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Duygu

„Das Verzeihen fällt mir schwer, auch wenn ich daran zerbreche."

Es waren einige Stunden vergangen, dass wir uns von Selin verabschiedet hatten.
Burak und ich genossen die stillen Stunden miteinander. Wir waren immer noch in Bremen. Er hatte an einen schönen Ort geparkt, wo wir uns den schönen Sonnenuntergang angucken könnten.
Ich lehnte meine Kopf an seine Schulter. In der letzten Zeit war so viel geschehen, dass wir unsere Zweisamkeit so ruhig wie möglich verbrachten. Ich hatte ihn so vermisst. Burak war den Anforderungen seines Lebens gewachsen. Er wurde Vater, er versuchte es mir selten zu zeigen, er wusste manchmal selber nicht, wie er gewisse Sachen regeln sollte.
Der Gedanke an die Zukunft ermüdete ihn. Jedoch beschwerte er sich keine Sekunde. Er verlor keine Worte über seine Ängste. Nefes erzählte mir mal, dass er als kleines Kind schon seine Probleme immer alleine versuchte zu lösen.
Ich versuchte so gelassen wie möglich zu reagieren. Ich konnte ihn nur unterstützen wo ich konnte. Ich wollte ihn zu nichts drängen. Und genau, das schätzte er an mir.
Als ich etwas sagen wollte, unterbrach mich Burak. Er blickte mir tief in die Augen. „Ich fahre dich nach Hause. Es ist schon spät, okay?" Ich nickte und wir stiegen ins Auto. „Du fährst aber nicht den weiten Weg wieder zurück oder?", fragte ich Burak nach seinen Vorhaben. Er schüttelte seinen Kopf. „Nein Duygum, ich schlafe heute bei Nefes. Ich wollte sie anrufen um Bescheid zu sagen, aber kann sie nicht erreichen" zu Ende kling er sauer.  „Ich versuche es mal" ich nahm mein Handy raus und sah, das Savas mich angerufen hatte. War er in Deutschland? Leicht lächelte ich. Jedoch würde ich ihn später anrufen.
Ich rief Koray an. „Ja Duygu" als ich seine Stimme hörte, wusste ich, dass etwas verkehrt lief!
Nur ich durfte Burak das nicht anmerken lassen. Ich hatte manchmal keine Ahnung wie er auf gewisse Sachen reagierte. „Ist Nefes bei dir?", fragte ich. Ich hörte Burak belustigt sein. „Wann ist sie denn nicht bei ihm?" Hörte ich die Eifersucht. „Ja ist sie, wieso?" „Wieso klingst du so?", fragte ich. „Ich bin müde. Bist du schon Zuhause?" „Nein. Burak fährt mich gerade nach Hause. Er wollte heute bei Nefes schlafen" Ich hörte wie er mit Nefes redete. „Burak soll mich gleich anrufen, nach dem er dich gebracht hat", danach legte er auf.

„Du sollst Koray anrufen, nach dem du mich abgelassen hast", piepste ich. Er sah mich kurz an, nickte und konzentrierte sich auf die Fahrt. „Soll ich dich ablösen?", fragte ich. „Nein Duygum. Ich schaffe das", lächelnd sah ich aus dem Fenster.

Nach ungefähr zwei Stunden waren, hielt er vor dem Einfamilienhaus an. Die Lichter waren alle aus. Schlief meine Mutter schon? Vielleicht war sie auch bei meiner Schwester.
Burak wollte mit aussteigen, doch ich schüttelte meinen Kopf.

„Du musst nicht mit aussteigen", ich warf ihm ein Luftkuss zu und hörte wie er lachte.

„Seni seviyorum", hörte ich ihn rufen. „Bende Seni", sagte ich und lief weiter. Ich schloss die Tür auf und betrat das Haus. Es war niemand da. Ich dachte mir nicht viel dabei und ging ins Wohnzimmer.
Danach fiel mir ein, dass ich Savas noch anrufen musste.
Gerade wollte ich auf die grüne Taste zum Anrufen betätigen, klingelte es an der Tür.
Es war bestimmt meine Mutter oder Koray dachte ich.
Als ich die Tür öffnete war ich geschockt.

„Savas!" lief ich auf ihn zu und umarmte ihn. Er schlang ebenfalls seine Arme um mich. „Duygu", sagte er. Ich löste mich von ihm. „Komm rein, Deli!" (Du verrückter) „Wieso bin ich wieder verrückt?", fragte er. „Wieso sagst du nicht Bescheid?" Er zuckte mit seiner Schulter.
Viel hatte sich bei ihm optisch nicht geändert, ich hatte das Gefühl als wäre er noch viel kälter und distanzierter. Er versuchte es nur zu überspielen. Ich wünschte er würde über sein gebrochenes Herz reden. Das würde seiner Psyche so gut tun.
„Erzähl wie war dein Studium in Thailand?", fragte ich gespannt. „War gut. Ich konnte mich gut ablenken", sagte er. „Wie geht es dir?", fragte ich besorgt. Er verdrehte gespielt seine Augen. „Was?" schlug ich ihm auf die Schulter. „Ist die Psychologin Frau Yilmazer anwesend?", fragte er. „Ich habe nur gefragt wie es dir geht.", lachte ich. „Wo ist Koray? Ich habe eben mit ihm geredet, er war beschäftigt" „Er ist mit Nefes", sagte ich.
Ich sah ihn an. Seine tiefen Augenringen umrandeten sein Gesicht.
„Schläfst du nicht?", fragte ich. „Doch", er stand auf. „Ich gehe kurz eine rauchen", lief er zur Terrasse und ich nickte. „Hast du Hunger?" Er schüttelte seinen Kopf.
Wie konnte eine Trennung uns Menschen so verändern. Wieso fiel uns ein Hallo leichter als ein Auf Wiedersehen. Ich ging in die Küche und bereitete ihm trotzdem Essen vor.
„Wann kommt dein Bruder? Es ist schon spät" ich holte mein Handy raus.

„Was ist Duygu?", ging er ran. „Wie redest du? Wo ist Anne, wann kommst du? Hat Burak dich angerufen?", fragte ich sehr schnell. „Atme bitte und Nerv nicht" „Savas ist hier", sagte ich. „Wie unser Savas?" „kennen wir noch einen anderen?" Ich schüttelte meinen Kopf als er auflegte.

„Er kommt bestimmt gleich. Savas willst du schlafen?", er schüttelte sein Kopf. Er sah mich an. „Wie geht es dir? Macht dich Burak glücklich?" „Mir geht es gut, ellhamduillah. Es war in der letzten Zeit nur stressig. Mein Nefe Yasar ist auf die Welt gekommen und vor zwei Wochen Buraks Tochter.", erzählte ich ihm. Er fragte keine Sekunde nach Yeliz. Was ich auch als besser empfand. Denn ich hatte kein Kontakt mehr zu ihr. Was ich auch besser fand.
Ich hörte wie die Tür geöffnet wurde. „Savas! lan" Koray lief auf Savas zu und umarmte ihn. „Endlich bist du auch mal da", Koray sah ihn an. „Woher hätte ich es wissen sollen, dass du in Berlin bist?" Wieso war er so komisch?
Die beide setzten sich ins Wohnzimmer während ich die beiden einfach nur beobachtete und versuchte herauszufinden was sie von uns verheimlichten. Es war so sternenklar! Koray ging es gar nicht gut und er versuchte mit seinen nicht vorhanden Schauspielkünsten etwas vorzuspielen. Ich lief auf mein Zimmer und rief Nefes an. Sie hatte ihr Handy angeschaltet.

„Hey Duygu", ich ging gar nicht darauf ein. „Was ist los? Was verheimlicht ihr?"

Sil BaştanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt