Als Tom das nächste Mal geweckt wurde, kitzelten ihn warme Sonnenstrahlen an der Nase. Das dachte er zumindest. Als er die Augen aufschlug, hatte er Adaras Haarmähne im Gesicht. Etwas verwundert hob er ganz vorsichtig den Kopf etwas an und stutzte. In dieser Position waren sie letzte Nacht ganz bestimmt nicht eingeschlafen. Fé lag mit dem Rücken an seinen Bauch gekuschelt und sein linker Arm war eng um sie geschlungen. Mit einem Lächeln stellte er fest, dass sie noch immer seine Hand hielt. Erst als er versuchte, sich zu bewegen, merkte er, dass auch sein rechter Arm belagert war. Und zwar verschwand er unter dem blonden Schopf und kam erst auf der anderen Seite des hübschen Kopfes wieder zum Vorschein. Also ließ Tom sich wieder zurück in die Kissen sinken. Was konnten ein zwei Stündchen Schlaf mehr schon ausrichten? Außerdem genoss er es irgendwie ja schon. Hoffentlich würde bloß Fé nicht allzu sehr erschrecken, wenn sie erwachte. Sie schien jedenfalls ruhig zu schlafen und das hatte sie nach den Ereignissen der letzten Tage auch bitter nötig. Bald war er wieder eingenickt, mit einem zarten Lächeln auf den Lippen.
Leise klopfte es an der Tür und Tom schlug die Augen wieder auf. Die Sonne stand jetzt hoch am Himmel und warf ihr Licht durch die großen Fenster. Fé lag noch immer bei ihm, doch nun wurde die Tür geöffnet und eine ziemlich aufgewühlte Maria kam herein. Wahrscheinlich hatte sie sein leeres Bett entdeckt und sich Sorgen gemacht. Als sie die beiden aber erblickte, erstarrte sie und Tom meinte, trotz ihrer dunklen Haut einen glühenden, rötlichen Schimmer in ihrem Gesicht entdeckt zu haben. Er lächelte gezwungen und gab ihr zu verstehen, dass er sich nicht rühren konnte. Maria lächelte ebenfalls, zwinkerte ihm wissend zu und trat dann den Rücktritt an. „Mhh", machte in diesem Moment Adara in Toms Armen und sowohl er als auch Maria erstarrten in ihren Bewegungen. Maria beeilte sich daraufhin aus dem Zimmer zu kommen, denn so rücksichtslos wollte sie dann doch nicht in die Privatsphäre der jungen Leute eindringen. Und Tom war ihr mehr als dankbar dafür. Das hätte wirklich peinlich werden können. Apropos peinlich. Einen Moment lang überlegte er, was er tun sollte, denn so sehr er sich auch bemühte, es war schon eine verdammt verzwickte Situation. Am Ende entschied er sich für die einfachste Variante. Er würde Fé einfach wecken, komme was wolle. Allerdings stellte sich nun wieder die Frage, wie er das am besten anstellte... „Guten Morgen", raunte er neben ihrem Ohr und versuchte, seine linke Hand endlich frei zu bekommen. Doch nichts passierte. Schließlich versuchte er, sich auf seinen rechten Ellenbogen zu stützen, was relativ kompliziert war, da ja Fés Kopf auf ihm lag, doch so stemmte sich Tom einen Moment später einige Zentimeter in die Höhe und versuchte es erneut, als er endlich über ihre Schulter sehen konnte. Ganz behutsam entwand er ihr seine linke Hand und strich ihr damit die blonden Locken aus dem Gesicht. „Guten Morgen", wisperte er noch einmal und diesmal fruchteten seine Bemühungen. Fé schlug die Augen auf und blinzelte einige Male, aber irgendwie schien Tom noch nicht ganz zu ihr hindurch zu dringen. „Hast du gut geschlafen?", fragte er und jetzt zuckte sie unweigerlich zusammen, was auch Tom aus dem Gleichgewicht brachte und ihn mit einem dumpfen „hmmpf" wieder zurück in die Kissen fallen ließ. „Sachte, sachte", meinte er etwas gezwungen lachend und pustete sich eine Feder aus dem Gesicht. Woher war die nun wieder gekommen? Adara hatte noch immer nichts gesagt, aber nun war sie immerhin wach und Tom meinte, dass sie sich gar nicht so sehr erschrocken hatte. „Ich will dich ja nicht in deiner Ruhe stören", begann er nach einer Weile „aber mein Arm schläft langsam aber sicher ein." Und es stimmte. In seinen Fingern kribbelte es schon gewaltig. Adara hob ihren Kopf ruckartig an, so als ob sie sich davon vergewissern wollte, ob das Bett auch ganz bestimmt noch unter ihr war und sie trug. Tom konnte nun endlich seinen Arm unter ihr hervorziehen und ließ seine Schulter einige Male kreisen. Fé schaute ihn seltsam verwirrt an, so entwaffnend und unschuldig wie sie nun vor ihm saß mit den zerzausten Haaren, die ihr noch halb ins Gesicht hingen. Und nun sah Tom erst genauer, was sie da eigentlich trug. „Sag mal, ist das etwa mein T-Shirt?" Sie schaute an sich herab und zupfte am Saum der Bettdecke herum. „Maria hat es mir gegeben", meinte sie nur, wollte aber eigentlich etwas ganz anderes sagen. Sie schaute wieder auf und ihre Blicke kreuzten sich. „Danke", wisperte sie. Eine lange Zeit war es still im Zimmer mit den lavendelblauen Wänden und den weißen Möbeln. Die dünnen Vorhänge plusterten sich bei jedem Windstoß auf und das Sonnenlicht tauchte alles in seinen goldenen Schleier. Sie schauten sich noch immer an, unfähig, die Blicke voneinander zu lösen. Und dann klopfte es wieder.
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Mermaid Summer
FantasyTom's Unglück begann vor etwa einem Jahr, als er zusehen musste, wie seine Familie in einem schrecklichen Brand ums Leben kam. Als einziger Überlebender schlägt er sich mit heftigen Depressionen und Albträumen herum und kann einfach nicht glauben, d...