Getrennt und wieder vereint

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Wir gingen immer tiefer in den Tempel hinein. Zeke vor uns, Ruhn hinter uns. Ob Fips oder ich mehr Angst hatte, konnte ich nicht beurteilen. Zumindest machte er einen nicht so sicheren Eindruck wie die anderen beiden.

Auf einmal schoss etwas aus der Dunkelheit auf uns zu. Fips fiel und wurde in das schwarze Nichts gezogen.
>FIPS< schrie ich panisch, doch es war nichts von ihm zu hören.

Der Wind heulte durch die Ruinen des Tempels der verlorenen Träume. Alles um uns herum schien plötzlich in Bewegung zu sein. Vor uns erhob sich ein gewaltiger Albtraum, eine Kreatur aus schwarzem Nebel und unzähligen verzerrten Gesichtern. Die Luft war schwer und kühl, und in der Dunkelheit konnte ich kaum atmen.

>Pass auf!< Ruhns Stimme riss mich aus meiner Starre, als ein wütender Traum mit ausladenden, unkontrollierten Bewegungen auf mich zuraste. Seine geisterhaften Arme waren lang und schlank, seine Finger krallenähnlich. Noch bevor ich ausweichen konnte, schlang er sich um mich und zog mich mit unmenschlicher Kraft in die Dunkelheit.

>LIV!< Ruhn brüllte auf, und innerhalb eines Wimpernschlags stand er zwischen uns, seine Augen flackerten bedrohlich. Mit einer raschen Bewegung riss er den Traum von mir weg und schleuderte ihn mit einer Kraft, die in seinem schmalen Körper unerwartet war, gegen die Wand. Die Kreatur fiel zischend zurück, doch mehrere weitere Albträume krochen aus dem Boden und den Schatten hervor.

Ich stolperte rückwärts und spürte, wie mein Herz in meiner Brust raste. Die Träume umzingelten uns, unzählige, mit wütenden, verzerrten Gesichtern, die nach uns griffen. Ihre unheimlichen Stimmen flüsterten, weinten und lachten in einem geisterhaften Chor.

Ruhn trat einen Schritt vor, die Schatten um ihn herum schienen fast auf seine Präsenz zu reagieren. Er zog ein schimmerndes Messer aus seinem Mantel hervor und wirbelte es mit einer eleganten, fast tänzerischen Bewegung in der Luft, bevor er den nächsten Traum damit durchtrennte. Der Traum schrie auf, als er in einer Wolke aus schwarzem Staub verschwand.

Doch dann, in einem unerwarteten Moment der Ablenkung, fiel ein kleiner, schimmernder Stein aus Ruhns Tasche. Der Mondstein, den er bisher so sorgfältig gehütet hatte. Er rollte über den Boden und blieb direkt vor meinen Füßen liegen. Das Zögern der Albträume war kurz, aber es war genug, um eine Gelegenheit zu nutzen.

Ich griff hastig nach dem Stein. Als meine Finger ihn berührten, fühlte ich ein merkwürdiges Kribbeln, und um meine Hand herum begann sich etwas zu formen. Es war, als ob der Stein sich aufzulösen begann, doch statt zu verschwinden, wuchsen um ihn herum lange knöchernde Finger, die Skeletthand ballte eine Faust, bevor sie Finger lang nach oben streckte und der Stab aus Knochen erschien.

>Das Zepter< staunte ich >RUHN!< schrie ich und warf ihm das Zepter zu.

Seine Augen weiteten sich für einen Moment, als er das Zepter in der Luft erblickte. Er griff danach, und sobald seine Finger den Stab umfassten, veränderte sich die gesamte Atmosphäre. Eine Welle von Macht schoss durch die Luft. Die Schatten schienen zurückzuweichen, als ein intensives, silbernes Licht vom Zepter ausging. Ruhn stand aufrecht, mit einem Ausdruck auf seinem Gesicht, den ich noch nie zuvor gesehen hatte, vollkommen konzentriert und gefährlich.

Mit einer geschmeidigen Bewegung schleuderte Ruhn das Zepter nach vorne, und ein gewaltiger Energiestoß schoss auf die Albträume zu. Sie schrien auf, als sie von der Welle erfasst und in nichts aufgelöst wurden. Ein nach dem anderen vergingen sie in einem Wirbel aus Dunkelheit und zerplatzten wie Rauch im Wind.

Doch es war nicht vorbei. Aus der Tiefe der Schatten sprang eine letzte, riesige Kreatur hervor. Ihr Körper war formlos und veränderte sich ständig, als ob sie aus den tiefsten Ängsten und den dunkelsten Gedanken geformt war. Sie schnappte nach mir, und ich spürte, wie ihre kalten, klammen Finger mich packten.

>NEIN!< Ruhn stürmte vor, das Zepter leuchtete heller als zuvor, doch es war zu spät. Der Traum zog mich in die Dunkelheit, weg von Ruhns Reichweite. Seine Augen weiteten sich, als er versuchte, mich zu packen, doch meine Finger glitten aus seinem Griff.

Die Schatten verschlangen mich, und der letzte Anblick, den ich sah, war Ruhn, der mir mit einer Mischung aus Wut und Entsetzen nachsah, das Zepter noch immer fest in seiner Hand.

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So danke fürs Lesen, Ruhn hat sein Zepter wieder... Happy End? 😂🙈
Sorry, das musste sein.
Nach nun zwei wirklich langen Kapiteln und noch diesem hier, ist für heute Schluss.
Gute Nacht und bis morgen 😇

Secret desire | Eine Julien Bam FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt