Unbehagen

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Fips hatte bereits den Motor gestartet und ließ ihn aufheulen. Ich schloss die Tür und machte ebenfalls den Motor an.

>Weißt du denn überhaupt wie das geht?< fragte Ruhn.
>Wirst du ja gleich sehen< entgegnete ich und schnallte mich an. Ich war bereits einige Male auf dem Parkplatz mit Quinns Wagen gefahren. Aber mein Geld reichte nicht für einen Führerschein und meine Eltern wollte ich nicht fragen. Sicherlich hätten sie es mir bezahlt.

>Woher wissen wir überhaupt wie wir von hier nach Darkmoor kommen?< langsam rollte ich hinter dem anderen Ferrari nach draußen. Sofort empfing uns das eisige Wetter mit Wind und Schnee. Hatte der Wagen überhaupt Winterreifen?
Ruhn deutete auf einen der Knöpfe >Das ist Santas Art zu reisen<

Im gleichen Moment gab Fips Gas. Die Reifen des Wagens drehten durch, bis sie endlich halt im Schnee fanden. Dann schoss er los und verschwand plötzlich. Reflexartig bremste ich.

>Hast du etwa Angst?< Ruhn legte die Füße auf die Armatur und sah mich an. Er hatte sich nicht einmal angeschnallt. Zum ersten Mal fielen mir seine Stiefel auf, die ziemlich dicke Sohlen hatten.
>Du ja scheinbar nicht< entgegnete ich und umfasste das Lenkrad fester.
>In Wirklichkeit hat die Angst nur selber Angst und wer hat schon Angst vor jemanden der Angst hat?< mit hochgezogener Augenbraue sah er mich von der Seite an. Ich blinzelte ein paar Mal und musste seine Worte erst einmal auf mich wirken lassen.
>Würdest du nun bitte fahren?< seine Stimme klang plötzlich wieder so tief und kühl.
Ich nickte und war kurz geneigt die Augen zu schließen, aber dann würde ich ja nicht sehen wo ich hin fuhr. Mein Fuß wechselte von der Bremse zum Gaspedal und der Wagen schoss los. Die Schneelandschaft raste an uns vorbei und wurde zu einem einzigen weißen Bild.
Ruhn lehnte sich nach vorne und drückte auf den besagten Knopf. Für den Bruchteil einer Sekunde wurde es um uns herum schwarz, dann plötzlich raste der Wagen auf einer Straße. Ich trat auf die Bremse. Mit quietschenden Reifen kamen wir schließlich zum stehen.

Mein Herz raste so sehr, das ich das klopfen in meinen Ohren hörte. Am Straßenrand parkte das andere rote Auto. Fips hatte die Fahrertür geöffnet und lässig ein Bein heraus hängen, während Zeke sich vom Auto abstieß und wieder zur Beifahrertür lief.

>Ich dachte schon ihr würdet gar nicht mehr kommen< rief er und stieg wieder ein.
Mich beschlich ein merkwürdiges Gefühl, als wir am Ortsschild von Darkmoor vorbei fuhren. Es war meine Heimat und wahrscheinlich würde niemand wissen wer ich war. Die Bestätigung für dieses Gefühl erhielt ich wenig später, als wir an meiner Wohnung vorbei fuhren.
Dort prangte ein großes Schild "zu vermieten". Ich schluckte, all meine Sachen die in der Wohnung waren, was war mit ihnen geschehen? Gab es mich auf dieser Welt überhaupt noch?
Was wenn meine Eltern mich plötzlich doch mal besuchen wollen würden oder versuchten mich anzurufen?
Zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass mein Handy bei Quinn geblieben war. In der Jacke die ich zu meiner Geburtstagsparty über den Stuhl im Esszimmer gelegt hatte.

Ich warf einen Blick herüber zu Ruhn, der gelangweilt aus dem Fenster sah und an seiner Kette mit den vielen Zähnen spielte.
Das erste Mal, hatte ich das Gefühl mich falsch entschieden zu haben. Er war ein Fremder, nicht mehr und er war schuld an allem was mir passiert war und schien es nicht einmal zu bereuen.

Secret desire | Eine Julien Bam FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt