Kampfgeist

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Ich hörte Liv aufmerksam zu, als sie von Joon und seinem verschwundenen Freund Julien erzählte. >Er hofft, dass du oder deine Brüder etwas wissen< sagte sie schließlich und beobachtete meine Reaktion.

Ich hielt ihren Blick für einen Moment fest und spürte ein wachsendes Unbehagen in mir. Joon, noch so ein Mensch, der sich in Dinge einmischte, die weit über sein Verständnis hinausgingen. Ich ließ meinen Unmut jedoch nicht durchblicken. Ich wusste, dass es gerade Wichtigeres gab, auch wenn mich das Thema zunehmend irritierte.

>Das ist im Moment nicht wichtig< murmelte ich abwehrend. >Joon und seine Suche nach Julien können warten.< ich machte eine knappe Handbewegung, als wolle ich das Thema zur Seite schieben, und sah Liv fest an. >Es gibt Dinge, die gerade mehr zählen.<

Liv schien kurz zögern zu wollen, sagte dann aber doch nichts.

>Die Werkstatt ist außer Kontrolle geraten< fuhr er fort, ohne Umschweife. >Es herrscht Chaos. Schwarze Briefe, die durch die Luft fliegen, und überall Unruhe. Aber das war noch nicht alles.<

Ich hielt inne, wog meine Worte ab. Die Drohung an der Wand. Ich entschied, sie nicht zu erwähnen. Nicht jetzt. Es war ein Detail, das ich für mich behalten musste, bis ich mehr wusste. Stattdessen kam ich auf das zu sprechen, was mir am meisten auf der Seele brannte.

>Das Hauptproblem ist Zeke< sagte ich mit ernster Miene. >Er ist verschwunden, und ich muss wissen, was passiert ist.<

Liv wurde augenblicklich aufmerksam, ihre Miene zeigte Besorgnis. >Ich…< begann sie unsicher, >ich weiß es nicht genau. Wir waren auf der Straße, er war hinter mir, und dann war er plötzlich weg. Einfach so.<

Ich runzelte die Stirn, mein Misstrauen wuchs. >Einfach weg?< wiederholte ich skeptisch.

>Ja< antwortete Liv schnell, als würde sie sich rechtfertigen wollen. >Ich war einen Moment abgelenkt, bin ein Stück weitergegangen. Als ich mich umgedreht habe, war er nicht mehr da.<

>Und das ist alles?< fragte ich scharf nach. Ich wollte mehr. Das klang zu einfach, zu zufällig.

>Nicht ganz< fügte Liv hinzu. Sie griff in ihre Tasche und zog etwas hervor. Eine Maske. >Ich habe das hier gefunden. Da war Sand dran.<

Ich nahm die Maske von ihr und sah mir das Ding genau an. Sand. Ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinunter. Sand war nie ein gutes Zeichen, schon gar nicht in Verbindung mit dem Verschwinden von Zeke.

>Sand< murmelte ich leise und hielt die Maske in meiner Hand. >Also haben sie ihn wirklich gefangen genommen wurde. Aber wie ist das möglich? Wir müssen das herausfinden< sagte ich schließlich und blickte Liv entschlossen an. >Wir dürfen keine Zeit verlieren.<

Ich hob das Zepter und richtete es auf die verrostete Tür des alten Fahrgeschäfts. Ein tiefes Grollen ging durch die Luft, als das Portal sich langsam formte. Der Rahmen der Tür begann zu flimmern, und ein bläuliches Licht tauchte auf, das den Nebel um uns herum durchbrach.

Liv stand direkt hinter mir, ihre Augen geweitet, während das Portal sich vollends öffnete. Ohne ein Wort griff sie nach Joons Arm und zog ihn mit sich, bevor er überhaupt protestieren konnte. Joon stolperte hinter ihr her, offensichtlich verwirrt, aber zu erschöpft, um Widerstand zu leisten.

Als wir die andere Seite betraten, änderte sich die Atmosphäre schlagartig. Wir standen in einem düsteren, alten Gebäude. Die Wände waren mit dunklem Holz verkleidet, und das Licht war schummrig, fast so, als würde es durch Jahrhunderte alter Staubpartikel gedämpft werden. Ein beklemmender Geruch lag in der Luft, als ob die Zeit selbst hier eingeschlossen worden war.

Fips saß auf einem der massiven Tische in der Mitte des Raums. Er baumelte mit den Beinen, wie er es immer tat, doch heute wirkte er ernster, sein Gesicht strenger, als man es von ihm gewohnt war. Sein übliches Grinsen fehlte.

Ich trat als erster vor, das Zepter fest in der Hand, und musterte die Szene. Santa stand am Rand des Raumes, seine Arme verschränkt, und sein Blick ruhte kritisch auf Joon. Der Fremde war offensichtlich ein Störfaktor in diesem ohnehin schon angespannten Moment.

>Du hast noch einen Menschen mitgebracht< stellte Santa trocken fest, ohne seine skeptischen Augen von ihm abzuwenden.

>Er hat mir geholfen< sagte Liv rasch, fast defensiv. >und er sucht nach seinem Freund.<

Santa runzelte die Stirn, schwieg aber. Ich schritt weiter in den Raum, die Anspannung war fast greifbar.

>Fips< sagte ich schließlich und hob das Zepter leicht an. >Irgendetwas Neues?<

Fips schüttelte langsam den Kopf und ließ den Blick zu Boden sinken. >Nichts. Oskar ist wie vom Erdboden verschluckt. Und es wird immer schlimmer da draußen.<

Ich hielt inne, und der Raum schien für einen Moment stiller zu werden. Dann wandte ich mich an Joon. >Du bist hier, weil du Antworten suchst< sagte ich kalt. >Aber es gibt größere Dinge im Spiel, die du nicht verstehst. Bleib mir aus dem Weg.<

Joon nickte, etwas unsicher, und trat einen Schritt zurück. Liv schien die Kälte in meinen Worten zu spüren, aber sie sagte nichts. Stattdessen richtete sie ihren Blick auf Fips, der sie nur kurz ansah, bevor er wieder in seinen eigenen Gedanken versank.

>Wir müssen uns beeilen< sagte ich schließlich und sah zu Santa und Fips. >Wir können nicht länger warten. Zeke ist irgendwo da draußen. Wir müssen ihn finden, bevor es zu spät ist. Wir ziehen den Plan durch<

>Bist du dir sicher?< Santa kam auf mich zu und sah mich eindringlich ein.

>Natürlich ist er das, als könntest du Ruhn es jetzt noch ausreden< Fips schwang sich vom Tisch runter und ging rüber zu Liv. >Verabschieden wir uns einfach an dieser Stelle von dem Wahnsinnigen und werden leider nie erfahren, ob du den Prinz des Sandes oder den Prinzen der Zähne gewählt hättest< er legte einen Arm um Liv.

>Was redest du da für einen Unfug Fips? Was ist der Plan?< fragte Liv scharf und schüttelte seinen Arm ab.

Secret desire | Eine Julien Bam FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt