Unruhige Nacht

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Pov Cassy

Mitten in der Nacht schreckte ich hoch, der Traum hatte mich wieder eingeholt. Ich stand in diesem Lagerhaus, spürte die brennende Helligkeit des Lichts, das alles durchdrang – und dann nichts. Nur Dunkelheit, Leere. Ich zitterte am ganzen Körper, mein Mund war trocken wie Staub, und Tränen schossen mir in die Augen.

Das war mein Tod gewesen. Ich war gestorben.

Das Bild, wie ich plötzlich die Augen aufgerissen hatte und Rhun über mir kniete, brannte sich erneut in mein Gedächtnis ein. Seine Stimme war ruhig gewesen, fast beruhigend, als er mir geholfen hatte, mich aufzusetzen. Doch die Erinnerung war lückenhaft, verschwommen. Was ich noch klar sehen konnte, war Eos, wie er etwas entfernt stand. Seine Hand hatte in meine Richtung gezeigt, doch er ließ sie langsam sinken, als ich ihn ansah.

„Was ...?" Meine Stimme war damals kaum mehr als ein Krächzen gewesen.

„Ganz ruhig," hatte Rhun gesagt, seine Stimme dunkel, aber sanft. „Ich werde dir alles erklären." Und das hatte er – zumindest, so weit es nötig war.

Jetzt, in der Dunkelheit, fühlte sich diese Erklärung wie ein ferner Traum an. Ich schob die Decke beiseite, setzte meine nackten Füße auf den kühlen Holzboden und atmete tief durch. Fips hatte mich ins Bett gebracht, mich umsorgt, als wäre ich aus Glas. So lieb ich ihn hatte, es war überwältigend gewesen, ständig diese vorsichtigen Blicke zu spüren.

Leise öffnete ich die Tür und trat in den Flur hinaus. Fips schlief im Zimmer nebenan – das hatte er mir an diesem Abend ungefähr hundertmal versichert. Ich schlich die Treppe hinunter und ging in die Küche, wo ich mir ein Glas Wasser nahm. Die kühle Flüssigkeit rann meinen Hals hinunter und brachte zumindest eine kleine Linderung.

Als ich zurückgehen wollte, bemerkte ich ein schwaches Licht, das aus dem großen Raum drang, wo wir am Abend zusammengesessen hatten. War noch jemand wach?

Ich trat langsam näher und blieb in der Tür stehen. Rhun saß im großen schwarzen Sessel. In seiner Hand hielt er ein Glas mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit, die er in einem ruhigen Rhythmus schwenkte. Sein Blick war auf die Flammen im Kamin gerichtet, doch es war schwer zu sagen, ob er sie wirklich sah.

Zögernd sagte ich seinen Namen. „Rhun?"

Er hob den Kopf, und seine Augen musterten mich. Für einen Moment war da etwas in seinem Blick – etwas, das ich nicht einordnen konnte. Dann setzte er sich ein wenig aufrechter hin und deutete auf den Sessel gegenüber.

„Kannst nicht schlafen?" fragte er.

Ich schüttelte den Kopf, folgte seiner Einladung jedoch nicht. „Träume," sagte ich leise.

„Ah." Rhun nahm einen Schluck aus seinem Glas und stellte es dann auf den kleinen Beistelltisch neben ihm. „Das macht Sinn. Es ist viel passiert."

Ich nickte, unsicher, ob ich etwas hinzufügen sollte. Doch das Schweigen zwischen uns war nicht unangenehm, nur schwer. Schließlich hob ich den Blick und musterte ihn.

„Warum hast du es getan?" fragte ich, ohne genau zu wissen, was ich mir erhoffte. Meine Arme verschränkte ich vor der Brust.

Rhun schnaubte leise, ein Lächeln, das mehr bitter als freundlich war, spielte um seine Lippen. „Es war das Richtige. Fips ... er hätte es nicht verkraftet, dich wirklich zu verlieren."

„Aber du?"

Diese Frage schien ihn zu überraschen. Für einen Moment sah er mich an, dann griff er wieder nach seinem Glas und trank einen weiteren Schluck.

„Ich bin nicht wichtig," sagte er schließlich.

„Das glaube ich nicht," sagte ich leise.

Rhun lachte trocken. „Du bist noch zu neu hier, Cassy. Aber vielleicht ist das auch besser so."

Achtsam jammern mit dem Osterhasen | Eine Julien Bam FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt