Eiskalt erwisch

62 4 0
                                    

Mickey
Ich hatte in den letzten 6 Stunden viel Zeit zum nachdenken. Ich hatte mich wieder im Fabrikgebäude verkrochen, aber diesmal ohne Whiskey. Ich musste dringend aufhören meine Scheiße zu ertränken. Endlich wieder Klar im Kopf werden.
Ich sah meine Schwester an und sie erkannte was ich wissen wollte.
„Er liegt im künstlichen Koma und es kann Wochen dauern bis er wieder aufwacht. Und dann wissen sie nicht ob er jemals wieder der alte sein wird.“ Sagte sie und legte eine Hand auf meine „Du hast das richtige gemacht. Du brauchst dir keine Schuld geben. Wäre ich in deiner Situation, hätte ich ihn abgestochen wenn er sowas über Lip gesagt hätte. Verdammt Mickey, das hat er verdient.“ Sie sah mich immer noch an. Ich wusste nicht einmal mehr genau was er gesagt hatte. Etwas über ihn. Aber die Wut benebelte meine Sinne in diesem Moment. "Denkst du ich habe ein schlechtes Gewissen wegen diesem Penner " ich zog die Augenbrauen hoch und Mandy schüttelte den Kopf.
„Lip hat mit mir gesprochen.“ Sagte ich und sah auf meine Hand, die die Kippe hielt. FUCK stand da und ja, genau das traf es perfekt. „Hat er dir was gesagt?“ Fragte ich sie und sah sie an.
„Ja. Ich weiß von dem Telefonat.“
„Was soll ich tun Mandy? Was ist, wenn ich mich darauf einlasse und er mich wieder verletzt? Nochmal steh ich das nicht durch.“
„Ich kann dir nicht sagen, was du tun sollst Mick, aber ich weiß dass I… dass er das nicht gemacht hat um dir weh zu tun. Er wollte es richtig machen. Was für eine Zukunft hättet ihr gehabt? Ein Leben lang auf der Flucht vor der Militärpolizei? Abhauen nach Mexiko? Pässe fälschen? Ohne Familie in einem Land, dessen Sprache ihr nicht einmal versteht? Scheiße Mickey. Es war gut so wie er es gemacht hat. Du hättest ihn aufgehalten. Das wusste er. Deswegen hat er dich verlassen bevor er sich gestellt hat. Weil er es richtig machen wollte.“ Ich dachte lange über die Worte meiner Schwester nach. Ich sah ins leere. Mit den Handballen wischte ich mir die Tränen aus den Augen bevor sie größer wurden und meine Wangen runter liefen.
Drei Kippen später wurde mir klar, dass ich es nie aus seiner Sicht gesehen hatte. Verdammt er hatte mich verlassen. Ich war mir zwar nicht zu 100 Prozent sicher, aber ich vermutete, dass er mich genauso liebte wie ich ihn. Und er hatte mich verlassen, weil er unter diesen Umständen keine Zukunft für uns sah. Und er hatte recht. Zwei weitere Kippen später dachte ich darüber nach, wie schwer es gewesen sein muss, mich in diesem Motel zurück zu lassen, mir diesen Abschiedsbrief zu schreiben und zu gehen. Ich sah ihn vor mir. Wie er an diesem Tisch saß und unter Tränen diese Entscheidung traf. Tränen sammelten sich in meinen Augen. Ich zündete mir noch eine Kippe an. Während ich nachdachte schwieg Mandy.
„Warum hat er mir das nicht gesagt? In keinem der Briefe steht etwas darüber. Nur belanglose scheiße.“ Jetzt war ich traurig. Traurig darüber, dass ich so egoistisch war und dachte, nur mir würde es beschissen gehen. Ich wusste, dass es ihm ebenfalls beschissen ging.
„Er sagte, er wollte nicht, dass du traurig bist, wenn du seine Briefe liest.“ Lip stand in der Tür mit einer Kippe im Mund. Fuck. Er hatte mich eiskalt erwischt. Ich heulte wieder wie eine verschissene Pussy. Aber diesmal aus einem anderen Grund. Bisher hatte ich aus Verzweiflung geheult. Weil ich mir sicher war, dass ich ihn nie wieder sehen würde. Jetzt weinte ich, weil er sogar jetzt, wo er im Knast war, um mich besorgt war. Das bestätigte, dass er mich genauso liebte wie ich ihn. Gottverdammter Gallagher.

Love is a Battlefield... [Gallavich]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt