Wahr

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Ian
Wir kamen gerade zu Hause an, als wir Mandy und Lip knutschend im Auto erwischten. Ich klopfte mit der flachen Hand an die Scheibe und Mandy erschrak sich. Sie öffnete die Tür so schwungvoll, dass sie sie mir gegen die Seite rammte. Sie stieg aus und boxte mich gegen die Schulter. Mickey öffnete die Tür und Lip, Mandy und ich gingen hinein. Wir setzten uns aufs Sofa und Mickey holte 4 Dosen Bier. Er verteilte sie und setzte sich neben mir auf die Lehne. „Wie geht’s dem Arsch?“ fragte er und versuchte gleichgültig zu klingen. „Der is nur noch Gemüse. Sabbert und pinkelt in ne Windel.“ Sagte Lip und nahm einen Schluck. Mickey zündete sich eine Kippe an. „Er darf nächste Woche nach Hause. Aber er muss betreut werden. Der Arzt sagte, dass er vom Hals abwärts gelähmt ist. Er kann nicht mal reden.“ Sagte Mandy und stellte die geschlossene Dose wieder auf den Tisch. Mickey reichte mir seine Kippe und ich zog daran. „Weiß er denn was passiert ist? Also Gedächtnisverlust oder sowas?“ fragte ich und reichte die Kippe meinem Bruder. „Er weiß alles. Aber was solls? Er kann dir nichts anhaben, Mickey. Ich hab ihm erzählt, dass ich euch jeden Abend höre.“ Sagte sie und grinste. Lip reichte mir wieder die Kippe und ich rauchte sie fertig. Ich musste lachen. „Du hast Terry gesagt, dass wir in seinem Haus ficken?“ „Scheiße, das Gesicht hätte ich gerne gesehen.“ Sagte Mickey und lachte ebenfalls.
„Was ist eigentlich mit deinem Gesicht?“ fragte mich mein Bruder.
Ich grinste „bin von nem Mädchen verprügelt worden.“ Mickey kickte mir gegen den Fuß und wir alle lachten.
Mickey stand auf „komm hübscher, wir haben noch was vor.“ Sagte er und ging in richtung seines Zimmers.
„Aber bitte nicht so laut, Ja?“ rief Lip uns hinterher und ich zeigte ihm den Mittelfinger.
„Was haben wir vor?“ fragte ich, als er zwei Hemden aus dem Schrank holte. Er warf mir eins zu und zog sein T-Shirt aus. Er ging ins Bad und wusch sich das Gesicht und die Hände. Ich ging ihm nach und wusch ebenfalls das getrocknete Blut vom Gesicht. „Tut ganz schön weh.“ Sagte ich, als ich meine Nase berührte. „Pussy“ sagte Mickey und schlug mir auf den Arsch. Ich grinste und zog das Hemd an. Als ich fertig war, nahm Mickey seine Brieftasche und steckte aus der Geldtasche von heute Nachmittag ein paar Mäuse ein. Ich wusste gar nicht, dass er eine Brieftasche hatte. „Mickey, was machen wir?“ fragte ich und blieb in der Tür stehen. „Wir stellen scheiß an, Gallagher. Hab ich doch gesagt.“ Er zog sein Hemd hoch und drehte sich einmal. „Auch ganz ohne Waffen, du Pussy.“ Er kam näher und legte seine Hand an meinen Nacken. Er küsste mich schnell und sagte dann „Fertig? Sonst kommen wir zu spät.“ „Ja, wir können los“ Sagte ich und wir gingen zur Haustür. Wir sahen Mandy und Lip auf dem Sofa knutschen. „Nehmt euch ein Zimmer, heteros sind ja sooo eklig“ sagte ich und versuchte dabei so schwul wie möglich zu klingen. Die beiden lachten. Mickey verzog nur das Gesicht. Als wir zur Tür raus waren sagte er „Redest du nochmal so schwul, reiß ich dir deine Eier ab, verstanden?“ „Was genau meinst du baby? Hahaha“ sagte ich und knickte meine Hand in der Luft ab. Er drehte sich um. „Du willst also doch, dass ich dir die Nase breche?“
Ich liebte es wenn er sich aufregte. Ich sagte nichts und grinste ihn an. Ich musste aufhören, sonst würde es so enden, wie heute nachmittag. „Ich liebe es, wenn ich dich auf die Palme bringen kann“ sagte ich und legte ihm einen Arm über die Schulter. Er legte sie mir um die Mitte und wir gingen die Straße runter „Fuck you.“ Sagte er und wir lachten.
Als wir aus der Bahn ausstiegen, führte er mich durch die Straßen. Als wir die Southside verließen, merkte man das. Die Straßen waren in besserem Zustand und man hörte keine Sirenen mehr. Auch die Menschen in diesem Viertel waren gepflegter und sahen weniger nach Junkies aus. „Sind wir in der Westside?“ fragte ich. Er zuckte die Schultern. Wir bogen um die Ecke und ich sah ein kleines Restaurant. Ein Italiener? Nein, ein Mexikaner. Er ging vor mir rein und flüsterte dem Kellner was ins Ohr. Er drückte ihm einen Schein in die Hand und der Kellner führte uns zu einem kleinen Tisch im hinteren Teil des Restaurants. Wir setzten uns und der Kellner wollte wissen welchen Wein wir haben wollten „einen roten, würde ich sagen.“ Sagte Mickey toternst und ich musste schmunzeln. Auch der Kellner schmunzelte und ging wieder. „Hat der Wichser mich ausgelacht?“ Fragte er mich und sah, dass ich auch lächelte. Er sah wieder in seine Karte.
Als der Kellner den Rotwein brachte sagte ich „Ich nehm das Steak mit Bohnen.“ und schloss die Karte. „Zwei Mal, bitte“ sagte Mickey. Der Kellner nahm die Karten und verschwand.
„Scheiße Mickey, was machen wir hier?“ fragte ich ungläubig.
„Abgedrehter scheiß, oder? Die sehen aus wie Pinguine mit ihren komischen Anzügen.“ Sagte er und lachte.
„Mick, was machen wir hier?“ fragte ich mit Nachdruck.
Er sah mich an und nahm einen großen Schluck aus seinem Weinglas. „Der is echt gut, probier mal.“
„Mickey Milkovich, der seinen schwulen Freund in ein schickes Mexikanisches Restaurant in der West Side ausführt?“
Das klang wie ein schlechter Witz und es hätte mir wahrscheinlich auch niemand geglaubt, wenn er es nicht selbst gesehen hätte.
„Jetz entspann dich Ian und sei nicht so gestresst. Wir futtern jetzt und dann hab ich noch was vor mit dir.“ Sagte er, biss von einem Cressini ab und zwinkerte. Ich lächelte halb und versuchte mich zu entspannen.
Der Kellner brachte die Bestellung und wir begannen zu essen. Es schmeckte einfach nur super. Immer wenn ich aufsah, musste ich schmunzeln. Mickey passte überhaupt nicht in dieses Bild. Als hätte man einen kriminellen Prolet mit einem FUCK U-UP Tattoo auf den Fingern in ein schickes Restaurant gesetzt.
Er nahm einen weiteren schluck von seinem Wein, rülpste und haute sich auf den Bauch. „Scheiße, war das lecker.“ Sagte er und als er mein Gesicht sah, sagte er schnell „Ich… scheiße, du weißt, dass ich keine Manieren oder sowas hab. Sorry.“
„Schon okay“ antwortete ich und der Kellner räumte die Teller ab. Ich wusste ja wie er war und ich hatte mich ja so in ihn verliebt. Ich zog einen Mundwinkel nach oben, als ich daran dachte, wie ich mich in ihn verliebt hatte.
„Ian, ich…“ er verstummte wieder. Aus meinen Gedanken gerissen sah ich ihn an. Er hatte sich nach vorne gebeugt und eine Hand ausgestreckt. Er wollte sie wieder zurückziehen, aber ich ergriff sie. Er starrte auf unsere Hände und ich streichelte das F auf seinem Zeigefinger. Wir beide sagten nichts und sahen auf unsere Hände. Ich war glücklich. Scheiße Ja, ich war glücklich. Mit diesem Arsch an meiner Seite war ich glücklich.
Er versuchte es nochmal. „Ian, ich hab mir Gedanken gemacht…“ er schwieg wieder. Ich wusste, ich konnte ihn nicht ansehen, denn dann würde er nicht weiter sprechen. „Ich ähm… naja… also… wir haben das ja noch nie so richtig… seit du wieder da bist, haben wir nie so richtig darüber gesprochen…“ er atmete tief aus und ich merkte, wie aufgeregt er war. „Ian, scheiße.... ähm... möchtest du mein fester Freund sein?“ Er atmete wieder tief aus. Jetzt schaute ich auf. Ich sah ihn an und bemerkte wie ein Lächeln um seine Lippen spielte. Er sah immernoch auf unsere Hände. Mittlerweile hielten seine beiden, meine beiden fest. Er wartete auf eine Antwort. Sollte ich ihn schmoren lassen?
„Mickey“ sagte ich und wollte, dass er mich ansah. Dann tat er es.
„Verdammt. Was denkst du denn? Natürlich. Ich dachte das hatte sich längst geklärt, als wir am Baseballfeld waren.“ Sagte ich und lächelte. Er lächelte auch.
„Aber jetzt mal ehrlich Mick, warum hast du uns hier her geschleppt? War das alles? Oder kommt da noch mehr?“ fragte ich und hielt seine Hände fest.
„Scheiße, Gallagher du kennst mich wirklich oder?“ fragte er und ich sah, wie nervös er immer noch war. Er atmete wieder durch den Mund aus und sah auf unsere Hände. Er ließ eine los und griff in seine Hosentasche. Er legte mir etwas in meine Hand und es dauerte eine Weile, bis mein Gehirn hinterher kam. „Jetzt wo wir Partner sind, wollte ich, dass es jeder sieht.“ Sagte er, zog seine Hände zurück und verschränkte die Arme. Er atmete nochmal aus und begann mit dem Fuß zu tippen. Ich starrte das kleine Stück Metall an. „Shit Mick, ist das ein…“ „Nein verdammt. Dafür wär es ziemlich früh oder? Scheiße, das ist halt einfach ein verfickter Ring, der zeigt, dass du vergeben bist.“ Er biss sich auf die Unterlippe. „Fuck, willst du ihn nicht? Scheiße, das war ne dumme Idee. Gib her, dann tausch ich ihn um.“ Sagte er schnell und wollte mir den Ring aus den Fingern reißen. „Scheiße, halts Maul Milkovich. Natürlich will ich das verdammte Teil.“ Sagte ich und grinste. Ich probierte ihn. Er passte. Er nahm die Hand mit dem Ring und Strich darüber. Er zog die Augenbrauen zusammen und dachte angestrengt nach „Ich liebe dich“ sagte er als wäre das eine Tatsache. Und das machte es wahr. Das was wir hatten war wahr und echt und gut. Und es fühlte sich an, als könnte uns nichts trennen.

Love is a Battlefield... [Gallavich]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt