Softie

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Ian
„Mick?“ rief ich, als ich unter den Metallstangen der Tribüne durchtauchte. Ich hörte, wie irgendwo eine Dose zerdrückt wurde.
„Mickey?“
„Verpiss dich“ lallte ein betrunkener Mickey.
„Können wir reden?“
„Hab dir nichts zu sagen“ er starrte ins leere und setzte die Whiskeyflasche an.
„Mickey, bitte.“
„Verschwinde“ er zündete sich eine Zigarette an und blies den blauen Rauch in die Nacht.
„Mick. Es tut mir leid“
„Was genau Gallagher? Was genau tut dir leid? Ich finde es gibt da einige Dinge für die du dich entschuldigen könntest. Fangen wir vorne an. Wie wäre das?“ Er stand auf und lehnte sich an einen der Pfosten. Die Arme vor der Brust verschränkt und die Augen glasig vom Alkohol und den Tränen. „Lass uns an dem Punkt anfangen, als du mit diesem Perversen Kinderschänder gefickt hast, der dann auf mich geschossen hat. Weiter geht’s mit dem anderen perversen Penner mit dem du mich eifersüchtig machen wolltest und mit dem du mich erpresst hast, dich zu küssen. Auch da bin ich angeschossen worden. Ach lass mich nicht vergessen, dass ich im Knast war deswegen. Dann hast du mich dazu gebracht, verfickt nochmal verliebt zu sein in dich.“ Er schluckte und mir stiegen Tränen auf als mir klar wurde was er nun tat.
„Meine Gefühle zu zeigen. Dich zu lieben und als mein Dad uns erwischte. Heilige scheiße. Er hat mich fast tot geprügelt und ich wurde vor deinen Augen vergewaltigt. Vergewaltigt Ian. Von einer Hure, die mir auch noch ein Kind anhängen wollte. Fuck you. Du konntest nicht mal hinsehen. Du hast weg geschaut wie ein Feigling während sie auf meinem schlafen schwanz geritten ist. Du hast mich damit alleine gelassen. Ich hätte dich gebraucht, als ich durch diese Hölle gegangen bin. Aber weißt du was du gemacht hast? Scheiße, weißt du es noch? Du bist zu mir gekommen und hast dich lustig gemacht. Hast blöde Witze gerissen, darüber eine Hure zu heiraten. Ich soll zugeben dich zu lieben und schwul zu sein. Was ältere es gebracht? Ich hätte sie trotzdem heiraten müssen. Und an der Hochzeit. Die war toll. Wirklich der tollste Tag meines Lebens. Unter den Augen meines Vaters die Frau zu heiraten, die mich vergewaltigt hat und zu wissen, dass der Mann den ich liebe mich nicht unterstützt, weil er es nicht versteht. Weil er nicht versteht, dass ich es tun musste. Aber lass uns weiter machen. Unsere verfickte Love-Story geht weiter. Dann bist du nämlich abgehauen. Du hast mich sitzen lassen. Alleine. Alleine in diesem Drecksloch. Als dir dann eingefallen ist, dass du mich doch brauchst, hast du mich nach Colorado gelockt. Wie eine Ratte bin ich dir in die Falle gegangen. Du hast mich wieder verliebt gemacht. Mich wieder dazu gebracht meine scheiß Gefühle zu zeigen.“ Er nahm einen schluck vom Whiskey und schüttelte den Kopf. „Dann ist Ian Gallagher eingefallen, ‚is vielleicht doch nicht richtig‘ und hat sich wieder verpisst. Das zweite Mal. Hat mich wieder sitzen lassen. Das zweite Mal. Aber wir sind noch nicht am Ende angekommen. Nein. Er ist zurück gekommen. Hat ewige Liebe und den ganzen Bullshit geschworen und nach einer sehr harten Zeit seiner Krankheit, hat mir Ian Gallagher den schwulsten und kitschigsten Antrag der Welt gemacht. Und nach dem allen. Nach all der scheiße, die wir beide durch haben.“ Seine Stimme wurde immer lauter und er trat auf mich zu, bis er nur noch einige Zentimeter von mir entfernt war. „Nach all dem scheiß, macht er immer noch Witze über mich. Macht sich lustig über meine Gefühle und wünsche. Macht einen verfickten Witz über die Hochzeit mit meiner Vergewaltigerin die mein homophober Nazi Vater arrangiert hat, den ICH getötet hab wegen DIR! Und jetzt willst du dich entschuldigen? Jetzt? Für was genau Ian? Hm? Für was genau?“ die letzten Sätze schrie er. Ich begann zu weinen während er mich anschrieh und schließlich brach ich unter Tränen auf dem kalten Rasen zusammen.
Ich hatte mit vielem gerechnet. Damit, dass er mich ignorierte oder damit, dass er mich schlagen würde. Ich hätte es verdient. Aber er kam auf die Knie und umarmte mich. Er nahm mich in den Arm und tröstete mich.
Ich hatte seine Worte verdient. Jedes einzelne von diesen Worten war wahr. Aber trotzdem war er hier und tröstete mich.
Ich hatte meinen Kopf zwischen die Knie gelegt und weinte hemmungslos. Er nahm meinen Kopf in seine Hände und wischte mit den Daumen die Tränen zur Seite.
„Hey. Ian. Hör auf zu weinen. Du weißt, ich ertrage es nicht wenn du so traurig bist“
„Warum tröstest du mich wenn du mich so hasst?“
Er legte den Kopf schief und lächelte. Es schien als wäre er auf einen Schlag wieder nüchtern. „Ich hasse dich doch nicht. Ian, Ich liebe dich. Und ich kann nicht anders als dich zu trösten wenn du traurig bist. Es… es ist wie atmen… ich kann nicht damit aufhören. Ich kann und werde nicht damit aufhören mich um dich zu kümmern. Bis… naja… bis er Tod uns trennt.“
Wir sahen uns einige Augenblicke in die Augen bis ich begriff
„Dann… Dann machst du nicht Schluss?“
Mickey schüttelte den Kopf.
„Ich… ich hätte diese grauenvollen Dinge nicht sagen sollen. Tut mir leid. Ich… weiß nicht ob der Alkohol aus mir gesprochen hat“
„Nein Mick. Es… war gut… Ich hätte sonst nie… Ich hätte nie gewusst, wie du dich damit fühlst. Es… Wir haben nie darüber gesprochen“ ich sah zu Boden. Ich schämte mich. Ich schämte mich, dass ich Mickey auf so viele weisen und in so vielen Situationen so verletzt hatte.
„Wie kannst du mich noch lieben nach all dem?“ ich sah immer noch zu Boden. Mickey drehte sich und legte meinen Kopf in seinen Schoß. Ich weinte noch immer. Er strich mir sanft durchs Haar und begann leise zu erzählen.
„Als du damals in mein Zimmer gekommen bist du diese dumme Waffe wieder haben wolltest. Du lagst unter mir und wir haben uns kurz in die Augen geschaut. Weißt du noch?“ ich nickte „Es war, als würde mich das erste mal in meinem Leben jemand sehen. Wirklich sehen. In mich hinein. Durch die harte Schale, die ich mir aufgebaut habe. Als wir dann Sex hatten, konnte ich nicht genug bekommen. Aber es war nicht nur der Sex. Es war eher... Du. Es warst du, von dem ich nicht genug bekam. Ich war öfter im Laden, nur um dich zu sehen. Ich ließ mich oft von dir ficken, nur um in deiner Nähe zu sein und deine Berührungen zu spüren. Auch wenn sie damals noch nicht so intensiv waren wie heute, erreichten sie direkt mein inneres. Man klingt das schwul. Aber es war so. Dann kam ich in den Knast und du hast deine Hand an die Scheibe gelegt. Ich hab dich beschimpft und du hast wie ein idiot gegrinst.“ „Das war, als du dich in mich verliebt hast“ „Ja. Da hab ich mich in dich verliebt. Als ich raus kam war ich eifersüchtig. Auf alles und jeden der meinen Gallagher anfassen will.
Ich hatte nie vorher solche Gefühle. Es war alles neu für mich. Auch als du angefangen hast mit diesem ‚er hat keine Angst mich zu küssen‘. Ich war so aufgeregt. Nervös. Fuck. Aber ich wollte es. Ich wollte dich. Und ich wollte, dass du happy bist. Also hab ich es getan. Ich weiß noch, wie verdammt glücklich ich danach war. Ich hatte meinen ersten Kuss mit dir. Ich hatte alle ersten Male mit dir… wusstest du das?“ Er sah zu mir herab. Ich schüttelte den Kopf. „Meinen ersten Gay Sex, meinen ersten Kuss, mein erstes mal verliebt sein, meinen ersten liebeskummer“ er schluckte. „Aber unsere Geschichte kennst du ja. Was du nicht kennst, sind meine Gefühle. Ich war nie gut darin. Das weißt du. Also hör gut zu Gallagher, ich weiß nicht ob ich es nochmal so sagen kann und werde." Er sah mir in die Augen „Ian. Du bist die Liebe meines Lebens. Ich werde immer bei dir sein. Egal wie schwierig es wird oder wer sich uns in den Weg stellt. Ich bin hier. An deiner Seite. Und ich werde immer hier sein. Bis... bis zum Ende. Und verdammte scheiße. Ich will eine  verfickt schwule Disney-Prinzessinnen Hochzeit mit Blumen und Kuchen und kitschiger Musik und einem ‚Ja ich will‘ und einem Kuss vor all unseren Freunden und Familie. Und ich hab das verdient. Ich hab es verdient, weil ich der beste Freund war bis zu diesem Tag und ab dann, werde ich der beste Ehemann für dich sein." Er sah mir in die Augen und ich sah Tränen in seinen Augen "Also kannst du für einen Tag deine verfickte Angst zur Seite schieben und das für mich tun? Kannst du mich so heiraten wie ich es verdient habe? Wie wir beide es verdient haben?“
Ich setzte mich. Ich drehte mich um und sah ihn an. Er kannte mich so gut. Er wusste, dass ich Angst vor der Hochzeit hatte, bevor ich selbst es wusste. Und dann nahm er mir die Angst, einfach so. Er löste sie in Luft auf. Nur weil er mich ansah und mir sagte wie sehr er mich liebte. Ich nickte. „Natürlich Mick. Natürlich heirate ich dich wie eine fucking Disney Prinzessin. Ich kann nicht glauben, dass das wirklich aus deinem Mund kam. Du bist ein Softie.“ Ich grinste, dann lehnte ich mich zu ihm und küsste ihn.

Love is a Battlefield... [Gallavich]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt