Der Preis des Schweigens

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Santa sah Ruhn und Zeke ruhig an, die Anspannung in der Luft war förmlich greifbar, doch seine Stimme war ruhig und fast herausfordernd, als er sagte >Wenn ihr zwei mächtigen Wächter ja so viel Macht habt, warum befreit ihr uns dann nicht einfach?<

Die Worte schnitten durch die Stille. Ruhn war der Erste, der antwortete. Seine Stimme war scharf, durchzogen von Zorn und Frustration. >Weil mein Bruder die Schnauze zu voll genommen hat und sich nicht eingestehen kann, dass er machtlos ist.<

Ich hatte diese Antwort fast erwartet. Ich kannte Ruhn gut genug, um zu wissen, wie sehr er es hasste, in eine solche Lage gebracht zu werden, besonders wenn es mit Zeke zu tun hatte. Noch dazu wusste ich, was Mondblumen mit ihm machten. Es war ein Wunder, dass er überhaupt so klar sprechen konnte.

Ich sah zu Zeke, der bei Ruhns Worten nicht reagierte. Stattdessen ließ er seine gesamte Haltung in sich zusammenfallen, als würde die Bedeutung dieser Worte erst jetzt zu ihm durchdringen. Sein Stolz, seine Arroganz – alles fiel von ihm ab, als er langsam den Kopf gegen die kalte, feuchte Wand hinter sich lehnte. Seine Augen wanderten nach oben, in die Dunkelheit der Decke des Verlieses, während sich Bitterkeit in seiner Stimme mischte.

>Also... war’s das jetzt?< fragte er leise, fast an sich selbst gerichtet. >Mit uns? Wir warten jetzt einfach? Was wollen die überhaupt mit uns?< Seine Stimme verlor an Stärke, als ob er auf eine Antwort hoffte, die niemand hier geben konnte.

Ich spürte, wie meine eigene Frustration wuchs. Die Unsicherheit, das Gefühl des Eingesperrtseins, die Hoffnungslosigkeit – es fraß sich in meine Gedanken. Ich sah zu Joon, der genauso ratlos wirkte. Keiner der Anwesenden wusste eine Antwort. Die Tatsache, dass die Männer mit den Masken sie alle so leicht gefangen nehmen und hierher bringen konnten, war beunruhigend. Ihre Feinde wussten genau, wie man sie schwächen konnte – mit Mondblumen.

Zeke ließ seine Augen noch immer an der Decke haften, sein Gesicht war starr, doch seine Haltung verriet, dass er sich seiner eigenen Ohnmacht nur zu bewusst war. Sein ganzer Stolz, seine Überzeugung, immer einen Ausweg zu finden, war mit einem Mal zerschlagen.

>Was wollen die mit uns?< wiederholte Zeke erneut, als ob die Antwort irgendwo in der Dunkelheit lauern könnte. Doch die Stille blieb, unbarmherzig und erdrückend.

Die Zeit verstrich in einer bedrückenden Stille, die von der Kälte und Nässe des Gewölbes immer schwerer wurde. Ich spürte, wie die Feuchtigkeit durch das dämliche Kleid drang, und ich zitterte unaufhörlich. Meine Muskeln waren vor Anspannung wie versteinert, und meine Zähne schlugen leicht aufeinander, obwohl ich versuchte, es zu unterdrücken. Doch gegen die eisige Kälte konnte ich nichts ausrichten.

Mein Blick schweifte zu den anderen. Fips und Santa wirkten erschöpft, als hätte die Ohnmacht sie schwerer getroffen, als sie zugeben wollten. Zeke hatte den Kopf weiterhin gegen die Wand gelehnt und rührte sich kaum, als ob jede Bewegung zu viel Kraft kostete.

Plötzlich spürte ich, wie sich etwas neben mir bewegte. Ich drehte den Kopf und sah, dass Ruhn den Arm zu mir ausstreckte. Die schwere Kette, die ihn fesselte, schliff über den Boden und verursachte ein leises, metallisches Geräusch. Es war eine Einladung, die ich nur allzu gerne annahm.

Zitternd rutschte ich näher an Ruhn heran. Sein Arm legte sich um mich, und sofort spürte ich seine Wärme. Es war fast unbegreiflich, wie er in dieser eisigen Umgebung noch so viel Hitze abstrahlen konnte. Ich lehnte mich an ihn, und für einen Moment fühlte ich mich sicherer, auch wenn die Situation hoffnungslos war.

Mein Blick wanderte zu Ruhns Hand, und fast schon mechanisch begann ich, die goldenen Ornamente an seinem Handschuh zu berühren. Die feinen Verzierungen schienen wie Knochen geformt zu sein, und meine Finger folgten den geschwungenen Linien, als wären sie ein Muster, das ich verstehen wollte. Jeder kleine Schwung fühlte sich kühl und glatt an, im Gegensatz zur rauen Wirklichkeit, die uns umgab.

Secret desire | Eine Julien Bam FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt