Misstrauen

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Hier in Darkmoor fühlte sich alles so fremd an, obwohl ich die Stadt so gut kannte. Die vertrauten Gassen, die alten Häuser, die Plätze, an denen ich mit meinen Freunden gelacht und Zeit verbracht hatte, sie alle wirkten nun seltsam leer und distanziert. Doch das Beunruhigendste war nicht die Stille, sondern die Art, wie die Menschen auf mich reagierten. Oder vielmehr, wie sie nicht auf mich reagierten. Niemand schien sich an mich zu erinnern.

Während wir durch die Straßen fuhren, sah ich bekannte Gesichter – Nachbarn, Schulfreunde, sogar alte Bekannte aus dem Café, in dem ich neben meinem Studium gearbeitet hatte – doch jeder Blick, den ich auffing, war leer. Es war, als hätte es mich nie gegeben.

Im Gegensatz dazu war Ruhn von der Stille nicht betroffen. Wenn er sprach, klang seine Stimme ruhig und sicher, doch ich konnte es nicht mehr ignorieren: Er war nicht mehr derselbe. Seit er seine Macht zurückerlangt hatte, war da eine Kälte, die in ihm wuchs, etwas Dunkles, das sich unweigerlich in sein Wesen geschlichen hatte.

Es war nicht so, dass er unfreundlich war, nicht direkt. Doch seine Worte waren präziser, seine Handlungen berechnender. Manchmal schien er fast zu vergessen, dass ich überhaupt da war, als ob ich nur ein Mittel zu einem Ende gewesen wäre. Seine Freundlichkeit wirkte nun wie eine Fassade, hinter der er sorgfältig etwas verbarg. Die Art, wie er mich ansah, hatte sich verändert. Seine Blicke waren durchdringend, als ob er mehr sah, was tief in mir verborgen zu sein schien. Und immer wieder erwischte ich ihn dabei, wie ein leichtes Lächeln über seine Lippen huschte, das nichts mit Freundschaft zu tun hatte. Es war das Lächeln eines Wesens, das etwas gewonnen hatte, das es lange vermisst hatte.

Ich spürte die Widersprüche in sich aufsteigen. Ich wollte ihm vertrauen, schließlich hatte er mich gerettet, ich war ihm nahe gewesen, hatte ihn als Verbündeten gesehen. Aber jetzt, wo wir in Darkmoor zurück waren und niemand mehr wusste, wer ich war, wurden meine Zweifel immer lauter. Hatte er das alles geplant? Hatte er mich absichtlich in diese Lage gebracht, nur um seine Macht wieder zu erlangen?

Die Momente, in denen seine netten Züge durchschimmerten, machten es nicht einfacher. Manchmal war er charmant, zeigte unerwartete Wärme. Doch es war nie von Dauer. Die Dunkelheit, die ihn umgab, hatte ihre Finger in ihn geschlagen und verschwand nicht mehr. Ich konnte nicht mehr sicher sein, ob er tatsächlich besorgt um mich war oder ob er nur versuchte, mich weiterhin zu manipulieren, wie er es vielleicht die ganze Zeit getan hatte.

Meine Zweifel nagten an mir. Ich fühlte mich verloren, sowohl in meiner Welt als auch in der Beziehung zu ihm. Etwas war falsch, und es wurde immer schwerer, das zu ignorieren.

Wir fuhren auf den Parkplatz eines kleinen Hotels und stiegen aus. Sofort sahen die Leute zu uns herüber. Ich wollte gar nicht wissen wie merkwürdig es für sie aussah. Die auffälligen Sportwagen, ein Mann mit Hasenohren, einer in ein braunes Gewandt gehüllt, der letzte mit seinem langen Mantel, dem auffälligen Hut und der noch auffälligeren Gesichtsbemalung. Und zu guter letzt ich, eine einfache unscheinbare Frau.

>Wir nehmen uns ein Zimmer und beraten wie wir genau vorgehen werden< wisperte Zeke.
Ruhn nickte >Wir erhalten schon genug Aufmerksamkeit<
Fips war der einzige der mich nachdenklich anschaute, aber nichts sagte. War ihm aufgefallen, dass ich Abstand zu Ruhn und Zeke genommen hatte?

Secret desire | Eine Julien Bam FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt