Eingesperrt

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Wir betraten den ehemaligen Speisesaal. Zu meiner Verwunderung gab es nicht viele kleine Tische, sondern einen riesig großen in der Mitte des Raumes.
Auf dem Tisch standen eingestaubtes, mit Spinnenweben verhangenes Geschirr.

>Es sieht so aus, als wenn hier zuletzt irgend eine Feier stattgefunden hätte und dann alle einfach abrupt weg mussten. Dahinten ist auch noch das halbe Buffet< erklärte Jonas und deutete um eine Ecke herum.
>Ich hätte ein anderes Kleid anziehen sollen, dass hätte so hübsche Fotos hier gegeben< hörte ich Quinn jammern, als sie um eben diese Ecke bog.
>Aber bislang gibt es keine Erklärung für die Spuren da draußen< stellte Max fest.
>Können wir nicht einfach wieder gehen?< warf ich in die Runde ein. Ich fühlte mich unwohl, hatte das Gefühl angestarrt zu werden, obwohl hier niemand außer uns zu sein schien.
>Im Eingangsbereich waren die Spuren nicht mehr zu sehen, du hast recht Max< ignorierte mich Jonas einfach.
>Warum sehen wir uns nicht in den Zimmern um? Vielleicht hängt für Quinn noch irgend wo ein passendes Kleid< feixte Max. Worauf Quinn ihm die Zunge raus streckte.

Wieder lief ich den dreien hinterher, zurück zum Empfang.
Quinn versuchte den alten Flügel zu filmen, während Jonas und Max einige der Schlüssel vom Board nahmen. Mein Bauchgefühl fühlte sich zunehmend schlechter an, ich sah zur Tür.
Sie war noch immer geöffnet, ob ich einfach gehen sollte?

>Zimmer 23, das passt doch zum 23. Geburtstag oder Liv?< ich drehte mich zu Jonas, der einen verrosteten Schlüssel hochhielt.
Im gleichen Moment knallte es hinter mir. Erschrocken wirbelte ich zur Tür herum.

Sie war zu.

Instinktiv machte ich einen Schritt nach vorne, umfasst die Klinke und versuchte die Tür zu öffnen. Wieder und wieder drückte ich die Klinke nach unten und rüttelte an der Tür. Sie war verschlossen.
Das Blut rauschte durch meine Ohren.
>Die Tür ist zu< keuchte ich und zog mit aller kraft an ihr, um sie vielleicht doch noch auf zu bekommen.

Mich umgab eine beängstigende Stille.

Langsam drehte ich mich um. Quinn, Max und Jonas waren nirgends zu sehen. Aber mit ihnen war auch all der Staub und Dreck verschwunden. Der Flügel glänzte schwarz und das Gemälde darüber hatte wieder klar erkennbare Farben.
Es war als wäre ich in der Zeit zurück gereist, was keinen Sinn ergab, sowas ging nicht.
War das Hotel zusammen gestürzt und ich hatte mich am Kopf verletzt? Das würde das hier vielleicht erklären.
Meine Hand glitt an meinen Kopf, doch ich schien nicht verletzt zu sein.

Ich öffnete meinen Mund, um nach meinen Freunden zu rufen, doch stattdessen entwich mir ein so lauter Schrei, dass mein Hals schmerzte.
Oben an der Treppe stand wieder die Gestalt, das Gesicht unter dem Hut verborgen. Entspannt auf das Geländer gestützt schien er mich zu beobachten.
Mein nächster Impuls war es noch heftiger als zuvor, an dieser gott verdammten Tür zu rütteln. Doch sie ging einfach nicht auf.

>LASS MICH HIER RAUS!< schrie ich und drehte mich wieder zu dem Fremden. Meine Brustkorb bebte, so heftig atmete ich ein und aus.
>Bitte< fügte ich flehend hinzu. In meinen Augen sammelten sich erste Tränen.
>Lass mich zu meinen Freunden, bitte< ich versuchte mich zu kontrollieren, nicht den verstand zu verlieren. Doch die Person dort oben bewegte sich kein Stück. Der graue Mantel war das einzige das sich etwas bewegte.
>WAS ZUR HÖLLE WILLST DU?< schrie ich ihn verzweifelt an. Tränen liefen mir die Wangen runter.

>Ich kann dich nicht zu deinen Freunden lassen< die dunkle Stimme des Fremden ließ mich zusammen zucken. Noch immer verharrte er in seiner Position dort oben.

>W...w...warum nicht?< stammelte ich. Ich verzichtete auf die einzige Frage die in meinem Kopf rum schwirrte. Würde er mich umbringen?

Secret desire | Eine Julien Bam FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt