Gefährliche Spannungen

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Im Tempel herrschte toten Stille. Das Zepter hatte ich fest in meiner Hand. Der Kampf war vorbei, die Träume verschwunden, aber mein Kopf schwirrte. Fips war weg, verschlungen von diesen verdammten verlorenen Träumen. Dabei konnte ihm eigentlich nichts passieren. Er war wie Zeke und ich, unsterblich. Normalerweise. Aber irgendetwas war anders, irgendetwas stimmte nicht.

Fips war ein Trickser, ein Überlebenskünstler, der sich durch nichts beeindrucken ließ. Wenn es eine Sache gab, auf die man sich verlassen konnte, dann, dass er unverwüstlich war. Egal wie schlimm es wurde, Fips kam immer unbeschadet davon. Doch hier, im Traumland, schien alles aus dem Ruder zu laufen. Die Träume hatten sich verändert. Sie waren wilder, aggressiver. Sie hatten Zeke angegriffen, und das war noch nie passiert. Die Träume waren nie eine wirkliche Bedrohung für uns gewesen – Schatten, ja, aber nicht mehr als das.

Ich sah zu Zeke hinüber, er ging neben mir. Seine rechte Hand ruhte nachdenklich an seinem Hals. Die Träume hatten ihn gepackt, richtig gepackt. Das hätte nicht passieren dürfen. Wenn sie ihn angreifen konnten, was bedeutete das für Fips? Für uns?

Mein Griff um das Zepter wurde fester, als mir die Realität klar wurde. Hier, im Traumland, waren die Regeln gebrochen. Was früher sicher war, schien jetzt ins Chaos zu stürzen. Auch wenn Fips normalerweise unverwundbar war, hatte ich ein ungutes Gefühl. Wenn die Träume selbst uns angreifen konnten, war es nur eine Frage der Zeit, bis alles außer Kontrolle geriet.

Etwas Dunkles, Unbekanntes, schlich durch diese Welt. Ich wusste nicht, was es war, aber es setzte die vertraute Ordnung außer Kraft und das könnte sogar jemanden wie Fips verwundbar machen.

>Wo hast du das Zepter plötzlich her?< schemenhaft konnte ich in der Dunkelheit das Gesicht meines Bruders erkennen.
>Liv hat es mir zu geworfen< zuckte ich mit den Schultern. Natürlich stellte ich mir die gleiche Frage wie er. Wo kam es plötzlich her? Sie hatte es wohl kaum in der Hosentasche versteckt gehabt.

>Ich sage es nur ungern, Ruhn... aber du hast uns ziemlich in die Scheiße geritten< murrte Zeke.

Zeke stand vor mir, die Fäuste geballt, das Funkeln in seinen Augen war gefährlich. Die Spannung zwischen uns lag schwer in der Luft, als wäre jeder Atemzug ein Schritt näher an der Explosion.

>Das alles hier... all diese verdammten Veränderungen! Die Träume greifen uns an, Fips ist verschwunden, und das Traumland bricht auseinander und du denkst wirklich, dass das alles ein Zufall ist?!< Zeke's Stimme war laut, vibrierend vor Zorn, während er auf mich deutete. >Es ist kein Zufall, Ruhn. Das begann alles, als du dich im Hotel hast gefangen nehmen lassen!<

Ich konnte fühlen, wie der Zorn in mir aufstieg, heiß und gnadenlos. >Du denkst also, ich habe das hier alles verursacht, weil ich... was? Langeweile hatte? Das ist verdammt noch mal lächerlich, Zeke!<

>Lächerlich?< Zeke trat näher, seine Muskeln spannten sich unter der Haut an. >Seit du aus dieser verdammten Sache raus bist, ist nichts mehr wie vorher! Hast du wirklich geglaubt, dass du ungeschoren davon kommst, nach allem, was du durchgemacht hast? Du warst Mondelang weg, und du hast keine Ahnung, was mit dir passiert ist. Vielleicht hast du etwas mitgebracht, etwas, das jetzt das Traumland zerreißt!<

Meine Hand umklammerte das Zepter fester, als der Zorn in mir brodelte. Ein Teil von mir wusste, dass es keine Lösung war, meine Macht gegen Zeke einzusetzen. Aber der Zorn, der sich in mir aufgestaut hatte, verlangte danach, etwas zu zerstören. Und Zeke war gerade die perfekte Zielscheibe.

>Pass auf, was du sagst, Zeke. Ich habe mich in dieser Hölle durchgeschlagen, während du und Fips gemütlich in Sicherheit wart! Du hast keine Ahnung, was ich da durchmachen musste!<

>und du hast keine Ahnung, was wir durchmachen, seit du zurück bist!< Zeke machte eine ausladende Geste um sich herum, auf die Ruinen des Tempels und den verwüsteten Traum. >Alles bricht auseinander, die Träume greifen MICH an und du rennst hier herum, als wärst du unschuldig!<

Ich spürte, wie die Dunkelheit in mir aufstieg, eine kalte, unbändige Kraft, die in mir pochte. Das Zepter schimmerte bedrohlich in meiner Hand, bereit, entfesselt zu werden. Ich konnte sehen, dass auch Zeke bereit war, seine Macht zu entfalten, und die Luft zwischen uns begann zu flimmern, als die Energie sich anstaute.

>Du willst es also darauf ankommen lassen, Zeke?< Meine Stimme war leise, aber durchdrungen von der wachsenden Dunkelheit in mir. >Glaubst du wirklich, du willst das riskieren?<

Zeke atmete schwer, seine Augen loderten. Doch dann, als wir beide kurz davor standen, unsere Mächte gegeneinander zu entfesseln, ließ er plötzlich die Spannung aus seinen Schultern weichen. Es war, als hätte er eine Last abgeworfen, und die Energie, die eben noch in der Luft gelegen hatte, verschwand.

>Nein, Ruhn< sagte er schließlich, und seine Stimme klang erschöpft, aber auch versöhnlich. >Das will ich nicht. Wir dürfen das nicht.< Er schüttelte den Kopf, als ob er die Worte abschütteln wollte, die er gerade gesagt hatte. >Es bringt nichts, wenn wir uns jetzt gegenseitig zerreißen. Fips ist weg, und das Traumland zerfällt. Wir müssen zusammenhalten, wenn wir ihn finden und dieses Chaos beenden wollen.<

Ich spürte, wie die Dunkelheit in mir langsam zurückwich, aber der Zorn war noch nicht ganz verschwunden. Trotzdem wusste ich, dass Zeke recht hatte. Ein Kampf zwischen uns würde nur alles noch schlimmer machen.

Ich ließ das Zepter sinken, atmete tief ein und sah Zeke in die Augen. >Also finden wir Fips. Aber hör auf, mir die Schuld für das zu geben, was hier passiert.<

Zeke nickte langsam, sein Blick kühlte ab. >Abgemacht. Aber eines weiß ich, Ruhn: Wenn wir das hier überstehen, müssen wir herausfinden, was wirklich mit dir passiert ist.<

>Später< erwiderte ich knapp, drehte mich um und ging voraus. Zeke folgte mir, und die Wogen zwischen uns hatten sich geglättet – vorerst. Doch tief in meinem Inneren wusste ich, dass die Dunkelheit noch lange nicht verschwunden war.

>...Jedenfalls...< erklang plötzlich Fips Stimme. Wir sahen uns beide an und folgten seinen Worten durch die Dunkelheit. >...kam er dann plötzlich mit diesem Menschen an. Komplett ohne irgendwelche Zauberkräfte mit denen er  rum nervte. Herrlich sag ich euch. Wenn dann Zeke noch von seinem Thron kommen würde, wäre es schon fast harmonisch bei uns zu Hause<

>Mit wem redet er?< flüsterte ich zu Zeke.
>Keine Ahnung< antwortete er.

>Wir könnten so die Magic Buddys werden ... wobei nein ... die fabulous four ... oder<

Fips saß da auf dem Fußboden, um ihn herum mehrere schwarze Schatten, Träume, die seinen Worten lauschten.
Er sprang auf. >Jetzt hab ichs die chaotischen Feiertagshelden oder noch besser das Quartett der Jahresend-Nervensägen< er musste so sehr lachen, dass er zu Boden fiel.

>Willst du mir sagen, dass er sich hier neue Freunde sucht, während ich fast von einem Traum umgebracht werde?< knurrte Zeke.
>Du kennst ihn doch< seufzte ich.

Secret desire | Eine Julien Bam FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt