Kapitel 30

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Der Unwissende hat Mut, der Wissende hat Angst.


Duncan entzog sich mir auf der Stelle komplett und plötzlich fühlte ich mich so wahnsinnig leer. Meine nackten Füße fanden augenblicklich den kalten Boden und auf der Stelle traten mir Tränen in die Augen. Keine Ahnung weshalb. Nichts konnte ich dagegen tun. Mir kam es vor, als sollte das zwischen uns nicht sein und der Gedanke daran schmerzte zutiefst. Ich spürte, wie mir ein Handtuch in die Hand gedrückt wurde. Zugleich wickelte ich es um meinen Körper; wobei Duncan wieder seine Hose nach oben zog. Einen Moment später riss er auch schon die Tür auf. »Was ist passiert?«, fragte River sofort, wobei er noch drauf und dran war seinen Gürtel zu schließen. Natürlich meinte er damit nicht mich.

Vor uns stand Josh und der sah nicht gerade gesund aus. Sein Gesicht wies unzählige Blessuren auf und aus seiner Nase lief ununterbrochen Blut, was er sich ständig an seinem Ärmel abwischte. »Warum rufst du nicht an? Du hättest mit mir reden können, bevor du hier auftauchst!«, knurrte Dan und sein Blick fiel auf mein geschocktes Gesicht; dann wieder zurück zu seinem Bruder. »Wie denn, wenn du nicht ran gehst?«, gab dieser nervös zurück. »Ach verdammt. Wenn man nicht alles allein machen muss«, fluchte Duncan, doch ich hielt ihn an seinem Arm fest.

»Lass mich gefälligst los«, ranzte er mich prompt an und seine aggressive Art ließ mich zurückzucken. Natürlich nahm ich deshalb meine Finger auch gleich wieder weg, so als hätte ich mich verbrannt, aber ich wollte nicht, dass er ging. Verstand er das denn nicht? Nein. Sicherlich nicht. Ich selbst nicht einmal. Wenn sein Bruder jedoch so schlimm aussah, dann würde es bei Dan sicherlich auch nicht lange dauern, wenn er nun verschwand. »Geh nicht«, flehte ich deshalb. »Es ist ja nett, dass du dir Sorgen um mich machst, aber das wird mich nicht aufhalten. Es ist meine Pflicht, der ich nachkommen muss.« Und wieder benahm er sich so komisch.

»Was denn für eine beschissene Pflicht?«, brüllte ich schlagartig und erschrak vor mir selbst. »Dass du dann auch so aussehen wirst?« Meine Stimme wurde stetig höher; greller, doch das war mir einerlei. »Du wirst mich nicht zurückhalten können, also versuche es erst gar nicht«, antwortete er nach meinem kleinen Ausraster bestimmend, schob Josh vor sich her und rannte mit ihm gemeinsam die Treppe nach unten. Natürlich folgte ich den beiden eilig und rutschte schließlich auf den Stufen mit meinen noch feuchten Füßen aus, aber augenblicklich ergriff mich Dan mit einem wütenden Blick, packte mich grob am Arm und stieß mich regelrecht in die Richtung von Stella.

Er war wieder so grob zu mir, was mich ernsthaft erschreckte. Ich hatte irgendwie vergessen, wie er wirklich war, beziehungsweise verdrängt. Es tat mir in der Seele weh. Nun da wir zusammen waren, auch wenn ich nur kurz das Vergnügen hatte, umso mehr. »Pass auf sie auf, damit sie keine Dummheiten macht«, schnauzte er Stella an, die natürlich wieder einmal brav nickte. Am liebsten hätte ich alles und jeden in diesem Moment verflucht. Josh war da auch keine große Hilfe, denn er sah mich entschuldigend an und verschwand mit River durch die Haustür, der mich natürlich keines Blickes mehr würdigte. Er ließ mich einfach so stehen, haute ab und ich wusste nicht einmal was los war und wo sie hingingen.

Eigentlich müsste ich mir mehr Sorgen um Joshua machen, da er mich immer freundlich behandelte und mir auch zuhörte, aber Duncan... bei ihm war es weitaus schlimmer, obwohl ich ihn hassen sollte. Die Angst nagte an mir und das extrem. Ich kapierte nicht weswegen ich mir plötzlich so viele Gedanken um diesen Blödmann machte. Ich bekam aber leider diese Enge nicht aus meiner Brust. Es befand sich ein dumpfer Schmerz in meiner Seele. Ich wusste nicht, was ich dagegen tun sollte und innerlich zerriss es mich fast.

»Was ist das da eigentlich zwischen dir und River«, fragte Stella unverhofft, aber ich musste es für mich behalten. Nicht bloß wegen Dan. Ich kam mir bekloppt vor. Denn wenn ich es sagen dürfen, was war dann? Es sah aus, als würde ich ihm hinterherrennen und er mich ständig enttäuschen. Das war schon fast peinlich, dass ich so etwas mit mir machen ließ. Hinzukommend befand sich eine Blockade in meinem Schädel und auch wenn sie in Ordnung war und mir sicher zuhörte, konnte ich es nicht. Es war außerdem nicht zu erklären wie ich litt; was er in mir auslöste. Man konnte es nicht beschreiben. 

White Moon - Kiss of the WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt