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Koray sagte dazu nichts und schwieg nur.
„Ich muss in die Bibliothek und Lernen, bis später", ging sie an uns vorbei. Koray atmete tief ein und aus.
„Lass sie ein bisschen alleine" sagte ich. „Wieso mischt du dich ein?", fragte er leise. „Ich mische mich ein?" Er seufzte. „Ich habe Angst, dass sie verletzt wird. Duygu ist mein Engel auf Erden. Sie ist viel zu labil für diese grausame Welt." Ich schmunzelte und sah ihn an. „Du wirst nicht immer bei ihr sein können. Vielleicht ist es an der Zeit, sie alleine fliegen zu Lassen. Duygu muss mit Verlust klar kommen Koray", meine Stimme war standhaft und wiederum sanft. Er sollte wissen, dass ich nicht vor ihm stand. Ich war nicht sein Feind.
„Es tut mir leid für die Worte der letzten Tage, das bin ich nicht" Ich schaute ihm in die Augen und sah die Unruhe in ihnen.
„Ich weiß", sagte ich. „Nehme ich dir nicht übel", ergänzte ich.
Als ich auf meine Uhr sah, sah ich dass ich spät dran war. „Ich muss jetzt los, denk an meine Worte."
Er nickte. Als ich in mein Wagen steigen wollte, brach ich es nicht übers Herz. Ihm ging es nicht gut. Er hatte jemanden gebraucht und ich war gegangen. Ich holte mein Handy raus und schrieb Savaş. Er hatte mir seine Nummer gegeben als wir diese Krise mit unseren Autos hatten. „Koray geht es nicht gut, kannst du bitte für ihn da sein?", tippte ich. Als ich Platz am Steuer nahm, klingelte mein Handy. „Wieso bist du nicht für ihn da", las ich die Nachricht. „Ich glaube nicht, dass ich die Person bin, die er neben sich haben will. Es wäre unpassend." Ich legte mein Handy weg und startete mein Wagen.
Mein Bruder würde heute Abend zurück fahren, da es viel Stress in der Firma gab. Er leitete die Firma meines Vaters und meiner Mutter. Mein Vater hatte sich immer gewünscht, dass ich ebenfalls Wirtschaft studiere um ebenfalls eine gute Position in der Firma zu Haben. Doch das war nicht meine Welt. Als er eingewilligt hatte zu meinem Jura Studium, war er immer noch der Meinung, dass ich in der Firma als Anwältin arbeiten könnte um Patente zu schützen etc. Aber das war nicht mein Ansporn um Anwältin zu sein. Ich wollte diese grausame Welt etwas mehr gerechter machen. In dieser Ungerechtigkeit sollte auch wenn ein bisschen Gerechtigkeit herrschen.
Als ich Zuhause ankam roch ich schon das leckere Essen.
„Sinem hat angerufen, du musst diese Woche wohl unbedingt kommen. Sie ist total im Stress" Ich nickte lachend. Wenn sie etwas plante sollte alles perfekt sein. Sonst war sie immer so unzufrieden, wenn etwas nicht nach Plan lief.
„Ich komme sowieso", sagte ich. „Und deine Freundinnen?", fragte er. Ich zuckte mit meinen Schultern. Eigentlich wäre es total schön für Duygu wenn sie mitkam. Auf Yeliz zählte ich.
„Yeliz kommt, bei Duygu weiß ich nicht" Er nickte und schaute mir tief in die Augen. Er wollte etwas sagen, doch er suchte nach den richtigen Wörtern.
„Deine Freundin.. die gestern hier war, geht es ihr besser?"

„Besser, aber ob es reicht. Weiß ich nicht" Er nickte. „Liebeskummer?" Ich schüttelte mein Kopf. „Sie hat andere Probleme als die Liebe."

„Was wird jetzt mit der Scheidung Abi?"

Er seufzte.
„Ein weiterer Grund wieso ich in die Stadt muss. Ich habe die Scheidung eingereicht, Selin und ihr Anwalt sind nicht so einverstanden mit dem" Ich atmete genervt ein und aus.

Am nächsten Morgen begleitete ich meinen Bruder bis vor die Tür. „Pass auf dich auf, bis Freitag mein Engel", sagte er und gab mir ein Kuss auf die Stirn.
Ich lächelte und stieg die Treppen um zurück in meine Wohnung zu Gelangen. Das erste Mal nach langem ging es mir gut. Dank Burak. Ich öffnete überall die Fenster und fing an zu Putzen. Meine Wohnung sah echt schlecht aus. Überall war Staub angesammelt. Im Wohnzimmer hatte ich nur eine Couch und ein Bürotisch. Das Wohnzimmer war verbunden mit der Küche. Ich lernte meistens in der Küche auf dem Tresen.
Als es klingelte öffnete ich die Tür. Yasemin Abla sah mich lächelnd an. „Temizlik mi yapiyorsun" (Putzt du), fragte sie. Ich nickte. „Komm rein" Es erfreute mich, dass sie mal rübersah. Ich war ihr wichtig und ich hatte sie ins Herz geschlossen.
„Ich wollte in die Stadt, wollte aber nicht alleine. Beraber gitsek?", fragte sie. Ich nickte sofort. „Ich habe auch einige Sachen zu kaufen" Sie nickte. „In 15 Minuten unten?"

„Tamam" Sie ging in ihre Wohnung und ich schloss die Tür. Ich schloss überall die Fenster und zog mir ein weißes Hemd an, darunter kombinierte ich meine Jeans. Ich holte meine Sportschuhe aus dem Regal und zog sie mir an. Gerade wo ich mein Handy und meine Tasche in die Hand nahm, wollte ich raus. Doch mein Spiegel in der Flur hinderte mich. Es sagte mir, dass ich mich anschauen sollte. Also machte ich es und hörte auf mein Gefühl. Meine dunkelblonden Haaren passten perfekt zu meiner Bräune. Und meine Augen, die sonst immer Leere mitteilten glänzten heute. Als ich in meine Augen sah, fielen mir andere Augenpaare ein, weswegen ich erstarrte. Ich konnte mir das alles nicht beantworten.
Ich verließ die Wohnung und sah Yasemin Abla auf mich warten. Sie lächelte mich an und wir verließen gemeinsam das Apartment.
„Wir konnten gar nicht Reden, wie war es als dein Bruder kam?", fragte sie. Sie sah mir tief in die Augen und es war so als könnte sie tief in mein Inneres blicken. Dies war kaum in Worten zu fassen.
„Gut, ich habe ihn vermisst", sagte ich und startete den Motor.
„Die Leere in deinen Augen haben sich ein bisschen gefüllt" Nach ihren Worten fuhr ich rechts an. Meine Augen füllten sich. „Abla! Wieso machst du das?" Ich konnte meine Gefühle nicht mehr standhalten und meine Maske fiel.
„Wieso siehst du das, was ich immer versuche zu Verstecken" Ihre Hand lag auf meiner Schulter. „Lass es raus, lass das Verdrängte raus." „Es hört nicht auf Abla!" „Es wird nie aufhören Nefes. Du machst es dir schwieriger in dem du versuchst dich in hinter deinen Mauern zu verstecken."

„Wieso bin ich für dich so einfach wie eine Zeitung?" Ich lachte ironisch und sie ebenfalls. „Ich sehe in deinen Augen mich Nefes" Es war so als nahm mir jemand mein Sauerstoff.
„Die Leere, diesen Verlust." Ich atmete tief ein und aus. Ich versuchte mich zu beruhigen. „Bitte lass uns das Thema beenden" Sie nickte. „Du blockierst-" „Yasemin Abla lütfen" Sie nickte und ich fuhr in die Stadt. Wir aßen erstmal etwas. Als ich die Rechnung bezahlen wollte, sah ich Korays Eltern. Die Mutter sah mich lächelnd an. „Nefes, wie geht es dir?" Sie sah zu Yasemin und begrüßte sie mit einem Lächeln. „Und du bist bestimmt die Mutter von Nefes" Als sie das sagte brich mein schon gebrochenes Herz, noch in weitere Teile. Wie konnte man etwas mehrmals brechen, was schon gebrochen war.

Sil BaştanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt