88. Marlenes Plan

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Hallo meine Lieben! <3

Ich war heute mit natnigozl im Kino Me before You schauen. Ich hab mich Hals über Kopf in Sam Claflin verliebt *~* Er wäre doch die perfekte Besetzung für Tom! 

Was meint ihr dazu? :) 

*****

Marlene saß mitten in den Laken ihres Bettes. Vor ihr lag aufgeschlagen das Buch mit den Zaubersprüchen, das Adara vor einigen Tagen zusammen mit dem silbernen Medaillon in der Bibliothek zurückgelassen hatte. In all der Zeit hatte ihre Schwester ihre Meinung nicht geändert und somit hatte Marlene noch immer den Auftrag, Tom alles vergessen zu lassen, was mit ihrer Schwester zu tun hatte. Sie wusste nicht, weshalb sie die Kette behalten hatte. Vielleicht war es gewesen, weil Adara so traurig ausgeschaut hatte. Marlene seufzte. Daran war einzig und allein dieser Mensch schuld. Genau deswegen war sie ja auch so entschlossen gewesen, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen, auch wenn sie noch immer Zweifel hatte. Sie wollte ihre Schwester wieder glücklich sehen, denn mittlerweile gab diese sich zwar endlich Mühe, ihrem Amt gerecht zu werden, aber gleichzeitig trug sie die schimmernde Krone wie einen Totenschleier. Je länger Marlene – und alle anderen am Hof – diesem Trauerspiel beiwohnten, umso entschlossener war sie geworden, etwas daran zu ändern. Immerhin waren sie sich in dem Punkt einig, dass sie ohne diesen Menschen besser dran war. Aber wenn Adara ihr Glück selbst nicht suchen wollte, dann musste man dem eben ein wenig auf die Sprünge helfen. Und dafür hatte Marlenes Plan schon ziemlich genaue Konturen angenommen. Sie seufzte erneut, nahm sowohl das Buch als auch die Kette in ihre Hände und räumte sie fort. Als Tréan Dian ihr genommen worden war, hätte sie am liebsten auch mit ihrem Leben abgeschlossen. Das einzige, was sie damals davon abgehalten hatte, wahnsinnig zu werden, war... Sie schaute ins angrenzende Zimmer hinüber. Ihre Kinder spielten friedlich mit den Puppen, die sie ihnen mitgebracht hatte. Es hatte sich zwar vieles verändert in den letzten Monaten, so vieles, dass es manchmal nur schwer zu ertragen war, aber ihre Kinder waren bei ihr und sie hatten endlich wieder ein eigenes Dach über dem Kopf. Sie wohnten wieder im Palast. Ihre Kinder bedeuteten Marlene alles, sie waren der einzige Grund, warum sie Tréan Dians Tod überstanden hatte. Ihre Kinder. Für ihre Kinder würde sie durch die Hölle gehen – ein zweites Mal und immer wieder – so oft es eben nötig war. Und insgeheim hoffte sie, dass es mit Adara genauso sein würde. Je mehr Leute es in Adaras Leben gab, die sie stützten und ihr Kraft gaben, umso besser würde es ihr gehen, dachte Marlene. Im Moment war sie die einzige, die ihre Schwester in ihrer Nähe zu dulden schien. Aber Marlene war bei weitem nicht genug und das wusste sie. Da fehlten einige sehr wichtige Personen. Ihr Vater wachte nun mit ihren Brüdern und Schwestern von einer anderen Welt aus über sie, Dimerius und Riméas hatten sich geschworen, nie wieder auch nur eine Schuppe in ihr einstiges Zuhause zu setzen und dieser Mensch... Adara hatte es selbst ganz richtig erfasst, es war besser für ihn und sie alle, wenn er sich nicht an sie erinnerte. Aber ob Marlenes Wahl wohl seinen Platz einnehmen konnte? Marlene überlegte schon seit Tagen. Bald würde sie nichts mehr daran ändern können. Und ausgerechnet jetzt spürte sie wieder dieses Ziehen in der Brust, das in ihr den Drang weckte, an die Oberfläche zu schwimmen. Dieser Mensch, dessen Erinnerungen sie auslöschen sollte, rief sie. Damit war Adaras Bedenkzeit offiziell beendet. Würde Marlene später an diesem Tag zurückkehren, hätte ihre Schwester nichts mehr, das sie an das Festland band. Sie küsste ihre Kinder zum Abschied und machte sich auf den Weg durch die Palastflure. Nur am Thronsaal machte sie erneut halt. „Adara, es ist soweit", sagte sie bloß. Ihre Schwester hob kurz den Kopf und nickte in ihre Richtung, bevor sie sich wieder den Papieren vor ihr widmete. Hinter Marlene glitt die Tür zurück ins Schloss. Sie machte sich große Sorgen um Adara. Sie aß kaum mehr und war dünn geworden. Dünn und blass und kraftlos. Die blaue Krone auf ihrem Haupt schien Tonnen zu wiegen, die ihre Schwester kaum zu stemmen vermochte und von früh morgens bis spät abends fand man die Königin immerzu in irgendwelche Dokumente vertieft, mit erschreckend geradem Rücken und strammen Schultern und einem Gesichtsausdruck, dem man ebenso gut einer der Marmorstatuen in den Gärten hätte klauen können. Irgendwie war es auch kein Wunder, dass Adara immer schlecht war, schoss es Marlene durch den Kopf. Sie aß kaum mehr Léas Solas und das auch nur, wenn man sie praktisch dazu zwang. Plötzlich ergriff Marlene die Angst. Versuchte ihre Schwester etwa, sich selbst ein Ende zu bereiten? Um der Strafe des Orakels zu entgehen? Konnte Adara so verzweifelt sein? Aber das würde Marlenes Plan nur noch dringlicher machen. Ihre Schwester brauchte einen Gefährten. Noch heute Abend würde sich zeigen, ob ihr Plan aufging. Marlene legte einen Zahn zu, als sie aus dem Höhlenlabyrinth herausgefunden hatte und beinahe senkrecht gen Wasseroberfläche dem steinernen Hang der Steilkluft entlang schwimmen musste. Bald hatte sie die flacheren Gewässer erreicht und kurz darauf war sie an der irischen Küste angekommen. Nun brauchte sie nur noch bis zu Tom zu schwimmen. Marlene verringerte ihr Tempo. Obwohl es ihr so gut in den Kram passte, dass Adara sie darum gebeten hatte, ihm die Erinnerungen zu nehmen, zögerte Marlene. Sie hatte den Ausdruck auf dem Gesicht ihrer Schwester gesehen, hatte mitansehen müssen, wie der letzte Glanz aus ihren Augen gewichen war und wie sehr es sie geschmerzt hatte. Adara hatte seither alles getan, um eine nahezu perfekte Königin zu sein. Wahrscheinlich wusste nur Marlene, dass das alles bloße Fassade war. Adara war nie der Typ gewesen, es allen anderen recht machen zu wollen. Nein, schon als Kind hatte sie die Herzen der anderen immer erobert, indem sie die Dinge auf ihre eigene Art gemacht hatte. Wann hatte sich das geändert? Als das Orakel sie zu einem Leben im goldenen Käfig verurteilt hatte? Oder in dem Moment, in dem ihr Herz zersprungen war wie ein gläserner Spiegel? Die Küste war so nah, dass Marlene Tom's Füße im seichten Wasser erkennen konnte. Er rief noch immer nach ihr. Aber was konnte sie jetzt noch ändern? Adara hatte sich dazu entschieden, aufzugeben. Dem Orakel konnte keiner entkommen. Und Marlene hatte einen Auftrag. Sie legte die letzten Meter zurück und hob ihren Kopf aus dem Wasser. „Du kannst aufhören zu rufen", rief sie Tom entgegen, der auf der Stelle verstummte. Seine Miene hellte sich fast gleichzeitig auf. „Hallo Marlene", begrüßte er sie. „Ich hatte schon Angst, du würdest nicht mehr kommen", fügte er hinzu und ging einige Schritte zurück an den etwas trockeneren Strand. Das Wasser war zu dieser Jahreszeit zu kalt, um sich noch darin zu baden – jedenfalls für die Menschen. Tom trocknete sich die Füße mit einem Tuch ab und zog seine Schuhe wieder an, was Marlene aufmerksam verfolgte. Danach setzte er sich in den Sand und schaute sie auffordernd an. „Wie geht es Fé?", fragte er schließlich, ein tiefes Kratzen in der Stimme, das Marlene eine Gänsehaut bereitete. Sie schwieg beharrlich, nicht wissend, was sie darauf erwidern sollte. Aber Tom schien zu verstehen. „Sag ihr, ich habe Tülays Angebot angenommen. Sie wird wissen, wovon ich spreche", meinte er irgendwann. Marlene versuchte gar nicht, sich daraus einen Reim zu machen. Sie merkte es sich und war fest entschlossen, ihrer Schwester diese letzte Nachricht dieses Menschen zu überbringen. Oder vielleicht... Sie überlegte. Vielleicht war es gerade das Falsche. Womöglich sollte sie Adara besser überhaupt nichts mehr übermitteln, was von Tom kam. Es würde sie doch nur noch trauriger machen, sie noch mehr zu einer leblosen Marionette verkommen lassen. Und das wollte sie doch gerade verhindern. Außerdem würde sich Tom in kaum einer Stunde ohnehin an nichts mehr erinnern. „Sag, Marlene, ist Fé eigentlich für das seltsame Wetter verantwortlich?", fragte er plötzlich in die Stille hinein. Sein Haar wurde vom Wind zerzaust und herumgewirbelt, aber der Mensch machte sich nicht die Mühe, die widerspenstigen Strähnen aus seinen Augen zu streichen. „Ja, vermutlich. Sie ist jetzt Königin. Das Meer ist sozusagen ihr innerer Spiegel", sagte sie langsam und eintönig. Sie hob den Blick kaum über die Reflektionen des Wassers hinaus. Wie sollte sie es bloß anstellen? „Was bedeuten all diese Blitzgewitter? Sie kommen wie aus dem Nichts und verschwinden ebenso schnell wieder, wüten aber keine fünf Minuten lang." Marlene horchte auf. Sie wusste genau, was das zu bedeuten hatte, nämlich dass ihre Schwester sich und ihre Emotionen weitaus weniger gut unter Kontrolle hatte, als dass sie vorgab. Unter der kalten Maske tobte also tatsächlich ein zerstörerischer Sturm, der sie innerlich nach und nach auffraß. Marlene wusste so verdammt gut, wie sich das anfühlte. Umso mehr musste sie ihrer Schwester helfen. Sie bemerkte gar nicht, dass sie Tom noch immer nicht geantwortet hatte. Tom seinerseits nahm an, dass Marlene ebenso ratlos war wie er selbst und redete irgendwann einfach weiter. „Würdest du mir einen Gefallen tun?", fragte er erneut ins Leere und griff in seine Brusttasche. „Würdest du ihr den hier bitte geben?" Er streckte ihr einen silbernen Ring entgegen, auf dem rundherum dunkle Rosen eingraviert waren. Das Metall hatte einen bläulichen Schimmer. „Er gehörte meiner Mutter Rosalia. Ich möchte, dass Fé ihn bekommt." Marlene schluckte. Sie konnte Adara den Ring nicht geben, sie hätte den Menschen ansonsten ja niemals vergessen können. Gleichzeitig konnte sie auch nicht nein sagen, weil der Mensch ansonsten Verdacht geschöpft hätte. Also nahm sie den Ring an sich und sagte sich, dass sie ihn nachher in den Sand zurücklegen würde, sobald Toms Gedächtnis nicht mehr von einer Schale Algenbrei zu unterscheiden sein würde. Der Ring lag kalt und sonderbar schwer in ihrer Hand. Ganz so, als ob sie mit ihm das ganze Gewicht ihrer Tat tragen würde. „Ich... ich gebe ihn ihr", sagte sie lahmt und betrachtete das Schmuckstück kaum. „Ich hab auch etwas für dich", fügte sie dann hinzu, ebenso monoton und lahm wie die vorangegangenen Sätze. Tom jedoch lehnte sich interessiert vor. „Es ist ein Lied", meinte sie nur und hob wie zum Beweis ihre Hände. Noch bevor Tom Zeit gehabt hätte, zuzustimmen oder abzulehnen oder überhaupt zu realisieren, was das bedeutete – und Marlene hoffte inständig, dass er ebendies nicht wusste – stimmte sie die ersten Töne an. Aber anstatt dass Toms Blick glasig wurde, wie sie es eigentlich erwartet hätte, oder dass sich sein Körper langsam aber sicher entspannte, schien er sich mit aller Kraft die Ohren zuzuhalten. Wie ein Wurm wandte er sich im Sand und schaute aus, als knebelte man ihn auf einer Folterbank. „Hör auf!", schrie er aus Leibeskräften – und zu Marlenes größter Verwirrung. „Marlene!", keuchte er und zuckte weiterhin wie ein hilfloses Tier. Plötzlich aber ebbten seine unkontrollierten Bewegungen ab und Tom lag reglos da, am Strand nur wenige Meter von ihr entfernt. Marlene verstummte. Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Der Mensch atmete flach und schnell, sein Kopf kippte zur Seite und sie erblickte sein Gesicht. Seine Lippen bewegten sich. „Warum hast du das getan?", hauchte er. Panik stieg in ihr auf. Irgendetwas war hier gerade mehr als schief gelaufen. Er hustete und hielt sich wieder die Ohren, bevor er zu zittern begann und sich schließlich wieder aufsetzte. „Was sollte denn bitte das Gekreische?", fragte er vorwurfsvoll, seine Stimme war dabei kaum mehr als ein heiseres Krächzen und sein ganzer Körper wurde regelrecht geschüttelt, als er hustete. „Gekreische?", wiederholte Marlene verwirrt. „Wie bitte?" ihre Stimme hatte einen vorwurfsvollen Ton angenommen. Und plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. „Hat Adara schon einmal für dich gesungen?", fragte sie mit Grabesstimme, aber Tom verneinte nach kurzer Überlegung. „Nicht dass ich wüsste", sagte er. Das war mehr als seltsam. Der Mensch schien ungeduldig zu werden – und wütend. Er wollte eine Antwort haben und Marlene geriet langsam in Erklärungsnot. Deswegen verschwand sie mit einem Sprung in die nächste Welle unter Wasser und machte sich aus dem Staub. Zurück blieb ein aufgewühlter Tom, der nicht wusste, wie ihm gerade geschehen war, der sich aber fühlte, als würden ihm gleich beide Trommelfelle platzen. „Was zur Hölle war denn das?", fragte den Wind. Er zitterte noch immer. 

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Mermaid SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt