Schwäche

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Ian
Ich… ich war wie gelähmt… Ich… kann es nicht anders beschreiben… Ich… hatte das nicht erwartet. Ich hatte es nicht kommen sehen. Ich… Scheiße. Mir stiegen Tränen in die Augen. Ich war… traurig… wütend… verwirrt… alles zur selben zeit. Ich dachte wir wären füreinander da… Ich dachte wir passen aufeinander auf und… helfen uns gegenseitig… aber… was war das? Das war doch nicht Mickey. Ich wusste er brauchte jetzt Zeit. Aber ich dachte wir könnten diese Zeit zusammen durchstehen. Ich dachte…

Ich bog in unsere Straße ein und sah, dass Lip und Mandy aus dem Haus stürmten. Mandy verzog das Gesicht und Lip sah besorgt aus. „Was ist los?“ rief ich aus etwas Entfernung, während ich auf das Haus zulief. „Es geht los“ sagte Lip knapp und setzte Mandy auf den Rücksitz. Sofort stieg ich auf den Beifahrersitz und Lip schoss mit einer Wahnsinnes Geschwindigkeit Richtung Krankenhaus. „Willst du uns umbringen?“ schie Mandy unter Schmerzen zu Lip nach vorne. Er sagte keinen Ton. Ich versuchte Mickey anzurufen. Natürlich die Mailbox. Ich sprach ihm darauf und schon waren wir an der Notaufnahme. Schwestern eilten uns mit einem Rollstuhl entgegen und fuhren sie in ein Zimmer. Ich blieb draußen stehen und brauchte einen Moment um die Hektik zu verarbeiten. Ich setzte mich und versuchte nochmal Mickey zu erreichen. Ich hörte Mandy aus dem Zimmer schreien und kurz darauf kam Lip heraus. Er setzte sich neben mich „Fuck. Die Schwester sagte, es kann noch Stunden dauern. Wie geht’s Mickey?“ fragte er und mir stiegen wieder Tränen auf. Ich konnte es immer noch nicht fassen, dass er mich weg geschickt hat und mir diese Sachen an den Kopf geworfen hatte. Er hatte es nicht so gemein, dass wusste ich, trotzdem tat es weh… Ich zuckte die Schultern und mein Bruder sah, dass es mir schlecht ging. Er legte eine Hand über meine Schulter. „Er kriegt sich wieder ein. Das tut er immer.“ Sagte er beruhigend. Ich hörte Mandy wieder schreien. „Geh zu deiner Frau“ sagte ich und lächelte ihn mit Tränen in den Augen an. Er nickte. „Hoffentlich bald“ sagte er und zog eine kleine Dose aus der Hosentasche. Er öffnete sie und ich sah einen silbernen Ring darin. Schlicht aber sehr schön. „Lip!“ brachte ich nur hervor. Er grinste. „Glaubst du er gefällt ihr?“ ich nahm ihm die Dose aus der Hand und betrachtete den Ring genauer. „Ja. Er wird ihr gefallen“ sagte ich und war mir sehr sicher. „Ian, willst du vielleicht. Wirst du mein…“ er sprach den Satz noch nicht zu ende und ich fiel ihm schon um den Hals. „Klar werd ich dein Trauzeuge!“ und grinste. Mandy schrie wieder. „Jetzt verpiss dich, sonst reißt sie dir den Kopf ab“ sagte ich und lächelte. „Danke man.“ Sagte er und verschwand durch die Tür. Shit. Es war ziemlich viel für den Moment. Mickey wollte Abstand, Mandy bekam gerade ein Kind und Lip wollte heiraten. Fuck. Und da war auch noch das mit seiner Mum… in mir machte sich ein ekliges Gefühl breit. Das eklige Gefühl einer verfickten Depression. Nicht schon wieder. Es war zwar erst 3 Stunden her, dass ich eine Tablette genommen hatte, aber ich musste durchhalten. Für meine Familie. Für Mickey, Mandy und Lip. Sie hatten alle keinen Kopf um sich auch noch Sorgen um mich zu machen. Ich zog meine Tabletten aus der Tasche und holte mir Wasser aus dem Wasserspender.
Etwa eine Stunde später ging es mir besser. Lip trat aus der Tür und sah fix und fertig aus. „Hey, alles gut?“ Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Ja, sie will dass du rein gehst. Dann kann ich mal kurz Pause machen.“ „sicher.“ Sagte ich und stand auf. Ich ging durch die Tür und sah Mandy mit einem Krankenhaushemd im Bett liegen. „Ian“ sagte sie schwach. Ich trat an ihr Bett und hielt ihre Hand. Dann schrie sie und drückte meine Hand so fest, dass ich dachte sie würde sie brechen. „Verdammte scheiße“ sagte ich als die Wehe vorbei war. „Halt die Klappe, und hör mir zu“ sagte sie außer Atem. Ich nickte. „Er meint das nicht so. Mickey liebt dich. Er wusste nicht was er sagt. Wir mussten als Kinder alles mit uns selbst ausmachen. Als Mom ging, gab es niemanden, der uns gezeigt hat wie man mit Trauer oder so nem scheiß umgeht. Mickey hat alles was er weiß von Iggy gelernt. Iggy hat ihm alles gezeigt was er von unserer Mom wusste. Dad war alles scheiß egal. Ich weiß alles von Mickey. Ich weiß wie er trauert. Er liebt dich und braucht dich. Geh zu ihm Ian… vermutlich hat er dir verfickte scheiße an den Kopf geworfen oder?“ ich sah zu Boden und nickte. Es tat weh daran zu denken. „Er meint es nicht so. Er hat Angst schwach auszusehen und will es vor dir verstecken.“ Vor mir verstecken? Vor mir, der vor kurzem eine verfickte Depression hinter sich hat? Vor Mir? Dem Kerl, den er gewaschen und gefüttert hat? Er will seine Schwäche verstecken? Ich wurde ein kleines bisschen sauer. Dann schrie sie wieder und quetschte meine Hand. Als es vorbei war sprach sie weiter „Geh zu ihm Ian. Er liebt dich. Er braucht dich. Pass auf ihn auf. Lass dich nicht abwimmeln.“ Sagte sie. Ich nickte und sah sie an. „Aber erst, wenn die Prinzessin raus ist“ Sagte ich und lächelte. Sie lächelte ebenfalls. Lip kam mit einem Kaffee in der Hand zurück. Sie zwinkerte mir zu während er die Tür schloss. Zuerst wusste ich nicht wieso, dann schrie sie ihn an „Ach das Arschloch von Vater hat sich einen Kaffee geholt während ich hier dein Balg aus meiner Fotze drücke!“ Die Schwester sah entschuldigend zu Lip „Das sind die Hormone Mr. Gallagher“ ich konnte mir ein grinsen nicht verkneifen. Sie sah mich wütend an „und du! Verpiss dich und such meinen bescheuerten Bruder und klärt das! Ihr gehört zusammen verdammt! Ich lieg hier bestimmt noch Stunden!“ Ich sah sie an und grinste. Die Schwester nickte „mindestens noch 6… wenn nicht sogar mehr…“ Ich stand auf und warf Mandy einen Luftkuss zu. Sie zeigte mir den Mittelfinger und ich ging aus der Tür.
Ich versuchte Mickey nochmal anzurufen während ich den langen Gang entlangging, auf den Ausgang zu. Mailbox. Ich sah gerade vom Handy auf, als ich ihn sah. Er joggte auf mich zu und ich lief ebenfalls los. „Du blöder Arsch“ Sagte ich und blieb kurz vor ihm stehen. Er sah schuldbewusst zu Boden. „Was zum Teufel sollte das hm? Du willst keine Schwäche zeigen? Fick dich Mickey.“ Meine Stimme wurde lauter und ich wurde wütender. Er sagte nichts „du willst keine verfickte Schwäche zeigen? Ich lag tagelang im Bett und hab meinen Arsch von dir waschen lassen. DAS IST SCHWÄCHE!“ jetzt schrie ich fast. „Ich bin dein verfickter Partner. Scheiße Mickey. Kapier endlich was das bedeutet. In guten und in schlechten zeiten“ ich wurde wieder etwas ruhiger. Beim letzten Satz sah er mich an. „Scheiße war das ein Antrag?“ Fragte er und grinste. Ich schluckte als ich die Macht meiner Worte realisierte. „Ich will dir nur erklären, dass man dem Partner jede Verdammte Seite zeigen kann. Die Starke, die Schwache, die kranke, die gesunde…“ Ich wurde ganz ruhig und trat einen Schritt auf ihn zu. Er nahm meine Hand und sah mich an. Er hob den Kopf und ich sah, dass er geweint hatte. „Glückwunsch Gallagher. Du kennst jetzt meine schwache Seite“ er lächelte.
"Und was zum Teufel is daran so schlimm?"

Ich hatte ihn wieder. Ich wusste es. Er brauchte nichts weiter zu sagen und ich musste es ebenfalls nicht.
Ich strich ihm über die Wange und legte meine Hand in seinen Nacken. Ich zog ihn zu mir heran und küsste ihn. Sehr vorsichtig öffnete er den Mund und unsere Zungen berührten sich. Es war, als wäre die Luft zwischen uns elektrisiert und die Welt hörte sich auf zu drehen. Es war ein sehr ruhiger Kuss. Kein brennendes Verlangen, sondern eher stumme Entschuldigungen die ausgetauscht wurden. Trotzdem spürte ich seine Liebe. Meine Schmetterlinge waren wieder da, als er mich an der Hüfte an sich zog und festhielt. Verdammt wie liebte ich diesen Kerl.

Love is a Battlefield... [Gallavich]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt