Rache

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Ian
Ich sah aus dem Augenwinkel, wie Mandy zur Tür ging. Ich sah Mickey an. Er stand da wie eingefroren. Starrte ins leere und bewegte sich nicht. Ich stand auf und nahm ihn bei den Schultern „Mick?“ flüsterte ich, doch er sah an mir vorbei zur Tür.
„Hilft mir mal einer? Er ist verdammt schwer.“ rief Mandy und Lip sprang auf.
Ich drehte mich nicht um. Ich sah nur ihn an. Versuchte zu erraten, was er dachte. Machte es ihm wirklich so viel aus, wie ich vermutete? Oder spielte er es wieder runter? Mickey hat ihn nie im Krankenhaus besucht.
„Mick?“ versuchte ich es nochmal. Er starrte weiter an mir vorbei. Er legte die Gabel hin und schob mich mit seiner Hand langsam zur Seite. Er ging auf ihn zu. Terry war an einen Rollstuhl mit langer Rückenlehne gegurtet. Die Arme an den Lehnen befestigt und die Beine an die Halterungen gebunden. Mickey sagte kein Wort und setzte sich in den blauen Sessel gegenüber. Er saß da und starrte seinen Vater an. Alle im Raum hielten die Luft an und warteten was passieren würde.

Mandy
Dieser scheiß verfluchte Bastard wog etwa eine Tonne und nachdem wir ihn die Treppe hoch gezerrt hatten und ins Wohnzimmer rollten war ich außer Atem. „Sieh mal Dad, da ist dein schwuler Sohn mit seinem Freund und das hier, ist mein Baby-Daddy“ mir gefiel es, ihn zu provozieren, ohne dass ich dafür Prügel kassieren würde. Es war ein klein bisschen Rache für die beschissene Kindheit die wir dank ihm hatten.
„Mandy“ sagte Ian warnend, als Mick sich an ihm vorbeischob. Es war, als würde für einen Augenblick jeder im Raum die Luft anhalten. Terry eingeschlossen. Ich sah erst meinem Bruder in die Augen, dann Terry. Hatte er Angst? Angst vor seinem eigenen Sohn? Mickeys Augen waren erst erfüllt mit Hass, dann eiskalt, dann schuldbewusst. Es war als würden sich binnen Sekunden tausend Gefühle auf seinem Gesicht abspielen und sich tausend Gedanken in seinem Kopf drehen.
Verfickte Scheiße, ich war im falschen Film.
Mickey setzte sich in den Sessel gegenüber des Rollstuhls und sah unseren Vater an. Den Mann, der uns über Jahre hinweg tyrannisiert, geschlagen und gequält hatte. Der Mann, der dafür verantwortlich war, dass wir alle so verkorkst waren. Der Mann, der uns kein bisschen Glück im Leben gönnen würde.
Mickey sah ihn nur an. Plötzlich begann er zu lachen. Irgendwie hysterisch. Als hätte ein Obdachloser im Lotto gewonnen und könnte es nicht glauben. Ich war verwirrt und gleichzeitig war das Lachen meines Bruders beängstigend. Als würde er jeden Moment durchdrehen.

Lip
Seltsam war das. Irgendwie fühlte ich mich, als würde ich nicht dazu gehören. Als sähe ich es im Fernsehen. Eine Komödie mit dem Titel: ‚Homophober Tyrannen Vater wird von Sohn verprügelt und muss nach Schädel-Hirn-Trauma von ihm und seinem Partner gepflegt werden‘
Wird sich sicher gut verkaufen….
Mickey saß auf dem abgeranzten Sessel seinem Vater gegenüber und lachte. Schadenfreude? Oder versuchte er etwas zu überspielen? Angst? Ein schlechtes Gewissen? Jeder von uns war still und sofort bereit ihn in Schach zu halten, wenn er ausflippen würde.
„Man, das hätt ich im Leben nicht gedacht, dass ich diesen Wichser so sehen würde.“ Lachte Mickey. Irgendwie hatte ich das Gefühl als würde sich die Stimmung jeden Augenblick drehen. Mickey zündete sich eine Kippe an und lächelte noch immer. „Na Dad, wie geht es dir? Ich möchte dir jemanden vorstellen. Warte hier. Nicht weglaufen, ja?“ er lachte wieder als er aufstand, herumwirbelte und Ian am Handgelenk mitzog. Irgendwie... aufgedreht... er erinnerte mich ein bisschen an Monica in den manischen Phasen der bipolaren Störung. Impulsiv. Selbstzerstörerisch. Verrückt.

„Das Daddy, ist mein Freund Ian.“ Er lachte immernoch halb und drückte meinem Bruder einen Kuss auf die Wange.
"Stell dir vor Dad, wir treiben es in deinem Haus. Er gibt es mir hart und gut und ich liebe es!" Rief er fröhlich und sein Gesicht und grinste dabei. Verrückt. Mickey war verrückt.

Plötzlich kippte die Stimmung als Ian sagte „Mick, findest du nicht…“

Love is a Battlefield... [Gallavich]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt