Kapitel 33

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Alle Menschen werden in ihren Hoffnungen getäuscht, in ihren Erwartungen betrogen.


Den nächsten Morgen reckte ich mich, griff auf die andere Bettseite und musste enttäuscht feststellen, dass ich tatsächlich allein wach wurde. Verblüfft fuhr ich nach oben und setzte mich aufrecht hin. Da war keiner. Niemand. Das Zimmer war leer. Einzig und allein ich befand mich darin. Aber in dieser Nacht war doch... Ich hatte es nicht geträumt, wie vor ein paar Tagen. Nein. Es muss einfach real gewesen sein. Es konnte keine Täuschung sein. Dieses Mal nicht. Ich bin mir definitiv sicher.

Körperlich war ich ziemlich fit. Meine Muskeln waren extrem entspannt. Die Knochen wie neugeboren. Keine Ahnung, wann ich mich das letzte Mal so gelöst fühlte. Das Bett hingegen war zerwühlt und man erahnte, was zwischen Duncan und mir, vor einigen Stunden passierte. Bedauerlicherweise gab es von ihm keine Spur. Frustriert ließ ich mich wieder ins Kissen fallen, seufzte auf und drehte ich mich auf die rechte Seite. Dabei schloss ich die Augen und stellte mir vor, er würde noch immer auf mir liegen, mich halten, einfach nur bei mir sein. Warum verdammte Scheiße ist er bloß verschwunden? Weshalb blieb er denn nicht bei mir? War's das nun gewesen? Ich war nicht so ein Mädchen. Verstand er das denn nicht?

Mein Herz begann zu weinen. Es tat mir mehr als nur weh, auch wenn ich es nicht wirklich kapierte, wie mir dieses Arschloch von Kerl, so den Kopf verdrehen konnte. Hatte ich denn vergessen, wie sehr er mich zuvor verletzte? Nein. Wahrscheinlich niemals. Doch er tat mir gut. Zumindest, wenn er mir so nahekam. Es war, als flickte er mich Stück für Stück. Aber wie konnte er mir das nun antun und mich, als wäre nie etwas zwischen uns gewesen, alleine lassen? Doch was hatte ich denn auch anderes erwartet...

Verbissen stieg ich aus dem Bett und nur wenig später unter die Dusche, wobei mir auf einmal klar wurde, dass wir gar keine Kondome benutzten. Na hoffentlich fange ich mir nicht noch etwas ein, da ich ja wusste, dass er nicht gerade das Unschuldslamm war. Ich war mir fast sicher, dass er viele Frauen nebenbei hatte und wurde prompt eifersüchtig, aber er war nicht der Mensch für eine feste Bindung, sonst hätte er ja nicht schon jetzt die Flucht ergriffen. Wenigstens nahm ich regelmäßig die Pille, dann würde das nicht noch zum Problem werden. Auf jeden Fall durfte ich ihn nicht noch einmal so nahe an mich heranlassen. Zumindest musste ich es versuchen.

Als ich wieder in mein Zimmer ging, roch es noch immer nach Dan. Ähnlich wie bei Josh. Nach Wald, Wiese und Natur. Wunderbar. Aus diesem Grund wusste ich mit Sicherheit: Es ist kein Traum gewesen. Prompt ging ich zum Fenster und öffnete es, ließ den Duft nach draußen, um einen klaren Kopf zu bekommen, denn es erinnerte mich viel zu sehr an diese Nacht, die ich am liebsten gar nicht mehr beenden wollte. Nur einen Moment versank ich in Erinnerungen und starrte in die Tannen; in naher Ferne. Wie kann er mich nach dieser Nacht nur sitzen lassen? Geräuschvoll ließ ich die Luft nach draußen und ballte die Hände zu Fäusten. Kurz darauf lief mir ein Schauer über den Rücken.

Sofort schüttelte ich die Gedanken ab und eilte die Stufen nach unten. Dort begegnete ich auf halber Treppe Josh, der ebenso ins Erdgeschoss wollte. Ich konnte die Sache einfach nicht auf mich sitzen lassen. Wir mussten das klären. Auf der Stelle. »Wo ist er?«, musste ich wissen. »Wer?«, fragte dieser. Zugleich musterte er mich eindringlich mit seinen grünbrauen Augen und ich murmelte: »Na, River!«, doch Joshua zuckte lediglich mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ich dachte eigentlich, dass er bei dir ist.« Wie sollte es aber auch anders sein? Was hatte ich den erwartet? Dass Duncan mir die Welt zu Füßen legt? »Das dachte ich auch, aber als ich wach wurde, war er weg.« Natürlich sah Josh, dass es mich verletzte und sein mitleidiger Blick verfolgte mich auch noch, als ich in die Küche eilte.

White Moon - Kiss of the WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt