Der Wald

117 13 3
                                    

Ruhn hatte entschieden das wir uns vom See entfernten. Er hatte Sorge die Maskenmänner würden einen Weg hierher finden. Das sein Zepter fehlte schien für ihn keine Rolle zu spielen, was mich wunderte.

Wir liefen langsam durch den dichten, unbekannten Wald, der sich um den stillen See erstreckte. Über uns wölbten sich die kahlen Äste der alten Bäume wie düstere, knochige Finger, die den Himmel verdeckten und den Wald in eine unheimliche, graue Dunkelheit hüllten. Nur gelegentlich drang ein schwacher Lichtstrahl durch das dichte Blätterdach und schimmerte auf dem feuchten Boden.

Ruhn schleppte sich mühsam neben mir voran, seine elegante Haltung war nun schwerfällig und langsam. Er war erschöpft, seine Magie scheinbar völlig versiegt. Jeder Schritt schien ihn unendlich viel Kraft zu kosten, und seine Augen, die sonst voller geheimnisvollen Glanz leuchteten, wirkten matt und leer. Jede Faser seines Wesens war geschwächt. Sein Atem ging flach, und obwohl er versuchte, den Schein der Stärke aufrechtzuerhalten, war er deutlich verwundet.

Ich ging direkt neben ihm, ebenfalls geschwächt und innerlich erschüttert. Meine Beine fühlten sich an wie Blei, als ob sie den Boden kaum noch spüren konnte, und jeder Schritt ließ meine Muskeln vor Müdigkeit zittern. Mein Kopf schwirrte von den Ereignissen, die mich überrollt hatten. Das Hotel, die Begegnungen mit Ruhn und Lumi, die Maskenmänner, die Flucht. Ich wäre beinahe ertrunken und dann sah ich, sobald ich die Augen schloss den Mann mit der Kapuze wie er vor mir stand, die Hand auf mich gerichtet und sofort spürte ich wie es mir Atem raubte. Alles wirkte wie ein unklarer Traum, der nun über mich hereinbrach. Meine Augenlider waren schwer, mein Atem kurz, und meine Gedanken kreisten ununterbrochen das mir eigentlich längst schwindelig werden müsste. Ich fühlte mich verloren, kraftlos.

Zwischen uns schwebte Lumi, der kleine Sternengeist, der als Einziger noch etwas von seiner Energie bewahrt hatte. Sein sanftes Licht durchbrach die düsteren Schatten des Waldes und warf einen warmen Schein auf den Weg vor uns. Lumi wirkte selbst besorgt, als er immer wieder zu Ruhn und mir hinüberblickte. Auch er schien die erdrückende Atmosphäre des Waldes zu spüren. Die Äste knarrten leise im Wind, und das Rascheln des Laubs unter unseren Füßen klang beinahe wie ein Flüstern, als ob der Wald selbst uns beobachtete.

Der See, der zwischen den Bäumen durchschimmerte, wirkte ruhig und geheimnisvoll, doch es lag etwas Unergründliches in der Luft, als würde er mehr verbergen, als das Auge sehen konnte. Die Stille des Waldes war fast ohrenbetäubend, unterbrochen nur vom schwachen Rascheln der Blätter und dem gelegentlichen Seufzen des Windes.

>Ich kann nicht mehr< durchbrach meine Stimme die Stille. Ich hatte das Gefühl meine Beine würden mit jedem weiteren Schritt mehr rebellieren und bald einfach aufhören mich zu tragen.
Ruhn stoppte und sah sich um.
>Wir machen eine Pause< er deutete auf einen umgestürzten Baum.

Wir ließen uns daran nieder. Der Waldboden war weich und ich spürte sofort als ich saß, wie mich eine unfassbare Müdigkeit überrollte. Wie lange war ich eigentlich schon wach? Zu lange, schien mein Körper zu finden. Denn mir fielen immer wieder Augen zu, krampfhaft versuchte ich wach zu bleiben.
Da spürte ich Ruhns Hand an meiner Schulter, wie er mich langsam an sich zog. Ich wollte ihm nicht so nah sein, aber mein Körper sank einfach gegen ihn.

>Ruh dich aus< sprach er sanft >Lumi und ich passen auf<
Mein Kopf sank hinunter auf seine Schulter, ich konnte nicht länger wach bleiben. Es war als würde mich irgend etwas in den Schlaf ziehen. Als wolle es mit aller Kraft das ich nicht mehr wach war.

Secret desire | Eine Julien Bam FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt