Irgendwann wurde die Musik wieder leiser und sie hörten auf zu tanzen. Adara fröstelte und Tom zog daraufhin sein Jackett aus, um es ihr um die Schultern zu legen, aber sie lehnte ab. „Wir sollten wieder zurückgehen", meinte sie leise. Sie forschte wieder in seinem Blick, ganz so als könnte sie damit bis zu seinen Gedanken durchdringen. Vielleicht konnte sie das ja auch, dachte er sich, denn wirklich sicher war er sich da nicht. Fé war – so wie er sie kennengelernt hatte – immer für eine Überraschung gut und allzu voreilig wollte er dann auch wieder nicht sein. Er kratzte sich verlegen am Kopf und hängte sich dann das Jackett locker über die eine Schulter. Wieder anziehen mochte er es nicht. Fé war schon einige Schritte vorgegangen und drehte sich nun wieder zu ihm um. „Kommst du endlich?" In ihrem grünlich schimmernden Kleid sah sie aus wie eine sonderbar gefärbte Rose. Tom hatte in seinem Leben selten etwas so schönes gesehen wie sie. Eiligen Schrittes holte er zu ihr auf und gemeinsam spazierten sie zurück durch den Park, der im Halbdunkel der Nacht lag. Aber ihr Weg wurde erleuchtet von Millionen Lichtern, denn nicht nur in den Kronen der Bäume hockten sie, sondern auch hoch oben über ihren Köpfen am klaren Himmel. Ja, in dieser Nacht schienen sogar die Sterne mit Adara um die Wette strahlen zu wollen. Doch sie übertraf alles um Lichtjahre. Das fand Tom jedenfalls. „Sag mal, Fé, kannst du eigentlich Gedanken lesen?", fragte er dann aus heiterem Himmel und wusste selbst nicht, weshalb ihm diese Frage überhaupt über die Lippen gekommen war. Eigentlich hatte er sie das nicht fragen wollen. Sie allerdings wandte sich ihm mit einem seltsam belustigten Ausdruck im Gesicht zu. „Sag mal, wie kommst du nur immer auf so seltsame Ideen, Tom Right?", erwiderte sie halb lachend, halb im Ernst. Doch dann brachen sie beide in Gelächter aus.
„Heißt das, du kannst zwar einen Sturm im Wasserglas erzeugen, aber einen einfachen Gedanken sollst du nicht zu lesen im Stande sein?", fragte er nach einer Weile in gespielter Beleidigung. Wieder lachten sie beide. Eine Weile war es dann still um sie herum, bis Fé sich wieder fing und das Thema wechselte. „Sag mal, wie viel Geld hast du der Organisation eigentlich gespendet heut Abend?" Sie hatten die steinernen Stufen schon beinahe wieder erreicht und Tom ließ ihr galant den Vortritt – wie es sich für einen Gentleman gehörte. Doch Fé blieb schon auf der dritten Stufe stehen und drehte sich wieder zu ihm um, erkannte dann, dass er verschmitzt lächelte und schaute ihn daraufhin fragend an. Tom vollführte eine umschreibende Handbewegung, ehe er antwortete. „Ach, so ungefähr zehn Euro." Adara war schockiert. Jedenfalls klappte ihr die Kinnlade herunter wie bei einem Fisch am Haken. Es amüsierte ihn, sie dermaßen sprachlos zu sehen, zu beobachten, wie sie förmlich nach Worten rang wie ein Ertrinkender nach Luft – wobei sie als Fischmensch wohl selten solche Empfindungen verspürt haben mochte. Und schon wieder war da dieses seltsame Gefühl in seiner Brust. Es war irgendwie unwirklich, dass Fé bei ihm war. Es fühlte sich an wie ein schöner Traum, dem man noch beim Träumen anmerkte, dass er unmöglich wahr sein konnte. Fé schien noch immer ganz dringend etwas sagen zu wollen. „Aber... Aber... Der große Kassensturz! Tom, das wird doch verkündet!", stieß sie letztendlich hervor und sah aus wie ein begossener Pudel – bis auf die Tatsache, dass das Wasser fehlte, was sie dann jedoch eher vom Pudel zum Fisch gemacht hätte... „Das wagen sie nicht, mach dir da mal keine Sorgen", flüsterte er und grinste verschmitzt. Er ließ seine Augenbrauen zucken und stieg einige der steinernen Stufen empor, griff im Vorbeigehen nach Adaras Hand und zog sie erneut mit sich. „Schließlich werden sie wohl kaum ihren Arbeitgeber an den Nagel hängen!" Oben an der Treppe angekommen stockte er kurz und drehte sich wieder zu ihre um. „Warte mal, du hast meine Frage von vorhin gar nicht beantwortet!", keuchte er empört und zeigte halbherzig mit dem Zeigefinger in die Luft vor seiner Nase. Adara kicherte. „Und du hast wohl vergessen, dass man mir keine Fragen stellt!", erwiderte sie und ging einfach an ihm vorbei. Tom blieb stehen wie bestellt und nicht abgeholt und schlussendlich war es dann Fé, die nochmal kehrt machte und ihn weiterzog.
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Mermaid Summer
FantasyTom's Unglück begann vor etwa einem Jahr, als er zusehen musste, wie seine Familie in einem schrecklichen Brand ums Leben kam. Als einziger Überlebender schlägt er sich mit heftigen Depressionen und Albträumen herum und kann einfach nicht glauben, d...