In Ketten

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>Sie kommen zurück< rief Lumi. Wir hatten am Fenster gewartet, doch es musste sicherlich eine Stunde verstrichen sein.
Ich sah durch die Scheibe. Die Gruppe bewegte sich auf das Hotel zu. Vorweg ging der groß gewachsene Mann, der zuvor als einziger gesprochen hatte.
Zwei weitere folgten und zogen jemanden hinter sich her.
Ich kniff die Augen zusammen, um das ganze da draußen besser erkennen zu können.

>Das ist gar nicht gut< wisperte Lumi. >Ganz und gar nicht gut<
Ich wollte gerade fragen was er meinte, da erkannte ich es auch. Sie schliffen die Zahnfee über den Boden auf das Hotel zu. Seine Arme hingen schlaff herunter, die Beine hinterließen eine lange Spur hinter ihm.
Sie erzeugten genau die Spuren, die dafür gesorgt hatten, dass Quinn in das Hotel wollte. Das bedeutete diese Maskenmänner, waren schon öfter gekommen, um Gott weiß was mit der Zahnfee zu machen.

Ich war so in Gedanken versunken, dass ich zu spät mit bekam wie die Tür sich öffnete. Mit Anlauf, ließ ich mich auf meine Beine fallen und rutschte hinter den Empfangstresen, Lumi mit mir ziehend.
Schritte waren auf dem Holzboden zu hören.

>Ein jammer, dass du nicht kooperieren möchtest<

Vorsichtig sah ich an dem Tresen vorbei.
Die zwei Männer hielten noch immer die Zahnfee fest oder besser gesagt stützten ihn. Sein Gesicht war verdeckt von seinem Hut.

>Aber ich habe ein letztes Geschenk für dich< der dritte Mann trat auf die Zahnfee zu. Ich konnte jedoch nicht erkennen was er in der Hand hielt.
>So wirst du dich noch eine Weile an uns erinnern und vielleicht dann endlich es dir anders überlegen. Den Schlüssel lege ich dir für später hier hin< der Mann drehte sich plötzlich um.

So schnell ich konnte kauerte ich mich zurück an die Rückseite des Empfangstresen. Seine Schritte kamen näher, ich schloss die Augen und hielt den Atem an. Hatte er mich gesehen?
Doch ich hörte nur etwas auf dem Holz klacken und wieder Schritte die sich entfernten. Es folgten Geräusche die ich nicht zusortieren konnte, gefolgt von einem gequälten stöhnen und einem rumpsen.
Dann knallte die Tür zu.
Der Raum wurde von einem röcheln und wimmern erfüllt.
Ich zählte im Kopf bis zehn, dann sah ich wieder aus meinem Versteckt hervor.

Die Männer waren verschwunden. Einige Meter von mir entfernt lag die Zahnfee auf dem Rücken. Er strampelte mit den Beinen und zog ruckartig an etwas an seinem Hals.
Ich sprang auf und rannte zu ihm.
>Was ist? Was hast du?< fragte ich panisch. Eigentlich sollte es mir egal sein, aber in seinem Gesicht erkannte ich puren Schmerz.
Ich versuchte seine Hand, von seinem Hals weg zu ziehen, um zu sehen was dort war.
>Bitte lass mich nachsehen, ich will dir helfen< flehte ich und zerrte weiter an seinem Arm. Er schien kaum Luft zu bekommen, so sehr rasselte und pfeifte sein Versuch einzuatmen.
Endlich gelang es mir, kurz seine Hand weg zu bekommen. Eine Kette war um seinen Hals gewickelt und ich entdeckte das Schloss, welches die zwei Enden zusammen hielt.

>Lumi?< ich wirbelte herum. Doch Lumi war nirgends zu sehen. Also stand ich auf, hastete zu dem Empfangstresen, griff nach dem Schlüssel und schlitterte zurück über den Boden zur Zahnfee.
Ich stand so unter Strom das meine Hände zitterten. Die hektischen Bewegungen von ihm, machten es nicht einfacher den Schlüssel in das Schloss zu bekommen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit gelang es mir und ich drehte den Schlüssel schwungvoll herum. Das Schloss sprang auf und ich riss die Kette von ihm Weg.
Die Zahnfee holte einen tiefen Atemzug und begann zu Husten. Ich half ihm sich auf die Seite zu drehen und legte meine Hand auf seinen Rücken, um ihn zu stützen.
>Z... Zep... me... mein...< versuchte er bruchweise etwas zu sagen, aber in seinen Lungen schien noch nicht genug Sauerstoff zu sein.
>Dein Zepter? Das ist im Schrank versteckt, in so einem alten Mantel< nicht sicher, ob er das wissen wollte.
>D...Danke< hauchte er und versuchte sich aufzurichten, doch seine Hand rutschte auf dem Boden weg und er sackte wieder runter.
>Du musst dich ausruhen. Ich helfe dir hoch, wo ist dein Zimmer?< fragte ich und versuchte ihn hoch zu ziehen.
>Lumi, wo bist du?< schrie ich. Allein würde ich ihn niemals hoch bekommen, dafür war er viel zu schwer.

>Das ist gar nicht gut... nein, nein, nein< hörte ich ganz leise seine Stimme.
Ich hockte mich runter zur Zahnfee.
>Ich muss Lumi suchen, ohne ihn bekomm ich dich nicht hoch. Bleib einfach hier liegen, ja?< erklärte ich und lief los.

In unserem vorherigen Versteck fand ich den kleinen Geist. Ängstlich saß er da und murmelte etwas vor sich hin.
>Lumi!< ich rüttelte an ihm. Erschrocken sah er auf. >Ich brauche deine Hilfe, ich glaube er ist verletzt. Wir müssen ihn ins Bett legen und dann...<
Ja und was dann? Den Krankenwagen rufen? Sehr lustig Liv. Ich war hier eingesperrt seit Tagen und scheinbar suchte man nicht mal nach mir und falls doch wurde ich nicht gefunden. Wie also sollte ein Krankenwagen hierher kommen? Oder ein Arzt?
>Vielleicht ist er ja auch gar nicht verletzt< redete ich mir ein, als Lumi endlich sich zu ihm bewegte.

Secret desire | Eine Julien Bam FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt