Kampf mit den Tränen

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Mickey
Ich musst raus. Ich musste aus diesem Haus. Ich saß auf der Treppe. Ich… was… Ich… Fuck. Ich konnte nicht denken. Ich merkte, wie mir die Tränen aufstiegen. Ich versuchte sie zurück zu halten. Ich zündete mir eine Kippe an. Ich atmete tief ein und wieder aus. Ich würde keine Träne für den Wichser vergießen. Nein. Es war nur… ach Fuck… diese Entschuldigung von ihm ging mitten ins Herz… Scheiße. Auf so einen Mist wartete ich schon mein halbes Leben. Dass er zugibt ein scheiß Vater zu sein. Dass er zugibt ein Arschloch zu sein. Dass es ihm verfickt nochmal leid tut. Seit ich mich erinnern kann war meine Kindheit ein einziger Haufen scheiße. Seit Mandy im richtigen Alter war verwechselte Terry sie mit unserer Mom wenn er zu viel getrunken hatte. Seit ich eine Waffe halten konnte hab ich versucht sie zu beschützen. Die einzige schöne Zeit die wir je hatten waren 2 Wochen bei Pflegeeltern. Neue Klamotten, warme Badewannen, regelmäßige Mahlzeiten und abends eine Gute Nacht Geschichte. Dann kam Terry aus dem Knast und der aggressive scheiß ging von vorne los. Ich hatte mich nie so wertlos gefühlt wie in meiner Kindheit. Terry sagte immer was für ein schlechter Sohn ich sei und ich würde nie so gut im familienbussines sein wie Iggy.

Ich hörte hinter mir die Tür aufgehen. Ian setzte sich neben mich und schenkte uns in zwei Tassen einen Whiskey ein. Er reichte mir eine und stellte die Flasche auf die Stufe unter uns. Ich nahm einen Schluck und schenkte nach. Er legte einen Arm um mich. Mir kamen wieder die Tränen und ich versuchte mit aller Macht sie zu unterdrücken. Er legte seine Hand in meinen Nacken und drückte etwas. Ich sah zur Seite und atmete „geht’s?“ Ich nickte. „Mein Beileid“ flüsterte er leise. Dann konnte ich es nicht mehr halten. Er zog mich zu sich ran und ich vergrub meinen Kopf an seiner Brust. Ich war traurig… und wütend… fuck… wütend auf mich selbst, dass ich wegen diesem Arschloch heulte wie eine Pussy. Fuck.
Ian küsste mich auf die Haare und blieb noch eine ganze Weile so. Er sagte nichts. Er wartete bis ich mich beruhigt hatte. Er hielt mich fest und war da. Einfach nur da. Fuck, was hatte ich für ein Glück. Durch ihn konnte ich diese gewalttätige Kindheit einfach vergessen. Durch ihn fühlte ich mich wertvoll.
Irgendwann hatte ich mich beruhigt und wollte keine Tränen mehr für ihn verschwenden. Wir blieben so sitzen. Ian strich mir beruhigend über den Kopf und den Rücken. „Scheiße, danke man.“ Sagte ich und hob meinen Kopf. Ich leerte meinen Whiskey und stand auf. Ich war steif vom langen Sitzen und streckte meine Knochen. Ich wischte mir die restlichen Tränen aus den Augen und sah Ian an. Auch er hatte geweint. Ich beugte mich zu ihm runter und drückte ihm einen Kuss aufs Haar. Er lächelte leicht und ich ging zurück ins Haus.
Mandy saß auf dem Sofa und hatte das Gesicht in die Hände gelegt. Lip saß auf der Lehne und hatte einen Arm um sie. Sie sah auf, als sie uns hörte. Sie hatte rote Augen vom weinen. Mandy stand langsam auf und kam um den Tisch herum auf mich zu. Sie umarmte mich und ich kämpfte wieder mit den Tränen. Shit. Dieser Arsch war wirklich tot.

Love is a Battlefield... [Gallavich]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt