Kapitel 86

2K 124 13
                                    

Eins sein. Durch ihn. Ohne Ende - Ohne Beginn.


In dem Moment, in dem ich weiter nach hinten gezogen wurde, lähmte mich die Angst stetig mehr. Ich war nicht nur fassungslos, sondern konnte es nicht ertragen, dass Duncan mich wieder allein ließ. Was macht er da? Er hetzte in den Tod. Nicht ein einziges Mal dachte er darüber nach, was das für mich bedeutete. Er war mein Leben. Mein ein und alles. Und was tut er? Er rannte ins Verderben; ließ mich zurück und vergaß mich. Nicht nur mich, sondern auch uns.

Meine Stimme schrie nach meinem Gefährten, dass er auf der Stelle wieder umkehren soll, aber erneut legte sich eine Hand auf meine Lippen, sodass man mich nicht mehr hörte. Nur das gepresste Schluchzen konnte man wahrnehmen. Finger lagen hart auf meinem Mund, drückten mehr und mehr zu. Fast tat es weh. Jedoch wusste ich, dass Gary mich nur beschützen wollte. Das machte er nicht, weil es River ihm befahl, sondern er mich mochte. Das war klar.

Trotz alledem machte es mich rasend. Er sollte mich endlich loslassen. Keine Frage. Ich dachte nicht darüber nach, ob mir etwas Schlimmes geschehen konnte. Ich wollte nur zu Duncan. Koste es was es wolle. Da war mir auch scheißegal, ob mir etwas passierte. Er war nun einmal mein Leben. Und ohne mich groß wehren zu können, wurde mir bewusst, dass auch meine Wölfin zu ihm musste. Er stand über allem. Er ist es und wird es immer sein. Das konnte ich nicht verleugnen. Sogar Gary wusste über unsere Verbindung Bescheid. Er konnte nie etwas dagegen ausrichten, doch er wollte mich partout von diesem Ort wegschaffen.

Rational betrachtet war es richtig, aber wenn ich auf mein Herz hörte, dann war da meine unendlich große Liebe, die ich nicht im Stich lassen konnte. Schon der Gedanke daran, brachte mich um den Verstand. Nun wurde auch noch der Griff um meine Taille stetig fester, weil ich so viel herumzappelte. »Du musst dich beruhigen«, knurrte Gary mit tiefer dunkler Stimme, um mich wahrscheinlich somit besser erreichen zu können, aber auch das war mir egal. Er änderte meine Meinung nicht. Ich werde dort hingehen. Egal wer etwas sagte. Leider war ich nicht stark genug und einen Wimpernschlag dachte ich an den Vorfall im Wohnzimmer im Haus.

Voller Zuversicht probierte ich diese Macht aus meinem Inneren hervorzubringen. Schon einen Moment später veränderte sich sogar meine Sicht. Die Flammen züngelten nun dunkler. Meine Augen wurden heißer. Bilder so andersartig. Nicht mehr wie vorher. Ohne große Probleme fand ich auf Anhieb das Band zu dem Tier in mir. Wahrscheinlich war es nun anders nach dem Vorfall und erst recht in dieser Situation. Das Problem war allerdings noch immer Gary. Ich wusste, dass wenn ich mich richtig konzentrierte, ihn mit Leichtigkeit von mir bekam. Nichtsdestotrotz schien er das zu bemerken und nur einen Moment später umklammerte er unverhofft meine Kehle.

»Lass mich los!«, fauchte ich aggressiv und ballte die Hände zu Fäusten. »Das werde ich nicht. River hat gesagt, wenn etwas passiert, dass ich dich von hier wegschaffen soll.« Davon weiß ich aber nichts. »Schön, dass ihr etwas ausmacht und ich mal wieder nichts davon erfahre«, platzte es sauer aus mir heraus. Die Sachlage war ganz anders. Das hier war keine Kinderscheiße, sondern ein Angriff, wo es mit Sicherheit um Leben und Tod ging. Ich musste verhindern, dass Duncan zu Schaden kam. Ohne diesen Mann an meiner Seite ging ich definitiv ein. Das wusste auch Dan, wie wir aufeinander reagierten. Des Weiteren konnte ich gar nicht anders, da meine Wölfin für mich entschied.

Parallel wurde ich dann auch noch sauer auf River. Wenn man bedachte, dass es auch ihm bewusst war. Er ließ mich normalerweise niemals zurück und ging definitiv auch für mich in den Tod. Doch was brachte es mir? Rein gar nichts. Ich war dann sowieso ganz allein und was geschah mit jemanden, dessen Seelengefährte starb? Richtig. Er ging zu Grunde. Deswegen war mir das auch alles unbegreiflich. Duncan hatte keinerlei Pläne. Dachte er, dass er meinen Vater einfach umbringen konnte?

White Moon - Kiss of the WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt