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Nefes

Als ich meine Freundin so leblos im Krankenbett sah und die ganzen diversen Kabeln, an diese  sie verbunden war, spürte ich tief in mir drinnen etwas zusammenbrechen.

Von Yasemin redete ich erst gar nicht. Sie hielt sich ganz stark zurück um nicht vor uns zusammenzubrechen.
Langsam  lief ich auf sie zu. Ich kniete mich vor sie hin. Es war ein so verzweifelter Moment. Koray bemühte sich ebenfalls stark an meiner Seite zu bleiben um mich zu unterstützen. Ich brauchte ihn so sehr.

„Yasemin Ablam, sie wird aufstehen. Wir dürfen die Hoffnung niemals aufgeben. Nie aufhören zu beten, nicht aufhören zu bitten. Sie ist nicht tot. Sie wird aufstehen!" Hoffnungsvoll blickte sie in meine Augen.  „Nefes meine Tochter soll aufstehen", ihre Augen füllten sich mit Tränen. Ich umarmte sie und hörte ihr Wimmern, was mein Herz brach. Wann konnte ich Menschen denn leiden sehen?

„Ich gehe meiner Mutter Bescheid sagen", ertönte Korays Stimme. Ich nickte ihm zu. „Wenn du willst, bleib Zuhause bei deiner Schwester"
Koray schüttelte sein Kopf. Er war zu stur um mich hier mit Yasemin zu lassen.
Er blickte zu Yasemin. „Komm mal bitte kurz", sagte er und wir gingen den langen Flur entlang.
„Was bedrückt dich?", fragte ich. Meine Frage schien ihn zu wundern. Er wollte mich was fragen, doch traute sich nicht. „Soll ich Savas Bescheid geben?" Ich zuckte mit meiner Schulter. „Ich weiß nicht was richtig oder falsch ist, Koray", seufzte ich. „Ich hatte vor ein paar Tagen mit ihm geredet. Yeliz hatte ihn angerufen", sagte er und das genügte mir schon!

Ich konnte mir vorstellen, wie sich beide das Herz gebrochen hatten. Und aufgelegt hatten. Yeliz hatte nach dem sie den Anruf betätigt hatte, komplett alles abschaltet.

„Koray! Nefes!" Reyhan Teyze kam mit eiligen Schritten auf uns zu. „Wo ist Yasemin?", fragte sie besorgt. Sie fragte nicht nach ihrem Wohlbefinden, ich hatte das Gefühl, dass Reyhan Teyze es schon wusste.

„Yasemin" sie umarmte Yasemin Abla und genau das hatte sie nötig. Reyhan Teyze sagte nichts, fragte nichts und genau das widerspiegelte ihr tolles Herz.
Denn genau so war Koray auch.

„Sollen wir etwas  frische Luft schnappen?"
Ich blickte zu meinen Verlobten, in dessen Augen sich pure Besorgnis widerspiegelte.
Er machte sich zu viele Sorgen um mich.
Nickend bejahte ich, so dass wir aus dem Krankenhaus liefen.
Als ich die frische Luft roch fühlte ich mich etwas besser. Im Krankenhaus war es so stickig. 
„Koray, wenn du willst fahr du nach Hause.", flüsterte ich und blickte ihm in die Augen. Er versuchte standhaft zu wirken, aber ich wusste wie sehr er es hasste, im Krankenhaus belanglose Zeit zu verbringen. Er kannte es von seinen verstorbenen Opa. Ich wollte nicht, dass er immer wieder an die Situation denken musste.
Sanft sah er mich nur an und schüttelte seinen Kopf. „Mach du um mich keine Sorgen", sagte er. „Wir müssen die Sache mit Savas klären", hörten  wir seine Stimme.
Ich drehte mich zu ihm. Erdinc.
Koray atmete tief und aus. Er rang mit  sich selber um nicht unhöflich zu sein. „Du kommst damit recht früh", sagte ich voller Sarkasmus und blickte in seine braunen Augen. Ich hatte ihn verletzt. „Nefes" „Was Nefes?" fragte ich. „Was wenn sie nicht mehr aufsteht? Was wenn die Geräte abgeschaltet werden?" Erdincs Augen füllten sich mit Tränen. „Nefes yeter güzelim", Koray blickte warnend zu mir.
Ich atmete tief ein und aus und setzte mich auf die Bank.

„Ist Savas immer noch in Thailand?", fragte ich. Koray blickte nachdenklich zu mir. „Er ist seit ein paar Wochen wieder in Deutschland.", sagte er leise.
„Dann ruf ihn doch an", ertönte Erdinc. Koray sah zu ihm. „Das ist alles nicht so einfach!", Koray sah zu Erdinc. „Mein Bruder ist kein Spielzeug. Ich werde ihn anrufen und dann? Er wird hier auftauchen und seine fast verheilten Wunden aufreißen!", ich merkte wie emotional er wurde.

„Aber Koray. Was wenn sie nicht mehr aufsteht?", fragte ich.

„Denkst du er wird dich nicht dafür hassen, weil du ihm das verheimlichst?", fragte Erdinc vorwurfsvoll. Mit welchem Recht? Er hatte soviel Scheiße gebaut. Jedoch schwieg ich. Würde Savas ihn hassen?

Ich legte sanft meine Hand auf die Schulter von meinem Geliebten. Ich blickte ihm tief in die Augen. „Wir dürfen für niemanden entscheiden. Es wäre besser, wenn wir ihn einfach anrufen. Und den Rest entscheidet Savas", sagte ich. Ich sah wie sehr er mit sich selber kämpfte.
„Ich werde ihn anrufen", sagte er monoton. Erdinc nickte, drehte sich um und ging. „Er leidet.", sagte ich und deutete auf Erdinc. „Er ist nicht der einzige. Schau mal Yasemin an. Seit Jahren versucht sie stark zu bleiben. Ihr Mann ist gestorben, ihr Sohn hat das Haus verlassen, ihre Tochter lag wochenlang im Krankenhaus. Und schon wieder. Sie trägt unzählige Lasten, also komm mir bitte nicht mit Erdinc.", ich nickte. „Okay, es tut mir leid." Ich blickte ihn reuevoll in die Augen und merkte wie müde wir beide waren.

„Wofür?", ich seufzte. „Das ich versuche Erdinc gut zu reden." „Nein, das brauchst du nicht. Du bist ein Mensch, der das Gute in Menschen sieht. Und Erdinc nutzt genau solche Menschen aus." hatte er Recht?

In dem Moment klingelte Korays Handy.
Ich blickte fragend zu ihm. Als er auf sein Display sah, verkrampfte er sich. Savas rief an. Als wenn er fühlte, dass wir über ihn sprachen. Holzkopf.

„Hallo", ging Koray ran. Ich blickte ihn lächelnd an.

„Mir geht es gut und wie geht es dir?", fragte mein Fels. Ich konnte merken, dass Savas ihm etwas aufregendes erzählte.

„Schau mal Savas. Ich wollte mit dir über Yeliz reden", fing Koray ganz vorsichtig an. Er hatte Angst vor seiner Reaktion.

„Okay, ciao. Schreib wenn du nach Berlin kommst", sagte er bedrückt und legte auf.

Er blickte verzweifelt in mein Gesicht. „Er ließ dich nicht ausreden stimmt's? Koray wieso hast du es nicht direkt gesagt?", fragte ich vorsichtig.

„Er war viel zu glücklich. Er hat mich gar nicht ausreden lassen! So lange habe ich ihn nicht mehr glücklich gehört. Er hat von einer Überraschung geredet. Bald wird er nach Berlin kommen müssen. Insallah wird  sie bis dahin wach und wir müssen es gar nicht ansprechen."

—-

Was meint Savas mit der Überraschung?
Hat Koray richtig/ falsch gehandelt in dem er es Savas nicht gesagt hat?

Ich hoffe, dass ich so schnell wie möglich weiter schreibe. Wenn ich Zeit lasse, dann merke ich selber, dass ich aus der Geschichte rauskomme. Es fällt mir etwas schwer die letzten Kapitel zu schreiben als wie der am Anfang.

Wer will schon zum Ende kommen im Leben?

Ich wünsche all meinen muslimischen Geschwistern eine schöne Fastenzeit! ♥️ Passt auf euch auf.

Sil BaştanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt