage kam ich zu mir. Ich sah jemanden auf uns zukommen. „Anne", wir drei blickten zu Erdinc, der uns beide verwundert an sah.
„Hadi Annem, trink etwas", (Mama) Yasemin Abla schüttelte nur ihren Kopf. Danach sah Yasemin zu mir. „Ist etwas mit Yeliz?", fragte ich. Was total sinnlos war. Aber ich brauchte Klarheit. Erdinc sah mich ausdruckslos an. Er konnte seine Gefühle schon immer gut verbergen.
Nach meiner Frage fing Yasemin laut an zu weinen.
Sanft legte ich meine Hand auf ihre Schulter.
Ich blickte hoch zu Erdinc. „Kannst du mir sagen was los ist?", „Yeliz liegt im Koma."
Was?
Als Koray merkte, dass ich Yasemin Abla nicht beruhigen konnte und uns alle anderen Menschen neugierig anstarrten, stützte er sie.
Er konnte sogar in diesem Moment standhaft bleiben. Ich wusste, wie sehr er mit sich selber rang, er konnte Tränen nicht sehen.
Erdinc blickte mir besorgt in die Augen. „Wieso zeigst du nichts?", fragte ich total neben der Spur.
Ehrlich gesagt wusste ich nicht welche Worte angebracht wären. Ich wollte eigentlich nur die Antworten auf meine Fragen. „Wie ist das passiert? Wird sie aufwachen? Wieso habt ihr mich nicht viel früher angerufen?! Seit wann liegt sie dort?!" und diverse andere Fragen, die ich in dem Moment einfach verdrängte.
„Dafür fühle ich umso mehr Nefes" Seine Stimme bebte. Ich atmete tief ein und aus.
Yasemin Abla stoppte vor dem Intensivraum. Man hatte eine direkte Sicht ins Zimmer.
Ein fast lebloses Mädchen lag in diesem Krankenbett.
Ihr Gesicht war vernarbt, wie ihr Inneres. Sie schlief tief und fest. Fast hätte ich meine Yeliz nicht erkannt.
Ich spürte schon die salzigen Tränen die meiner Wange hinunterliefen. Als ich zu Koray blickte, sah ich genau diese eine Träne, die alles ausmachte. Ich lief zu ihm und umarmte ihn.
Erdinc war bei Yasemin Abla. Schmerzverzerrt blickte sie zu ihrer Tochter. Wie konnte sie das aushalten?

Yeliz

„Anne, denkst du Savas kommt auch morgen zur Hochzeit?", fragte ich meine Mutter. Meine Mutter blickte analysierend zu mir. „Savaş Hikayesi bitmedi mi kızım?" (Hast du das Kapitel nicht geschlossen)
„Ich... Doch habe ich! Nur falls er kommen würde, würde ich Zuhause bleiben.", sagte ich. In dem Moment betrat Erdinc die Küche. „Wen willst du eigentlich verarschen?", fragte er total ernst.
Ich sagte dazu nichts und hörte wie meine Mutter seufzte. War es leicht für mich?
Ich hielt mein Handy in der Hand. Was machte er? Wie ging es ihm?
Ohne viel zu überlegen zog ich meine Schuhe an.
Vor meiner Haustür blickte ich zur Stelle, wo er immer sonst auf mich wartete. Meine Augen füllten sich. Mein Gewissen, mein Herz, all das rief nach ihm.
Ich hatte meine Liebe wegen meiner Dummheit verspielt.
Ich entsperrte mein Handy und blickte lange auf seinen Namen. „Savas" damals mein Savas und jetzt?
Ich sammelte mich und rief ihn an. Mein Herz schlug mir bis zum Hals.
„Hallo?", hörte ich eine weibliche Stimme. „Savas?", fragte ich. Mein Herz wusste, was das bedeutete. „Savas Anruf für dich", hörte ich nur gedämpft.
„Hallo?" nach Monaten seine    Stimme Monaten hörte, spürte ich das ganze Kribbeln und die ganzen Schmerzen gleichzeitig. „Ich bin's Yeliz", Stille. „Hast du dich verwählt?" „Nein, ich wollte wissen wie es dir geht", „Ach willst du das?", fragte er. Ich schloss meine Augen. Meine Tränen ließ ich in den freien Lauf. „Ja, Savas.", flüsterte ich. Wie lange habe ich seinen Namen nicht in mein Mund genommen? Wie sehr sehnte sich meine Seele, seinen Namen auszusprechen?
Ich hörte wie er konzentriert ein und aus atmete. „Ich verstehe nicht, wie soll es mir gehen? Was erwartest du?",  „Ich weiß, dass ich dich verletzt habe"  „Du hast meine Seele geheilt, und sie danach eigenhändig zerfetzt." ,"Ich wollte es nicht" „Wieso hast du mich dann losgelassen?!" Meine Sicht wurde immer klarer. „Verstehe mich doch", „Das habe ich viel zu lange versucht.", „Kommst du morgen?", fragte ich. „Ich möchte mit dir reden", sagte ich. „Es gibt nichts mehr zu bereden Yeliz. Ich habe es dir gesagt, es wird kein zurück geben. Eine tote PfLanze gießt man nicht." Diese Standhaftigkeit sorgte dafür, dass ich meine Augen schloss. Erst wiederholte ich seine Worte. Ich konnte es ihm doch nicht übel nehmen.
„Du hast Recht. Ich habe viel Scheisse gebaut. Du hast Recht. Ich werde mich auch nicht für meine Taten entschuldigen. Ich habe dich gehen lassen. Aber ich liebe dich. Ich habe es immer getan. Ich werde es weiterhin tun. Denn um dich zu lieben, brauche ich dich nicht. Pass auf dich auf, ja?" Ich ließ ihn nicht ausreden und legte auf.
Ich fühlte mich wie ein verlorenes kleines Kind.
Lief wie verrückt zurück, wollte eigentlich nur nach Hause. Wollte eigentlich nur meinen Frust aus mir weinen...
Doch es passierte alles anders. Ich hörte nur ein gedämpftes Hupen. Meine verschwommene Sicht änderte sich, bis ich nur noch schwarz sah.
An was dachte ich bevor ich bewusstlos wurde?
„Tote Blumen gießt man nicht."
——
Ich bin gespannt auf eure Meinungen.
Ich hoffe es geht euch gut...














Koma. ... Koma ist ein längerer Zustand tiefer Bewusstlosigkeit, aus dem sich der Betroffene nicht aufwecken lässt. Im tiefsten Koma sind die normalen Reflexe außer Gefecht gesetzt. Der Betroffene wehrt keine Schmerzreize mehr ab, und seine Pupillen reagieren nicht auf Licht.

Sil BaştanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt