Im Krankenhaus

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Pov Joon

Ich saß auf einem der kalten Plastikstühle im Krankenhausflur, direkt vor Livs Zimmer, und fühlte mich völlig fehl am Platz. Neben mir lehnte Fips lässig gegen die Wand, spielte mit einem Kaugummi in seinem Mund und warf mir ab und zu einen lockeren Spruch zu, als wäre das hier nur eine kurze Pause bei einem Dreh.

Aber es war kein Dreh. Wir warteten, und ich war mir nicht einmal sicher, worauf genau. Ich hatte keine Ahnung, wie schlimm es wirklich um Liv stand. Fips hatte irgendwie geschafft, die Krankenschwestern davon zu überzeugen, dass wir bleiben durften, obwohl keiner von uns mit Liv verwandt war. Ich war mir ziemlich sicher, dass Fips dabei seinen vollen Charme spielen ließ, den er so mühelos auf Knopfdruck aktivieren konnte.

Ich hingegen fühlte mich wie betäubt. Mein Kopf schwirrte vor Fragen, die ich nicht beantworten konnte. Wie war ich überhaupt hier gelandet? Was war mit Liv passiert? Ich hatte nur den Notarzt gerufen, nachdem ich Fips' panische Schreie gehört hatte, aber jetzt, da wir hier saßen, wusste ich kaum noch, was eigentlich los war. Wir hatten nicht einmal die genauen Details erfahren, was Liv passiert war. Nur, dass sie verletzt war.

Die Ungewissheit nagte an mir, ließ mich nervös mit den Fingern an meinem Handy herumspielen, das ich immer wieder gedankenlos in der Hand drehte. Fips hatte sich zu mir gesetzt, aber er wusste, dass kein lockerer Spruch oder Witz die Spannung in der Luft wirklich auflösen konnte.

>Irgendwie…< begann Fips nach einer Weile und warf einen kurzen Blick auf die geschlossene Tür, >irgendwie haben wir echt keine Ahnung, was da überhaupt passiert ist, oder?< Sein Tonfall war leicht, aber da war etwas in seinen Augen, das mir zeigte, dass auch er sich Sorgen machte.

Ich nickte stumm. Nein, wir hatten wirklich keine Ahnung. Und das war das Schlimmste.

White setzte sich wortlos gegenüber von uns hin, seine Haltung wirkte angespannt, fast schon bedrückt. Ich starrte ihn einen Moment lang an, dann brach Fips das Schweigen.

>Warum bist du hier, White?< fragte Fips und sah ihm fest in die Augen. >Und wo ist Dark?<

White sah Fips kurz an, bevor er seine Arme auf seine Knie legte und sich nach vorne beugte. >Es ging alles sehr schnell< begann er langsam. >Ein Unbekannter… aus dem Nichts tauchte er auf und hat Liv…< Er hielt kurz inne und schloss die Augen, als müsse er die nächsten Worte abwägen. >Er hat ihr ein Messer in den Bauch gerammt.<

Ein Messer? Ich hatte gewusst, dass Liv verletzt war, aber die Worte trafen mich mit voller Wucht. Neben mir zog Fips hörbar die Luft ein, sein bisheriges lockeres Auftreten schien zu zerbröckeln.

>Ein Messer?< wiederholte Fips und schüttelte den Kopf, als könne er es nicht glauben. >Aus dem Nichts? Wer zum Teufel…<

>Ich weiß es nicht< unterbrach ihn White und öffnete die Augen wieder. Seine Stimme war nüchtern, emotionslos, aber ich konnte die Anspannung in ihm spüren. >Er ist einfach verschwunden. Dark hat ihn verfolgt, aber…<

Fips' Stirn runzelte sich, und er warf White einen scharfen Blick zu. >Also ist Dark nicht hier. Wieso bist du es dann?< Die Frage schwebte für einen Moment im Raum, schwer und unausweichlich.

White lehnte sich zurück und sah Fips fest an. >Dark kann sich um die Jagd kümmern. Ich bin hier, weil Zeke glaubt, dass es wichtiger ist, Liv im Auge zu behalten. Ich weiß nicht, was dieser Angriff wirklich bedeutet<

Fips kniff die Augen zusammen, sah kurz zu mir hinüber, ich versuchte noch immer, die Informationen zu verarbeiten. >Und was machen wir jetzt?< fragte er schließlich, seine Stimme klang für einen Moment nicht mehr so selbstsicher wie sonst.

White zuckte nur leicht mit den Schultern. >Warten. Und darauf hoffen, dass Dark Antworten findet.<

Der schrille Klang eines Alarms schnitt durch die Stille, die bis eben im Flur geherrscht hatte. White und Fips sprangen sofort auf, und ohne ein Wort zu verlieren, stürmten sie ins Zimmer von Liv. Ich folgte ihnen hektisch, mein Herz hämmerte in seiner Brust.

Drinnen blinkten die Monitore neben Livs Bett rot auf, und der Alarm hallte schrill durch den Raum. White zögerte keine Sekunde, riss die Decke von Livs Körper und starrte stumm auf ihren Bauch. Sein Gesicht verzog sich, als er die Wunde sah, die eindeutig nicht von einem normalen Messer stammen konnte.

>Das ist nicht normal< murmelte White und seine Stimme war leise, fast ungläubig. Er sah zu Fips, der nur ernst nickte, seine Augen voller Besorgnis.

>Nein< stimmte Fips zu und trat näher an das Bett heran. >Das war kein Messer< Er sah White direkt an, seine Augen forschten nach einer Antwort. >Glaubst du, sie schafft das überhaupt?<

White blieb einen Moment still, dann schüttelte er leicht den Kopf. >Ich weiß es nicht< sagte er schließlich, seine Stimme war rau.

Ich, der alles aus einiger Entfernung beobachtet hatte, trat einen Schritt näher und sah beide verwirrt an. >Kann denn keiner von euch etwas tun? Ihr habt doch beide… Kräfte< sagte ich hoffnungsvoll, doch in meiner Stimme lag Unsicherheit.

Fips und White sahen sich an, bevor sie synchron den Kopf schüttelten.

>Das ist nicht so einfach< sagte Fips mit einem bedrückten Ausdruck. >Unsere Kräfte… sie sind nicht dafür gemacht, solche Wunden zu heilen. Was auch immer das ist, es liegt jenseits dessen, was wir kontrollieren können.<

White nickte zustimmend. >Magie kann vieles, aber sie hat ihre Grenzen. Diese Art von Verletzung…< Er hielt inne, als suchte er nach den richtigen Worten. >…ist etwas, das wir nicht rückgängig machen können.<

Ich biss die Zähne zusammen, verzweifelt und frustriert zugleich. >Also können wir nur zusehen?<

Die Stille, die auf diese Frage folgte, war Antwort genug.
Als die Tür sich öffnete und ein Arzt herein treten wollte, hob White die Hand und ließ die Tür vor dessen Nase wieder zu knallen.

>Wir können uns nicht sicher sein, wer hier rein kommt und was seine Absichten sind< erklärte er schließlich finster.

Secret desire | Eine Julien Bam FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt