77. Alkohol, Tülay und andere Katastrophen

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„Was ist denn das hier für ein Chaos!", rief Maria aus, kaum hatte sie das Haus betreten und noch bevor sie Tom oder gar Tülay, die den beiden treuen Angestellten herzlich die Hand entgegengestreckt hatte, sie nun aber fallen ließ wie eine heiße Kartoffel und ziemlich empört und verdattert aus der Wäsche schaute, weil sie eigentlich angenommen hatte, das Haus selbst schon ordentlich auf Vordermann gebracht zu haben und Marias Ausruf als persönliche Beleidigung empfand, begrüßt hatte. Henry nahm der alten, rundlichen Dame galant den Mantel ab und hängte ihn samt seinem eigenen und seiner schwarzen Hutes an die Garderobe. Er nickte der jungen Ärztin höflich zu, schien sie aber gleichzeitig mit seinen Augen zu fragen, was sie hier noch verloren hatte. Jedenfalls schien sie es so zu empfinden, denn ihr Mund verschmälerte sich zu einem kaum noch auszumachenden Strich in ihrem Gesicht. Maria ging einfach an ihr vorüber und es dauerte nicht lange, bis der nächste Entsetzensschrei folgte. „Was ist mit Ihnen geschehen? Und warum riecht es hier nach Kamille?", rief sie, obwohl Tom kaum noch anderthalb Meter von ihr entfernt auf der Couch saß, weil ihm noch immer schlecht war. Er erwiderte Tülay zuliebe aber nicht auf die Frage. Es genügte ihm ja schon, dass er nun mehrere dutzend von einer dicken Cremeschicht bedeckte Pusteln zur Schau tragen musste. Die Geschichte, wie es überhaupt dazu gekommen ist, wollte er jetzt nicht unbedingt auch noch breittreten müssen. „Tülay, ich glaube, du kannst jetzt gehen", meinte er und lallte gegen seinen besten Willen noch immer ein wenig. Die junge Frau machte aber keine Anstalten, sich von der Stelle bewegen zu wollen. Maria und Henry schauten sich kurz an, schwiegen aber beharrlich. Dann, als hätte sie eine Mücke gestochen, wandte sich die gute alte Maria wieder zu Tom um und fasste ihn bei den Armen. „Kommen Sie, wir sollten das da schleunigst abwaschen", sagte sie und fuchtelte auf die Gesamtheit der Brandblasen zeigend vor seinem Gesicht herum und kurz glaubte Tom, einen Ansatz von Abscheu in Marias Gesicht erkennen zu können. Er wunderte sich zwar über das seltsame Verhalten der Frau, erhob sich aber dennoch umständlich von dem Sofa. Tülay hingegen protestierte um einiges lautstarker. „Wenn Sie das wagen!", knurrte sie bedrohlich und kam um die Couch gelaufen und packte Tom am anderen Arm. „Ich als seine behandelnde Ärztin weiß ja wohl am Besten, was Tom gerade braucht!", meinte sie und funkelte Maria herausfordernd an. Diese wiederum legte nur den Kopf in den Nacken, wie sie es immer getan hatte, wenn eines der Right-Kinder besonders frech oder ungehorsam gewesen war. Tom hatte diesen Ausdruck schon lange nicht mehr zu Gesicht bekommen. „Fräulein, ich warne Sie. Ich kenne diesen Jungen Herrn hier schon ganzes Leben lang. Wenn Sie noch einmal behaupten, Sie wüssten besser als ich, was Thomas braucht, dann setze ich Sie eigenhändig vor die Tür." Und Maria meinte es ernst, das wusste Tom nur zu gut. Mit der warmherzigen und bemutternden Dame war nicht zu spaßen. Da nun aber zu beiden Seiten an seinen Armen gezogen wurde und er nicht wusste, was er tun sollte, wandte er sich – hilflos wie er war – an Henry, der noch immer im Eingang stand und belustigt schmunzelte, auf seinen krummen Spazierstock gestützt. Sein Lächeln blieb auch aufrecht, als sich Tülay um Unterstützung suchend an ihn wandte. Vielleicht hatte sie gedacht, ihn mit ihrem weiblichen Charme für sich gewinnen zu können, vielleicht hatte sie auch gehofft, sich Maria so besser entgegenstellen zu können, jedenfalls scheiterte sie so oder so kläglich. „Sie denken also, Master Thomas sollte die Fußpilztinktur seines Großvaters noch länger im Gesicht behalten?", fragte der alte Butler nur und sein Grinsen wurde kaum merklich breiter. Tülay ließ Toms Arm auf der Stelle los und dieser ließ sich nun von der ernsten, fast schon als wütend zu bezeichnenden Maria ins Badezimmer geleiten, wo ihm eine ziemlich schmerzhafte Prozedur winkte. Als sie zurückkamen, war Tülay verschwunden, was man von den schmerzenden und nun auch noch teilweise blutenden Pusteln in Toms Gesicht leider nicht behaupten konnte. „Sollten wir wissen, wie es dazu gekommen ist?", fragte Henry und warf Tom einen zweifelnden Blick zu. Tom schüttelte ernüchtert den Kopf, in dem es noch immer schrecklich rund zu und her ging. „Nicht wirklich." Noch während er da stand, an die Küchenzeile gelehnt und mit dem Gleichgewicht kämpfend, sprudelten die Worte nur so aus ihm heraus. Er erzählte seinen treuen Angestellten einfach alles. Dass Fé erst zu ihm zurückgekommen war und dann doch ein für alle Mal in den Wassermassen verschwunden war, dass sie nun Königin war und er sie nie wieder sehen würde und dass das alles so ungerecht sei. Er erzählte ihnen von Marlene und dass sie ihn fast umgebracht hatte, dass er es nicht hatte verhindern können, dass sie mit Fé von der Klippe gesprungen war und dass er sie deswegen verfluchte. Maria und Henry schauten sich kurz an, etwas verwirrt erst, dann aber zutiefst betroffen. Dann seufzte Tom und pulte noch ein wenig Fußpilzcreme hinter seinem linken Ohr hervor, während er schon wieder auf dem Weg zum Schrank mit den Likörflaschen war. Maria ließ ihn aber gar nicht so weit kommen sondern schickte ihn wie einen kleinen Jungen hoch, dass er sich bettfertig machte. Tom blieb wie angewurzelt stehen. Er war schon seit über einer Woche nicht mehr oben gewesen. „Na los, gehen Sie schon!", insistierte die in die Jahre gekommene Afroamerikanerin und scheuchte ihn regelrecht hinauf. Schließlich gehorchte er. Er wusste, dass es keinen Sinn hatte, sich mit Maria anzulegen. Außerdem konnte er einfach nicht mehr. Für heute war schon zu viel passiert, als dass er damit hätte fertig werden können. Tom hatte ziemliche Mühe damit, die Wendeltreppe zu erklimmen, drehte sich doch das gesamte Treppenhaus in umgekehrter Richtung um ihn. Irgendwann aber hatte er die zweite Etage dann doch erreicht, sie wirklich betreten wollte er sie aber nicht. Es kostete ihn ein hohes Maß an Überwindung, den Flur entlang zu gehen ohne in Adaras Zimmer zu schauen und ohne an ihre gemeinsame Zeit zu denken, als er in seinem eigenen angekommen war. Zum ersten Mal an diesem Abend war er froh über seinen hartnäckigen Kater, denn so fühlte er sich zumindest nicht ganz so alleine und das Einschlafen gelang ihm auch viel besser, auch wenn er erst die Pusteln vergessen und schmerzhaft aufgeschrien hatte, als sein Kopf die Kissen berührt hatte. Noch bevor er sich hatte ausziehen können, war Tom schon in einen tiefen, traumlosen Schlaf gesunken.

„Ich kannnicht glauben, dass ihm das Mädchen Fußpilzsalbe ins Gesicht geschmiert hat",kicherte Henry in einer für ihn untypischen, jungenhaften Art, die Maria ebensoverwirrte wie sie die Dame zum Mitlachen aufforderte. Doch dann wurde siewieder ernst. In ihrem Kopf klangen noch immer Tom's Worte nach. Adara warfort. „Das ist nicht witzig, Henry. Beherrschen Sie sich gefälligst, er brauchtuns jetzt!", rief sie den Butler zur Besinnung. Henry senkte den Blick und kurzwar es still im Raum. Draußen war es dunkel und in den Fenstern spiegelten sichihre dunklen Gestalten wie blasse Spiegelbilder. „Es trifft ihn wohl hart,was?", fragte Henry plötzlich und Maria ließ ihren Blick über sein Gesichtgleiten, über den schneeweißen, gepflegten Schnauzbart, der seine Oberlippe zierte,die deutlichen Falten an Nase und Mund und jene an den Augen. Und dann nicktesie völlig geistesabwesend. „Ja, Miss Adaras Verlust trifft uns alle, nicht?Aber zumindest ist sie nicht tot, das hätte er glaube ich nicht verkraftet."Henry nickte erneut. „Wie wahr. Das Unglück mit dem Tod der Herrschaften warschon mehr, als der Junge vertragen konnte. Jetzt auch noch die Liebe seinesLebens zu verlieren... Das ist grausam." Maria wandte sich der halb verborgenenTür zu. „Sie glauben doch nicht etwa, dass er sich etwas antun würde?", fragtesie und fröstelte bei dem unheimlichen Gedanken. Doch Henry schüttelte nurlangsam den Kopf. „Nein. Dafür ist er zu betrunken. Heute jedenfalls. Aber esgut, dass wir jetzt hier sind. Diese Möchtegern-Ärztin hat schon genug Schadenangerichtet", stellte er fest und seine Stimme war kalt und nüchtern. Marianickte. „Was sollen wir jetzt tun, Henry? Ich meine... können wir dennüberhaupt etwas für ihn tun?" Auf einmal klang die gestandene Frau verzweifelt.Ihre Stimme brach und Henry erhob sich und tätschelte ihr liebevoll den Arm.„Wir müssen jetzt für ihn da sein, Maria. Mehr können wir beim Besten Willennicht tun. Das und unseren Job, natürlich." Sie standen noch eine Weile so da,fast schon apathisch und konnten beide irgendwie nicht glauben, dass das allesder Wahrheit entsprach. Adara war fort, obwohl sie doch noch vor Gericht zuerscheinen hatte und sie angenommen hatten, die junge Frau bald schon unter dieneue Generation der Rights einreihen zu dürfen. Sie hätte so gut zu ihnengepasst, so gut zu Tom. Sie hatte ihm gut getan, da waren sie sich einig. Adarawar wie das lang ersehnte Pflaster für ihre Herzen gewesen und hatte die Freudeund die Sonne wieder in ihr Haus gebracht. Das Leben war einfach besser gewesen,als sie hier gewesen war. „Sie sollten schlafen gehen, meine Beste. Ich habedas Gefühl, dass morgen ein langer Tag wird", meinte Henry dann irgendwann undklang erschöpfter als es gut für ihn war. Deswegen widersprach die Haushälterinauch nicht, sondern zog sich nun ihrerseits ebenfalls ins obere Stockwerkzurück, um im Notfall in Tom's Nähe zu sein, sollte dieser irgendetwasbrauchen. Henry nahm mit dem Gästezimmer vorlieb. In den letzten Tagen schienniemand wirklich darin geschlafen zu haben, dafür war wohl die Couch umso öfterbenutzt worden. Ihm sollte es nur recht sein. Erst als es stockdunkel undmucksmäuschenstill war, konnte er die erstickten Schluchzer hören, die einenStock über ihm von dem schlafenden Tom, der sehr weit über den Durst hinausgetrunken hatte, in die Kissen gedrückt wurden und das Mitleid packte ihn. Eineganze Weile lauschte er diesen Ausdrücken der unbewussten Verzweiflung, bis ihnschließlich selbst die Müdigkeit übermannte. Und zum ersten Mal seit Jahrenschlief Henry mit dem sehnsüchtig traurigen Gedanken an seine Frau Elaine ein. Wenneiner verstehen konnte, wie Tom sich fühlte und sich tatsächlich in seineSituation hineinversetzen konnte, dann war es Henry. Nicht nur wegen derTatsache, dass seine Frau ebenfalls zum Meeresvolk gehört hatte, nein, das warnur ein unbedeutender Zufall, aber weil er mindestens genauso gelitten hatte,als sie aus dieser Welt schied. Elaine verließ ihn nämlich Adara Tom viel zufrüh, wenn auch nach kurzer Krankheit und nicht um irgendeinen Thron zubesteigen. Elaine war im Gegensatz zu Adara nämlich wirklich gestorben und esverging kein Tag, da Henry nicht an sie dachte. Er hatte sich genau wie Tom demSuff hingegeben und es waren Archibald und Josephine Right – Tom's Großeltern - gewesen, die ihn von den unsichtbaren unddennoch so schweren Ketten befreit hatten. Durch sie hat er den Verlustüberstehen können und diesen Gefallen wollte er nun unbedingt zurückgeben.     

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Hei meine Lieben :)

Ich habe mir hier erlaubt, den Speed-Modus einzuschalten, halt dementsprechend auf Kosten der Beschreibungen... Mich würde mich mal interessieren, wie ihr euch das Haus auf den Klippen vorstellt.  *~* 

Ich weiss aber nicht, ob ich das in einen kleinen Malwettbewerb verwandeln soll, oder nicht. Ich hab auch keine Ahnung, was ich dann als Preis anbieten könnte (Etwas, das euch auch gehörig anspornen würde ^^)... 

Tut mir leid, dass ihr jetzt immer länger auf die Kapitel warten müsst. 

<3

Mermaid SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt