„Fé, warte!" Er holte sie ein, als sie gerade im Flur stand. Sie drehte sich zu ihm um, einen verwunderten Ausdruck im Gesicht. Sie hatte offensichtlich nicht damit gerechnet, dass er ihr nachkommen würde. Tom war außer Atem. „Ich muss..." Seltsamerweise stockte er ausgerechnet an dieser Stelle wieder, wie immer, wenn sie ihn so ansah. Fé musterte ihn abwartend. Er hätte sich jedes Mal aufs Neue in sie verlieben können, so schön und lieb und rein und weder von Sarkasmus noch Ungeduld oder Vorurteilen korrumpiert wie sie war. „Du bist...", begann er erneut, kam aber auch hier nicht weiter, es war wie verhext. Sein Verlangen fraß ihn innerlich auf und er hatte deutliche Mühe, sich unter Kontrolle zu halten. Nun glitten ihren Augenbrauen doch in die Höhe. „Ich bin?", hakte sie unsicher nach. Zwischen ihnen war kaum ein Meter. „Ach egal", presste er unter Mühe hervor und überwand selbst für seine Verhältnisse fast schon überstürzt die Distanz zwischen ihnen. Seine Hände fanden ihre Wangen und das Brennen auf seinen Lippen verkündete ihm, dass er endlich angekommen war. In ihm schien plötzlich ein Feuersturm zu toben. Ein kleiner Funke, der zum lodernden Scheiterhaufen geworden war und lodernd in ihm brannte, bis nicht auch das letzte Stück Brennstoff verzehrt war. „Ich liebe dich", hauchte er ohne seine Lippen von ihr zu lösen, konnte gar nicht mehr aufhören, so sehr genoss er das bittersüße, berauschende Gefühl, das sich in seinem ganzen Körper ausbreitete wie ein Ölteppich auf dem Wasser. Er spürte ihre Überraschung, schließlich war er selbst kein Stück vorbereiteter gewesen als sie. Sie stand mit dem Rücken zur Wand, vielleicht drückte er sie auch ein ganz klein wenig dorthin, er hatte keine Ahnung. Jedenfalls konnte sie sich nicht rühren. Auf einmal schossen wieder tausende Gedanken unkontrollierbar durch seinen Kopf und obwohl er keinen einzigen wirklich festhalten und zu Ende denken konnte, genoss er das Gefühl, das sich dadurch einstellte. Es erinnerte ihn an eine Karussellfahrt, nur war das hier tausend Mal besser, besonders als er realisierte, dass Fé ihre Arme um seinen Hals schlang und sich zu ihm emporzog, weg von der unbequemen Wand und in seine Arme, die langsam tiefer gewandert waren und nun ihre Taille – wenn auch zaghaft – umfassten. Atemlos küssten sie sich immer weiter und nur ab und zu schnappte Tom verzweifelt nach Luft. Verzweifelt, weil er sich ebenso davor fürchtete, in Ohnmacht zu fallen wie davor aufzuhören, Fé zu küssen und seine Augen wieder zu öffnen. Ja, er hatte eine Heidenangst davor, sie anzuschauen und in ihrem Gesicht lesen zu können, dass niemals etwas aus ihnen werden würde. Deshalb ließ er seine Augen konsequent zu. Er ließ seine Hände über ihren Rücken wandern, zog ihren Körper noch näher an sich. Seine Lippen waren schon ganz taub, das Brennen kaum mehr zu spüren und dennoch schienen seine Küsse immer fordernder zu werden. Fast wie durch Zufall berührten sich ihre Zungenspitzen. Elektrisiert, als wären sie beide eben von einem Blitz getroffen worden, zuckte Tom unwillkürlich zusammen. Aber gleich darauf bereute er, diese Berührung, diese kleine Sensation nicht ausgekostet zu haben und obwohl es nur ein Sekundenbruchteil angedauert hatte, vermisste er dieses unbeschreibliche Gefühl. Er wollte es unbedingt noch einmal verspüren. Bald setzte sich ein heftiges Schwindelgefühl bei ihm ein, welches das Resultat von überschwänglichem Glück und purem Adrenalin war, die beide um die vorherrschende Position in seinem Organismus zu ringen schienen. Und wie ein Süchtiger drückte er seine Lippen immer heftiger auf Fé's, sein ganzer Körper verlangte nach mehr und je länger sie da so standen, ihre Körper aneinander gedrückt und Fé zwischen Tom und der Wand eingeklemmt, umso weniger befriedigte ihn dieser Zustand. Seine noch vor kurzem schüchternen Hände zogen sie immer näher an ihn heran und ihre Arme, die zu Beginn nur ganz sachte um seinen Nacken gelegt worden waren, übten nun immer mehr Kraft aus und zogen sie immer näher zu ihm herauf. Und es fühlte sich alles so gut an. Erst als seine Lippen mit etwas seltsam Kühlem und Nassem in Berührung kamen, öffnete er verwirrt die Augen und löste seine Lippen von Adara, die mit tränennassen Wangen zu ihm emporschaute. Fast augenblicklich bildete sich ein Knoten in Tom's Magen. Er stockte, rang um Atem, als hätte man ihm gerade in den Magen geboxt und alle Schmetterlinge oder Silvesterraketen erloschen als hätte man einen Eimer Eiswasser über sie drüber gekippt. Er sah seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Das Hochgefühl, das berauschende Adrenalin in seinen Venen schien auf einen Schlag wie weggefegt. Wie eine Statue im Museum stand er da, die unmittelbare Nähe zu Adara war plötzlich kaum noch auszuhalten und wie ein zersprungener Spiegel schien gerade sein gesamtes Innenleben in tausend kleine Splitter zu zerfallen. Er wurde sich seiner Hände bewusst, die noch immer um Fé's Taille geschlungen ihre Arbeit verrichteten und ließ sie von ihrem Platz verschwinden. Auch Adaras Hände hatten ihre Position verlassen und lagen nun zaghaft auf seiner Brust. Und sie schaute ihn noch immer an aus ihren wunderschönen Augen, von denen lange Tränenbahnen ihren Weg über das makellose Gesicht zogen. Es schmerzte sein Herz, sie so zu sehen. Er schluckte schwer, es fiel ihm nicht leicht, es zu akzeptieren, besonders nicht nach diesem unbeschreiblichen Moment, den sie gerade miteinander geteilt hatten. Tom war auch der erste, der den Blick abwandte, doch noch einen Moment lang verharrte er in dieser Position, sein Körper so nah an Fé's gedrückt, dass er selbst durch die Stofflagen der Kleidung ihre Körperwärme spüren konnte. „Wenn ich nur nicht wählen müsste", hauchte sie in die Stille und auch nichts Anderes als Stille folgte darauf. Tom brauchte einen Moment, bis er merkte, woran es überhaupt lag, auf was sie hinauswollte. „Ich verstehe", brachte er gerade so hervor, mit rauer Stimme und einer kleinen Stimme im Hinterkopf, die immer wieder laut „Nein" schrie. Er konnte es förmlich spüren, wie sie seinen Blick suchte, doch er schaute beharrlich an die Wand über ihrem Kopf. Sie war kein Mensch, schlug es immer wieder gegen die Innenseite seiner Stirn, als hätte man sie mit einem Presslufthammer bearbeitet. Wenn er mit Adara zusammen sein wollte, musste sie ihr altes Leben aufgeben. Ihre Familie. Einen anderen Weg gab es einfach nicht. Aber das konnte er nicht von ihr verlangen und er wusste es. „Ich würde dich nie dazu zwingen, dass du diese Entscheidung triffst", flüsterte er verbittert und schaute sie nun endlich wieder an, strich ihr liebevoll eine abspenstige Haarsträhne aus dem noch immer tränennassen Gesicht. Er schluckte leer und spürte, wie der Kloß in seinem Hals hart gegen seine Speiseröhre gedrückt wurde. Ihm war einfach nur zum Heulen zumute in diesem Moment. Genau das, wovor er sich so sehr gefürchtet hatte, war gerade eingetreten und zwar ausgerechnet in dem Moment, in dem er endlich alles gehabt hatte, was er sich so lange von ganzem Herzen gewünscht hatte. Adara sah ihn noch immer an, als suchte sie in seinem Antlitz nach Antworten, doch er konnte ihr keine geben. Was hätte er denn auch sagen können? Langsam entfernte er sich von ihr, der Abstand zwischen ihnen wurde immer größer und obwohl es Tom so sehr schmerzte, wusste er doch, dass es das Beste und einzig Richtige war, das er nun tun konnte. Ihm wurde bewusst, dass aus ihnen unter diesen Bedingungen nie etwas würde werden können. Die Erkenntnis kam langsam wie die Flut und ertränkte auf ihrem Weg alle Hoffnung und sämtliches Glück, das er eben noch verspürt hatte.
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Ich musste hier einen Cut machen, weil das Kapitel sonst die sechsfache Länge angenommen hätte... Sorry dafür ^^''
Ich glaube fast, Mermaid Summer wird zur Trilogie. Der erste Band hätte nach Wattpadkapitel 39 aufgehört und mit Band zwei geht auch nicht mehr lange, hehe... der dritte Band allerdings wird ziemlich nervenaufreibend. Dort wird dann der Mörder endlich enttarnt und "Tomdara" (Danke an the_toasted_toast für den Shipname ^^) wird vor ihre bisher schwierigste Prüfung gestellt. Und dann ist MS auch bald mal zu Ende *schnief* geht aber noch ein paar Kapitel ;)
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Mermaid Summer
FantasyTom's Unglück begann vor etwa einem Jahr, als er zusehen musste, wie seine Familie in einem schrecklichen Brand ums Leben kam. Als einziger Überlebender schlägt er sich mit heftigen Depressionen und Albträumen herum und kann einfach nicht glauben, d...