Hallo meine Lieben <3 Ich hab am Montag die Uni angefangen. Ziemlich unübersichtlich und kompliziert das alles. Und so wie es aussieht, werde ich nicht mehr viel Zeit haben, um zu schreiben, geschweige denn noch so regelmässig zu updaten, wie es die letzten Wochen der Fall war. Verzeiht mir dafür.
Ich hoffe, das Kapitel gefällt euch, es ist eines der letzten. <3
*****
Tülay war drauf und dran, auf dem Absatz kehrt zu machen, da hörte sie etwas Außergewöhnliches. Etwas, das sie so jetzt nicht erwartet hatte. Es klopfte. Langsam drehte sie sich wieder um. Etwas verwirrt schaute sie sich im Labor um, hatte sie doch zuvor niemanden gesehen. Oder war ihr etwas entgangen? Wie ein Radargerät suchte sie jeden Winkel des Labors mit ihrem Blick ab, doch alles schien genau so zu sein, wie es auch sein sollte. Alles war doch in perfekter Ordnung. Und dann klopfte es wieder. Tülay zuckte fast schreckhaft zusammen, fuhr herum und wäre beinahe erneut wie eine Katze hochgefahren, als sie wieder nur knapp vor dem ersten Wassertank zum Stehen kam und auch diesmal in das grimmige, vor Wut regelrecht bebende Gesicht des nichtsdestotrotz überwältigend schönen Meereswesens blickte. Die Lippen der Wasserfrau bewegten sich und Tülays Herz machte einen Satz. Sie konnte kaum begreifen, was sie zu sehen bekam. Bisher hatten sie angenommen, dass diese Wesen nicht zur Zwischenspezifischen Kommunikation fähig waren. Es eröffnete ihnen ganz neue Perspektiven! Die gesamte Forschung konnte maßgeblich revolutioniert werden! Bisher hatte sich auch noch keine der beiden Parteien die Mühe gemacht, mit dem jeweils anderen zu sprechen, oder sonstige Signale auszutauschen. Aber das! Das sah ja gerade so aus, als wollte die Meerjungfrau ihr etwas sagen – auch wenn Tülay bezweifelte, dass es sich dabei um etwas sonderlich Nettes handelte. Ganz aus dem Häuschen drehte sie sich um und suchte erregt nach einem Mikrophon, damit sie die vermutete Sprache dieser Wesen auf Band aufnehmen konnte. Aber kaum hatte sie sich abgewandt, ging das Klopfen wieder los. Es war der im anderen Wassertank sitzende, von Narben nur so übersäte Meermann, der nun ebenfalls gegen die Scheibe klopfte, zwar schwacher als das Weibchen, aber auch er klopfte. In ihren Ohren hörte Tülay schon, wie bei der Nobelpreisverleihung ihr Name ausgerufen wurde. Und dann, ganz plötzlich, wie so oft in ihrem Leben, überrollte die Realität sie wie eine große, übermächtige Welle und ließ sie wie ein begossener Pudel zurück. Sie gab die Suche nach dem Mikrophon auf, denn jetzt erkannte sie endlich, dass die Lippenbewegungen ihrer beiden liebsten Forschungsobjekte auch so Sinn ergaben. Sie sagten beide immer und immer wieder dasselbe, eine Wort. Und Tülay kannte es, schließlich hatte sie es selbst bis kurz zuvor auch immer wieder ausgesprochen. „Adara", flüsterte sie benommen.
Erst ergab es keinen Sinn für sie. Vielleicht, dachte sie, imitierten sie die Fischwesen auch bloß, schließlich konnten das sehr viele Tiere. Dann aber kam es ihr doch seltsam vor, dass beide der sonst so scheuen und schwer aufzutreibenden Meermenschen sich ausgerechnet jetzt so furchtlos zeigten und sich beschauen ließen – und das galt ganz besonders für das Weibchen mit der roten Flosse, das sie noch immer so zornig anschaute, als würde sie sie am liebsten lebendig häuten. Und dann formten sie mit ihren Lippen immerzu Adaras Namen. Tülay trat wieder näher an die Wassertanks heran. Irgendwie konnte das doch alles gar kein Zufall sein. Langsam schüttelte sie den Kopf, was ihr einen verwirrten Blick von der Wasserfrau einbrachte, also versuchte sie es anders. „Adara", sagte Tülay erneut und wieder antworteten beide Meermenschen ihrerseits mit demselben, doch stummen Wort. „Wo ist Adara?", fragte Tülay weiter, wurde diesmal aber auf eine Geduldsprobe gestellt. Bevor die Fischwesen diesmal antworteten, schauten sie sich lange an und in Tülay keimten tausend Gedanken darüber, dass sie wohl wortlos – telepathisch – miteinander kommunizieren mochten, doch dann ging schließlich auch ihr auf, dass sie sich nur ratlos anschauten. Sie seufzte. Das brachte doch alles nichts. Und dann, auf einmal und ohne Vorwarnung, legte der Meermann, dessen Körper die Heilfähigkeit offensichtlich schon größtenteils eingebüßt hatte, seine Hand an die Scheibe und wartete. Und Tülay starrte ihn ratlos an. Die rothaarige Schönheit mit dem feurigen Temperament warf ihm vernichtende Blicke zu, doch diese schienen an ihm abzuprallen wie an einer Granitplatte. Und er wartete. Lange musste er warten, bis Tülay endlich in die Gänge kam und zu ihm herüber torkelte. Ihre Knie waren ganz weich geworden, was nachweislich an der Aufregung legen mochte. Zögerlich, fast schon behutsam erhob sie ihrerseits die Hand, legte sie vorsichtig an die kalte Kunststoffwand. Ihr Blick kreuzte jenen des Wesens, das auf der anderen Seite im Wasser schwebte. In seinen Augen lag Wehmut und Tülay konnte nur ahnen, wie es in seiner Seele, die einem dermaßen geschändeten Körper innewohnte, aussehen musste. Sie realisierte auf einmal, dass sich ihre Sichtweise gerade verändert hatte. Sie hatte zum ersten Mal seit Beginn der Forschungsarbeiten den Gedanken gehabt, dass es sich bei den noch völlig unerforschten, heilenden Meereswesen um Seelen handelte. Dass es demnach nicht nur primitive Tiere waren, sondern fühlende, begreifende Wesen. Auf einmal tat es ihr schrecklich leid. Dass sie um der Forschung wegen und um Ruhm zu erlangen so viele durchaus schreckliche Dinge getan hatte. Und jetzt stand sie vor dem Wassertank in ihrem blütenreinen Kittel und hatte dem schönsten Wesen, das sie auf Gottes Erde je gesehen hatte, in die Augen zu blicken. Und sogar Tülay verstand diese so aussagekräftige Botschaft, welche die einfache Geste bedeutete. Der Meermann hatte seine Hand an die Scheibenwand gelegt und wartete darauf, dass Tülay es ihm gleichtat. Es brauchte keiner Worte, um zu sagen, was er damit meinte: Wir sind doch gleich. Und Tülay beschaute sich seine Hand, die in keinster Weise von jener eines Menschen zu unterscheiden war. „Na schön", hauchte sie und musste schwer schlucken, bevor sie schließlich ihre Hand gegen die Scheibe legte. Sie wusste genau, dass in dem Labor keine Kameras waren. So gesichert dieser Ort auch war, so sehr legte man auch Wert darauf, dass keinerlei Informationen an die Außenwelt gelangten – und seien es nur die Aufzeichnungen der Überwachungskameras. Tülay hatte in diesem Moment eine Entscheidung getroffen. Eine Entscheidung, die einfach alles veränderte. Es ging gegen ihre innerste, moralische Überzeugung, Heilmittelforschung zu betreiben, wenn es auf Kosten offensichtlich fühlender Wesen ging. An Fischen herumzuexperimentieren, die für keinen anderen Zweck gezüchtet wurden, deren Gedächtnis die drei Minuten Marke nicht überstieg und welche sowieso nach drei bis vier Monaten wieder starben, war etwas völlig Anderes. Kaum jemand setzte sich für Laborfische ein, umso mehr gab es jedoch Organisationen, die in den letzten Jahren die Freiheit für Laborratten forderten. Oder die Menschenaffen, wobei Tülay das wiederum fast schon verstand. Und sie hatte ihren Batch nicht für die Sicherheitstür verwendet. Wenn sie die Meermenschen jetzt freiliess, an einem Betriebsfreien Tag, würde ihr das niemand nachweisen können. Ihre Hand glitt an der Scheibe herunter. Ihr war bewusst, dass sie ihr Forschungsteam verriet und der gesamte L.A.U.B. AG immensen Schaden zufügte, aber sie konnte einfach nicht anders, als Die Wassertanks über den Zentralen Computer zu entriegeln. Sie konnte nicht anders, als das Wasser abzulassen und obwohl sie sich immerzu fragte, weshalb sie das bloß tat, wusste sie tief in ihrem Innern, dass sie doch das Richtige tun musste. Diese Wesen waren keine wilden Tiere, welche man während der Jagdsaison schießen oder an denen man herumexperimentieren konnte. Sie gehörten weder in große Wassertanks noch überhaupt an Land und wenn sie sich nun besah, was sie dem Wassermann alles angetan hatten, drehte sich ihr der Magen um. Wie hatte sie das nur ertragen können? Wie hatte sie bloß so blind für all diese Grausamkeit sein können?
DU LIEST GERADE
Mermaid Summer
FantasyTom's Unglück begann vor etwa einem Jahr, als er zusehen musste, wie seine Familie in einem schrecklichen Brand ums Leben kam. Als einziger Überlebender schlägt er sich mit heftigen Depressionen und Albträumen herum und kann einfach nicht glauben, d...